Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Eilftes Kap. Reise von Famma matz bis zur Residenz Jedo. die kleinen jungen Bergpfaffen, auch besonders gekleidet, vor sich, die gleichfals eine Redehielten, und mit ihren voller Ringe hangenden Stäben bisweilen darunter rasselten: dort sahe man auch wol einige einzelne Jsje Walfahrer, von welchen uns unter andern ein Knabe, als wir ihn fragten, wo er zu Hause gehöre? antwortete: in einem Dorfe der Pro- vinz Osju, 80 Meilen hinter Jedo! Gewis, eine ganz besondere Art von Andacht, mit Einfalt verbunden, worüber sich der wahre Gott erbarmen mag. Den 10 März, Sonnabends, reiseten wir vor Sonnenaufgang aus, und mach- Von Jesere auf eine bis ein und eine halbe Stunde, gelangten wir in Kijomitz, Noch *) [Spaltenumbruch]
Scheuchzer gedenkt hier des Städtchens Okitz gar nicht, sondern macht das Dorf Ki-[Spaltenumbruch] jomitz sowol hier als im Versolg immer zur Stadt. Zweiter Band. K k
Eilftes Kap. Reiſe von Famma matz bis zur Reſidenz Jedo. die kleinen jungen Bergpfaffen, auch beſonders gekleidet, vor ſich, die gleichfals eine Redehielten, und mit ihren voller Ringe hangenden Staͤben bisweilen darunter raſſelten: dort ſahe man auch wol einige einzelne Jſje Walfahrer, von welchen uns unter andern ein Knabe, als wir ihn fragten, wo er zu Hauſe gehoͤre? antwortete: in einem Dorfe der Pro- vinz Oſju, 80 Meilen hinter Jedo! Gewis, eine ganz beſondere Art von Andacht, mit Einfalt verbunden, woruͤber ſich der wahre Gott erbarmen mag. Den 10 Maͤrz, Sonnabends, reiſeten wir vor Sonnenaufgang aus, und mach- Von Jeſere auf eine bis ein und eine halbe Stunde, gelangten wir in Kijomitz, Noch *) [Spaltenumbruch]
Scheuchzer gedenkt hier des Staͤdtchens Okitz gar nicht, ſondern macht das Dorf Ki-[Spaltenumbruch] jomitz ſowol hier als im Verſolg immer zur Stadt. Zweiter Band. K k
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Eilftes Kap. Reiſe von Famma matz bis zur Reſidenz Jedo.
die kleinen jungen Bergpfaffen, auch beſonders gekleidet, vor ſich, die gleichfals eine Rede
hielten, und mit ihren voller Ringe hangenden Staͤben bisweilen darunter raſſelten: dort
ſahe man auch wol einige einzelne Jſje Walfahrer, von welchen uns unter andern ein
Knabe, als wir ihn fragten, wo er zu Hauſe gehoͤre? antwortete: in einem Dorfe der Pro-
vinz Oſju, 80 Meilen hinter Jedo! Gewis, eine ganz beſondere Art von Andacht, mit
Einfalt verbunden, woruͤber ſich der wahre Gott erbarmen mag.
Den 10 Maͤrz, Sonnabends, reiſeten wir vor Sonnenaufgang aus, und mach-
ten des Vormittags bis Joſtſjiwara 7½ Meilen, und des Nachmittags bis Miſjima fuͤnf
Meilen.
Von Jeſere auf eine bis ein und eine halbe Stunde, gelangten wir in Kijomitz,
einem kleinen Dorfe, nicht weit von dem Staͤdtchen Okitz, ſo aus 200 Haͤuſern beſtehet *),
unter einem Tannenwalde gelegen, alwo aus dem Sande am Ufer, nachdem es oͤfters mit
Seewaſſer beſpruͤzt worden, ein gutes Salz geſotten wird, ſo wie man ſich uͤberhaupt in den
folgenden unter dem Gebirge am Ufer des Seehafens befindlichen Doͤrfern bis Cambura
wenig vom Ackerbau, wol aber und am meiſten mit Salzmachen naͤhrt, dabei denn zugleich
das Weibsvolk auch ſeine Geſchaͤfte hat. So verfertigt man auch alhier ein beruͤhmtes
Pflaſter von Tannenharz aus dem erwaͤhnten Walde, und verkauft es bei kleinen in Rinde
oder Schilfblaͤttern eingewickelten Stuͤcken. Aus der Gaſſe des Dorfs konte man zur
Veraͤnderung auf einer ſteinernen Treppe den Berg hinaufſteigen, und daſelbſt den Tempel
Kiro Miſjira in einer angenehmen Lage betrachten, der wegen verſchiedener fabelhaften
Geſchichten beruͤhmt iſt. Jch kan uͤbrigens nicht mit Stilſchweigen uͤbergehen, daß in die-
ſem Dorfe an der Landſtraße vor jeder, derer 9 bis 10 Buden oder huͤbſch erbaueten kleinen
Haͤuſer zwei auch drei 10 bis 12 jaͤhrige wohlgeſchmuͤkte und geſchminkte nach der Reihe or-
dentlich ausgeſezte Knaben ſaßen, welche den vorbeireiſenden Liebhabern, die es bezahlen
konten, auf eine abſcheuliche und gottloſe Art in weiblicher Geſtalt zu Gebot ſtanden, und
nur zu einem Vorwande das ſo eben gedachte Pflaſter zum Verkauf ſeil hatten, damit der
Unwiſſende weiter nichts Arges denken duͤrfe, ein anderer hingegen Gelegenheit haben moͤge,
ſich dreiſte mit ihnen einzulaſſen. Der Oberbugjo, unſer Fuͤhrer, der ſonſt niemals, als
nur wenn wir in die Herberge kamen, aus ſeinem Norimon ſtieg, ſezte ſich auf eine halbe
Stunde bei ihnen zum Zeitvertreib nieder, waͤhrend dem wir andere Gelegenheit nahmen,
uns ein wenig umzuſehen, und dieſe oder jene Gegenſtaͤnde in Betrachtung zu nehmen.
Noch
*)
Scheuchzer gedenkt hier des Staͤdtchens
Okitz gar nicht, ſondern macht das Dorf Ki-
jomitz ſowol hier als im Verſolg immer zur
Stadt.
Zweiter Band. K k
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