Noch mus ich gedenken, daß vor dem Dorfe in dem Tannen Walde ein kleines Bret am Wege hieng, worauf zur Nachricht der Vorbeireisenden geschrieben stand: daß zunächst in einem abgezäunten Gitter ein todter Körper einer Person läge, die sich daselbst auf der Walfahrtsrükkunst von Jsje erhängt hätte, und die also von demjenigen, der sie kennen oder der sie vermisset habe, alda vorgefunden werden könne.
Von Okitz aus, wo auch wir, die wir ritten, uns in Cangos sezten, wurden wir erst durch einen schnellen Flus, darnach, weil der rechte Weg von der See abgespült war, über das wie eine Windeltreppe beschwerlich zu ersteigende Gebirge Tattai, und so- dann wiederum durch einen breiten jedoch eben nicht tiefen Flus bis zu dem Dorfe Jü oder Jumatz zwei Meilen weit getragen, von da wir, nach wieder bestiegenen Pferden, in anderthalb Meilen zu dem großen Flecken oder Städtchen Cambara gelangten. Hier verließen wir das noch einige Meilen Ostwärts fortlaufende Ufer des Hafens, und ritten (da wir vorher zwei Tage Nordostlich gereiset) bis zu dem großen Dorf Jwabutz, andert- halb Meilen Nordwärts gegen den großen schnellen und gefährlichen Flus Fudsi Laua hin- auf, der sonst nirgends zu passiren war. Es entspringt derselbe von dem hohen gegen Nordost sieben Japanische Meilen in geradem Striche von hier abgelegenen Berge Fudsi oder Fusi, von da, so wie von dessen umliegenden niedrigern Gebirgen, er mit großer Gewalt herab- stürzt, und sich in den Meerbusen Totomina ergießet. Er ist sehr breit und hat nicht allenthalben Wasser, sondern flos in zwei Armen ab, wogegen man in der Mitte auf dem Jnselplatze Krambuden aufgerichtet sahe. Den einen Arm konten wir durchwaden, über den andern aber nicht ohne Gefahr und nicht anders als mit Schiffen, die man Pramen nent, übersetzen. Es sind diese Art Schiffe wegen der Schnelligkeit des Flusses sowol als wegen des flachen und steinigten Grundes mit einem breiten platten Boden von schwankenden Brettern gezimmert, so, daß sie sich über die steinigten Höhen hinbiegen können, indem sie von den Wasserwellen gleichsam wie ein Laub bewegt werden. Erst wurden sie am Ufer hoch hinauf geführt, alsdenn abgestoßen und den Strohm hinunter gelassen, da man indessen durch stetes Laviren an die gegenüber gelegene Seite kam. Nachdem dieses geschehen, sezten wir uns wieder zu Pferde, passirten viele an einander stoßende Dorfgassen, und er- reichten in anderthalb Meilen Mittags um ein Uhr das Städtchen oder Flecken Jostsji wara. Auf unserer ganzen Reise war uns alhier der mehrmals gedachte Berg Fudsi, Fusji oder Fusi Jamma am allernächsten, und zwar nach dem Kompasse (der hier fünf Grade nach Osten abwich) sechs Japanische Meilen in gerader Linie entfernt, wozu jedoch für einen, der dahin wil, wegen Krümmen der Wege erst sieben Meilen bis an den Flus oder an das darunter liegende Feld und denn wieder sechs Meilen, um durch den Schnee bis auf die Spitze zu kommen, erfordert werden. Er ist, wie der Teneriffa, von unglaublicher Höhe, und es scheinen gegen ihn die umherliegende Gebirge nur niedrige Hügel zu seyn, daher er uns
auch
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Noch mus ich gedenken, daß vor dem Dorfe in dem Tannen Walde ein kleines Bret am Wege hieng, worauf zur Nachricht der Vorbeireiſenden geſchrieben ſtand: daß zunaͤchſt in einem abgezaͤunten Gitter ein todter Koͤrper einer Perſon laͤge, die ſich daſelbſt auf der Walfahrtsruͤkkunſt von Jſje erhaͤngt haͤtte, und die alſo von demjenigen, der ſie kennen oder der ſie vermiſſet habe, alda vorgefunden werden koͤnne.
