Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch. kläglichen Stimme: Namanda! zusammengezogen von Namu Amida Budsu, welcheseine kurze Formul ist, womit sie den Götzen Amida als einen Fürsprecher der verstorbenen Seelen anrufen; sie schlagen dabei zugleich mit einem hölzernen Hämmerchen stark auf die vor sich in Gestalt eines weiten Mörsels liegende kleine Glocke, weil sie glauben, durch den Schal besser von dem Amida, oder auch wol von dem Vorbeireisenden, gehört zu werden. Jch komme auf noch gewisse Betler, sowol im geistlichen als weltlichen Habit, Jn eben den Kleidungen sitzen wiederum andere ehrbar scheinende Betler mit einem Um mich bei noch vielen andern gemeinen Betlern, die theils krank theils gesund Das Gewimmel auf unserm Wege wird ferner nicht wenig durch die geringen Krä- ihre *) [Spaltenumbruch]
Dieser Ausdruk beziehet sich auf die an
dem Feleisen führenden Riemen, in welche[Spaltenumbruch] die durchlöcherte Scheidemünzen eingeschnürt sind. Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. klaͤglichen Stimme: Namanda! zuſammengezogen von Namu Amida Budſu, welcheseine kurze Formul iſt, womit ſie den Goͤtzen Amida als einen Fuͤrſprecher der verſtorbenen Seelen anrufen; ſie ſchlagen dabei zugleich mit einem hoͤlzernen Haͤmmerchen ſtark auf die vor ſich in Geſtalt eines weiten Moͤrſels liegende kleine Glocke, weil ſie glauben, durch den Schal beſſer von dem Amida, oder auch wol von dem Vorbeireiſenden, gehoͤrt zu werden. Jch komme auf noch gewiſſe Betler, ſowol im geiſtlichen als weltlichen Habit, Jn eben den Kleidungen ſitzen wiederum andere ehrbar ſcheinende Betler mit einem Um mich bei noch vielen andern gemeinen Betlern, die theils krank theils geſund Das Gewimmel auf unſerm Wege wird ferner nicht wenig durch die geringen Kraͤ- ihre *) [Spaltenumbruch]
Dieſer Ausdruk beziehet ſich auf die an
dem Feleiſen fuͤhrenden Riemen, in welche[Spaltenumbruch] die durchloͤcherte Scheidemuͤnzen eingeſchnuͤrt ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0204" n="186"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.</hi></fw><lb/> klaͤglichen Stimme: <hi rendition="#fr">Namanda!</hi> zuſammengezogen von <hi rendition="#fr">Namu Amida Budſu,</hi> welches<lb/> eine kurze Formul iſt, womit ſie den Goͤtzen <hi rendition="#fr">Amida</hi> als einen Fuͤrſprecher der verſtorbenen<lb/> Seelen anrufen; ſie ſchlagen dabei zugleich mit einem hoͤlzernen Haͤmmerchen ſtark auf die<lb/> vor ſich in Geſtalt eines weiten Moͤrſels liegende kleine Glocke, weil ſie glauben, durch den<lb/> Schal beſſer von dem <hi rendition="#fr">Amida,</hi> oder auch wol von dem Vorbeireiſenden, gehoͤrt zu werden.</p><lb/> <p>Jch komme auf noch gewiſſe Betler, ſowol im geiſtlichen als weltlichen Habit,<lb/> welche an den offenen Feldwegen eine Bude und Altar aufgerichtet haben, auf welchen eini-<lb/> ge einen großen aus Holz geſchnizten und verguͤldeten <hi rendition="#fr">Briareus</hi> oder <hi rendition="#fr">Quanwon-Goͤtzen</hi><lb/> niederſtellen, andere aber dieſe oder jene ſonſt ſchlecht gemalte Bilder, z. E. das von dem<lb/><hi rendition="#fr">Amida,</hi> dem hoͤchſten Richter der Seelen: von dem <hi rendition="#fr">Jemau O,</hi> dem oberſten Henker<lb/> oder Kerkermeiſter der Verdamten; von dem <hi rendition="#fr">Dſiſoo,</hi> dem Befehlshaber uͤber das Feg-<lb/> feuer der Kinder, und mehr dergleichen Abbildungen von dem hoͤlliſchen Feuer und Marter;<lb/> alles in der Abſicht, um bei den Vorbeireiſenden durch ſolche Vorſtellungen Andacht und<lb/> Mitleiden zu erregen, und ſie zu den guten Werken der Almoſen zu bewegen.</p><lb/> <p>Jn eben den Kleidungen ſitzen wiederum andere ehrbar ſcheinende Betler mit einem<lb/><hi rendition="#fr">Dſiſooſtabe</hi> in der Hand, an den Wegen, welche auf eine gewiſſe Zeit ein Geluͤbde des Stil-<lb/> ſchweigens gethan haben, und daher ihr Begehren nur mit einer klaͤglichen Mine zu erkennen geben.</p><lb/> <p>Um mich bei noch vielen andern gemeinen Betlern, die theils krank theils geſund<lb/> ſind, und mit Bitten, Singen, Violinen- und Zitterſpielen, und ſonſt mancherlei kurz-<lb/> weiligen Poſſen und Kuͤnſten den Reiſenden die Heller von der Schnur <note place="foot" n="*)"><cb/> Dieſer Ausdruk beziehet ſich auf die an<lb/> dem Feleiſen fuͤhrenden Riemen, in welche<cb/><lb/> die durchloͤcherte Scheidemuͤnzen eingeſchnuͤrt<lb/> ſind.