Von Okitz aus, wo auch wir, die wir ritten, uns in Cangos ſezten, wurden wir erſt durch einen ſchnellen Flus, darnach, weil der rechte Weg von der See abgeſpuͤlt war, uͤber das wie eine Windeltreppe beſchwerlich zu erſteigende Gebirge Tattai, und ſo- dann wiederum durch einen breiten jedoch eben nicht tiefen Flus bis zu dem Dorfe Juͤ oder Jumatz zwei Meilen weit getragen, von da wir, nach wieder beſtiegenen Pferden, in anderthalb Meilen zu dem großen Flecken oder Staͤdtchen Cambara gelangten. Hier verließen wir das noch einige Meilen Oſtwaͤrts fortlaufende Ufer des Hafens, und ritten (da wir vorher zwei Tage Nordoſtlich gereiſet) bis zu dem großen Dorf Jwabutz, andert- halb Meilen Nordwaͤrts gegen den großen ſchnellen und gefaͤhrlichen Flus Fudſi Laua hin- auf, der ſonſt nirgends zu paſſiren war. Es entſpringt derſelbe von dem hohen gegen Nordoſt ſieben Japaniſche Meilen in geradem Striche von hier abgelegenen Berge Fudſi oder Fuſi, von da, ſo wie von deſſen umliegenden niedrigern Gebirgen, er mit großer Gewalt herab- ſtuͤrzt, und ſich in den Meerbuſen Totomina ergießet. Er iſt ſehr breit und hat nicht allenthalben Waſſer, ſondern flos in zwei Armen ab, wogegen man in der Mitte auf dem Jnſelplatze Krambuden aufgerichtet ſahe. Den einen Arm konten wir durchwaden, uͤber den andern aber nicht ohne Gefahr und nicht anders als mit Schiffen, die man Pramen nent, uͤberſetzen. Es ſind dieſe Art Schiffe wegen der Schnelligkeit des Fluſſes ſowol als wegen des flachen und ſteinigten Grundes mit einem breiten platten Boden von ſchwankenden Brettern gezimmert, ſo, daß ſie ſich uͤber die ſteinigten Hoͤhen hinbiegen koͤnnen, indem ſie von den Waſſerwellen gleichſam wie ein Laub bewegt werden. Erſt wurden ſie am Ufer hoch hinauf gefuͤhrt, alsdenn abgeſtoßen und den Strohm hinunter gelaſſen, da man indeſſen durch ſtetes Laviren an die gegenuͤber gelegene Seite kam. Nachdem dieſes geſchehen, ſezten wir uns wieder zu Pferde, paſſirten viele an einander ſtoßende Dorfgaſſen, und er- reichten in anderthalb Meilen Mittags um ein Uhr das Staͤdtchen oder Flecken Joſtſji wara. Auf unſerer ganzen Reiſe war uns alhier der mehrmals gedachte Berg Fudſi, Fuſji oder Fuſi Jamma am allernaͤchſten, und zwar nach dem Kompaſſe (der hier fuͤnf Grade nach Oſten abwich) ſechs Japaniſche Meilen in gerader Linie entfernt, wozu jedoch fuͤr einen, der dahin wil, wegen Kruͤmmen der Wege erſt ſieben Meilen bis an den Flus oder an das darunter liegende Feld und denn wieder ſechs Meilen, um durch den Schnee bis auf die Spitze zu kommen, erfordert werden. Er iſt, wie der Teneriffa, von unglaublicher Hoͤhe, und es ſcheinen gegen ihn die umherliegende Gebirge nur niedrige Huͤgel zu ſeyn, daher er uns
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Noch mus ich gedenken, daß vor dem Dorfe in dem Tannen Walde ein kleines Bret am
Wege hieng, worauf zur Nachricht der Vorbeireiſenden geſchrieben ſtand: daß zunaͤchſt in
einem abgezaͤunten Gitter ein todter Koͤrper einer Perſon laͤge, die ſich daſelbſt auf der
Walfahrtsruͤkkunſt von Jſje erhaͤngt haͤtte, und die alſo von demjenigen, der ſie kennen
oder der ſie vermiſſet habe, alda vorgefunden werden koͤnne.
Von Okitz aus, wo auch wir, die wir ritten, uns in Cangos ſezten, wurden
wir erſt durch einen ſchnellen Flus, darnach, weil der rechte Weg von der See abgeſpuͤlt
war, uͤber das wie eine Windeltreppe beſchwerlich zu erſteigende Gebirge Tattai, und ſo-
dann wiederum durch einen breiten jedoch eben nicht tiefen Flus bis zu dem Dorfe Juͤ oder
Jumatz zwei Meilen weit getragen, von da wir, nach wieder beſtiegenen Pferden, in
anderthalb Meilen zu dem großen Flecken oder Staͤdtchen Cambara gelangten. Hier
verließen wir das noch einige Meilen Oſtwaͤrts fortlaufende Ufer des Hafens, und ritten
(da wir vorher zwei Tage Nordoſtlich gereiſet) bis zu dem großen Dorf Jwabutz, andert-
halb Meilen Nordwaͤrts gegen den großen ſchnellen und gefaͤhrlichen Flus Fudſi Laua hin-
auf, der ſonſt nirgends zu paſſiren war. Es entſpringt derſelbe von dem hohen gegen Nordoſt
ſieben Japaniſche Meilen in geradem Striche von hier abgelegenen Berge Fudſi oder Fuſi,
von da, ſo wie von deſſen umliegenden niedrigern Gebirgen, er mit großer Gewalt herab-
ſtuͤrzt, und ſich in den Meerbuſen Totomina ergießet. Er iſt ſehr breit und hat nicht
allenthalben Waſſer, ſondern flos in zwei Armen ab, wogegen man in der Mitte auf dem
Jnſelplatze Krambuden aufgerichtet ſahe. Den einen Arm konten wir durchwaden, uͤber
den andern aber nicht ohne Gefahr und nicht anders als mit Schiffen, die man Pramen nent,
uͤberſetzen. Es ſind dieſe Art Schiffe wegen der Schnelligkeit des Fluſſes ſowol als wegen des
flachen und ſteinigten Grundes mit einem breiten platten Boden von ſchwankenden Brettern
gezimmert, ſo, daß ſie ſich uͤber die ſteinigten Hoͤhen hinbiegen koͤnnen, indem ſie von
den Waſſerwellen gleichſam wie ein Laub bewegt werden. Erſt wurden ſie am Ufer hoch
hinauf gefuͤhrt, alsdenn abgeſtoßen und den Strohm hinunter gelaſſen, da man indeſſen
durch ſtetes Laviren an die gegenuͤber gelegene Seite kam. Nachdem dieſes geſchehen,
ſezten wir uns wieder zu Pferde, paſſirten viele an einander ſtoßende Dorfgaſſen, und er-
reichten in anderthalb Meilen Mittags um ein Uhr das Staͤdtchen oder Flecken Joſtſji
wara. Auf unſerer ganzen Reiſe war uns alhier der mehrmals gedachte Berg Fudſi,
Fuſji oder Fuſi Jamma am allernaͤchſten, und zwar nach dem Kompaſſe (der hier fuͤnf
Grade nach Oſten abwich) ſechs Japaniſche Meilen in gerader Linie entfernt, wozu jedoch
fuͤr einen, der dahin wil, wegen Kruͤmmen der Wege erſt ſieben Meilen bis an den Flus
oder an das darunter liegende Feld und denn wieder ſechs Meilen, um durch den Schnee bis auf die
Spitze zu kommen, erfordert werden. Er iſt, wie der Teneriffa, von unglaublicher Hoͤhe, und
es ſcheinen gegen ihn die umherliegende Gebirge nur niedrige Huͤgel zu ſeyn, daher er uns
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/292>, abgerufen am 07.07.2024.
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