</note> zu bringen wiſſen,<lb/> nicht weiter aufzuhalten, wil ich endlich nur noch einer ganz beſondern Bettelmuſik oder ei-<lb/> nes Glockenſpiels erwehnen, das <hi rendition="#fr">Fatſjo Canne,</hi> d. i. das Glockenſpiel von Acht genant<lb/> wird, und das uns auf unſerm Wege, jedoch ſelten, vorgekommen iſt. Ein Knabe nem-<lb/> lich hat ein hoͤlzernes Joch, und daruͤber eine Halfter am Halſe, von welcher acht platte<lb/> Gloͤkchen von verſchiedenen Toͤnen, jede an einem beſondern Riemen, herabhangen: er dre-<lb/> het ſich damit in einer bewundernswuͤrdigen Geſchwindigkeit herum, ſo, daß das Joch, das<lb/> ſeinen Armen zur Lehne dient, nebſt den Glocken ſich horizontal aufhebt und von einander<lb/> breitet; waͤhrend dem Umdrehen ſchlaͤgt er mit zween Hammern auf die Glocken, und<lb/> ſpielet ein wilde Melodie; zween andere neben ihm ſitzende ſchlagen auf einer großen und<lb/> kleinen Trommel darunter, und machen ſolchergeſtalt ein ſonderbares Getoͤne zuſammen.<lb/> Man wirft ein paar Senni vor ſie nieder, wenn man ihnen ſein Gefallen bezeugen wil.</p><lb/> <p>Das Gewimmel auf unſerm Wege wird ferner nicht wenig durch die geringen Kraͤ-<lb/> mer und Baurenkinder vergroͤßert, die bis in die Nacht umherlaufen, und den Reiſenden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ihre</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0204]
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
klaͤglichen Stimme: Namanda! zuſammengezogen von Namu Amida Budſu, welches
eine kurze Formul iſt, womit ſie den Goͤtzen Amida als einen Fuͤrſprecher der verſtorbenen
Seelen anrufen; ſie ſchlagen dabei zugleich mit einem hoͤlzernen Haͤmmerchen ſtark auf die
vor ſich in Geſtalt eines weiten Moͤrſels liegende kleine Glocke, weil ſie glauben, durch den
Schal beſſer von dem Amida, oder auch wol von dem Vorbeireiſenden, gehoͤrt zu werden.
Jch komme auf noch gewiſſe Betler, ſowol im geiſtlichen als weltlichen Habit,
welche an den offenen Feldwegen eine Bude und Altar aufgerichtet haben, auf welchen eini-
ge einen großen aus Holz geſchnizten und verguͤldeten Briareus oder Quanwon-Goͤtzen
niederſtellen, andere aber dieſe oder jene ſonſt ſchlecht gemalte Bilder, z. E. das von dem
Amida, dem hoͤchſten Richter der Seelen: von dem Jemau O, dem oberſten Henker
oder Kerkermeiſter der Verdamten; von dem Dſiſoo, dem Befehlshaber uͤber das Feg-
feuer der Kinder, und mehr dergleichen Abbildungen von dem hoͤlliſchen Feuer und Marter;
alles in der Abſicht, um bei den Vorbeireiſenden durch ſolche Vorſtellungen Andacht und
Mitleiden zu erregen, und ſie zu den guten Werken der Almoſen zu bewegen.
Jn eben den Kleidungen ſitzen wiederum andere ehrbar ſcheinende Betler mit einem
Dſiſooſtabe in der Hand, an den Wegen, welche auf eine gewiſſe Zeit ein Geluͤbde des Stil-
ſchweigens gethan haben, und daher ihr Begehren nur mit einer klaͤglichen Mine zu erkennen geben.
Um mich bei noch vielen andern gemeinen Betlern, die theils krank theils geſund
ſind, und mit Bitten, Singen, Violinen- und Zitterſpielen, und ſonſt mancherlei kurz-
weiligen Poſſen und Kuͤnſten den Reiſenden die Heller von der Schnur *) zu bringen wiſſen,
nicht weiter aufzuhalten, wil ich endlich nur noch einer ganz beſondern Bettelmuſik oder ei-
nes Glockenſpiels erwehnen, das Fatſjo Canne, d. i. das Glockenſpiel von Acht genant
wird, und das uns auf unſerm Wege, jedoch ſelten, vorgekommen iſt. Ein Knabe nem-
lich hat ein hoͤlzernes Joch, und daruͤber eine Halfter am Halſe, von welcher acht platte
Gloͤkchen von verſchiedenen Toͤnen, jede an einem beſondern Riemen, herabhangen: er dre-
het ſich damit in einer bewundernswuͤrdigen Geſchwindigkeit herum, ſo, daß das Joch, das
ſeinen Armen zur Lehne dient, nebſt den Glocken ſich horizontal aufhebt und von einander
breitet; waͤhrend dem Umdrehen ſchlaͤgt er mit zween Hammern auf die Glocken, und
ſpielet ein wilde Melodie; zween andere neben ihm ſitzende ſchlagen auf einer großen und
kleinen Trommel darunter, und machen ſolchergeſtalt ein ſonderbares Getoͤne zuſammen.
Man wirft ein paar Senni vor ſie nieder, wenn man ihnen ſein Gefallen bezeugen wil.
Das Gewimmel auf unſerm Wege wird ferner nicht wenig durch die geringen Kraͤ-
mer und Baurenkinder vergroͤßert, die bis in die Nacht umherlaufen, und den Reiſenden
ihre
*)
Dieſer Ausdruk beziehet ſich auf die an
dem Feleiſen fuͤhrenden Riemen, in welche
die durchloͤcherte Scheidemuͤnzen eingeſchnuͤrt
ſind.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |