Vortheil verkauft werden können, und also der Gewin oft 10 bis 100 mal geringer ist, als er wohl ehmals war.
Der Preis von diesen und andern Waaren (die mehr aus Neugierde als Bedürfnis gesucht werden) ist unbestimt und ungleich. Er richtet sich meistens nach der Liebhaberei des Käufers, der immer noch mit einem Procent Vortheil an seine Landsleute verkaufen kan, er mag auch noch so theuer eingekauft haben. Diese Waaren wurden ehmals in einer sehr großen Quantität und daher meistens auf sieben Schiffen eingeführt, jezt aber in geringrer Menge und meistens mit drei oder vier Booten, von denen das eine über Siam geht, um dortige Waaren mitzubringen. Was etwa über das gegenwärtige Bedürfnis eingeführt wor- den, wird in den Magazinen niedergelegt, und für die Zukunft aufbewahrt.
Der Zustand unsers Handels ist bis jezt sehr vielen Veränderungen unterworfen gewesen, in Ansehung der verbotnen Ein- und Ausfuhr der Waaren, Einschränkung unsrer Freiheit, Verkürzung des Gewins, auch der Aufnahme, die unsre Leute in diesem Lande erfahren haben. Jch finde seit unsrer ersten Ankunft in diesem Lande bis jezt besonders vier sehr merkwürdige Perioden, die ich nach der Ordnung ganz genau beschreiben wil, damit ein Liebhaber von diesen Materien sich eine deutliche und wahre Vorstellung von dieser unge- mein wichtigen Handlung machen könne.
Die erste Periode begreift eine Zeit von mehr als dreißig Jahren, von unsrer Ankunft auf der Jnsel und in der Stadt Firando und der uns verliehenen Kaiserlichen Freiheit bis zum Jahr 1641, da wir unser Handelscomptoir von Firando nach Nangasacki tran- sportiren musten.
Der Handel der Castilianer und Portugiesen, unserer damaligen Feinde, war um die Zeit unsrer ersten Ankunft hier in gröstem Flor. Sie hatten ihre Niederlage in der Stadt Nangasacki. Uns giengen damals die hier am meisten gesuchte und daher vortheil- hafteste Waaren noch ab, vorzüglich die rohe und verarbeitete Seide, weil wir uns in dem nahgelegnen sinesischen Reich, das die besten Arten von Seide erzielt, noch nicht feste genug niedergelassen hatten; die Sineser, welche noch unter einem Kaiser aus ihrer Nation stan- den, uns wegen ihres geschloßnen Reichs und der verbotnen Ausfarth nur sehr wenig Seide durch den Schleichhandel zuführten, und uns selbst nicht erlaubten, sie aus ihrem Lande zu holen.
Die Portugiesen dagegen hatten schon ihre Niederlassung zu Macao auf sinesischem Boden, und konnten daher soviel Seide einkaufen, als nur immer ihr Handel bedurfte.
Tunkin besuchten wir zuerst 1637, in Persien und Bengalen fiengen wir um diese Zeit eben an, uns bekant zu machen, hatten aber unsern Handel und unsre Comptoirs noch
nicht
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Vortheil verkauft werden koͤnnen, und alſo der Gewin oft 10 bis 100 mal geringer iſt, als er wohl ehmals war.
Der Preis von dieſen und andern Waaren (die mehr aus Neugierde als Beduͤrfnis geſucht werden) iſt unbeſtimt und ungleich. Er richtet ſich meiſtens nach der Liebhaberei des Kaͤufers, der immer noch mit einem Procent Vortheil an ſeine Landsleute verkaufen kan, er mag auch noch ſo theuer eingekauft haben. Dieſe Waaren wurden ehmals in einer ſehr großen Quantitaͤt und daher meiſtens auf ſieben Schiffen eingefuͤhrt, jezt aber in geringrer Menge und meiſtens mit drei oder vier Booten, von denen das eine uͤber Siam geht, um dortige Waaren mitzubringen. Was etwa uͤber das gegenwaͤrtige Beduͤrfnis eingefuͤhrt wor- den, wird in den Magazinen niedergelegt, und fuͤr die Zukunft aufbewahrt.
Der Zuſtand unſers Handels iſt bis jezt ſehr vielen Veraͤnderungen unterworfen geweſen, in Anſehung der verbotnen Ein- und Ausfuhr der Waaren, Einſchraͤnkung unſrer Freiheit, Verkuͤrzung des Gewins, auch der Aufnahme, die unſre Leute in dieſem Lande erfahren haben. Jch finde ſeit unſrer erſten Ankunft in dieſem Lande bis jezt beſonders vier ſehr merkwuͤrdige Perioden, die ich nach der Ordnung ganz genau beſchreiben wil, damit ein Liebhaber von dieſen Materien ſich eine deutliche und wahre Vorſtellung von dieſer unge- mein wichtigen Handlung machen koͤnne.
Die erſte Periode begreift eine Zeit von mehr als dreißig Jahren, von unſrer Ankunft auf der Jnſel und in der Stadt Firando und der uns verliehenen Kaiſerlichen Freiheit bis zum Jahr 1641, da wir unſer Handelscomptoir von Firando nach Nangaſacki tran- ſportiren muſten.
Der Handel der Caſtilianer und Portugieſen, unſerer damaligen Feinde, war um die Zeit unſrer erſten Ankunft hier in groͤſtem Flor. Sie hatten ihre Niederlage in der Stadt Nangaſacki. Uns giengen damals die hier am meiſten geſuchte und daher vortheil- hafteſte Waaren noch ab, vorzuͤglich die rohe und verarbeitete Seide, weil wir uns in dem nahgelegnen ſineſiſchen Reich, das die beſten Arten von Seide erzielt, noch nicht feſte genug niedergelaſſen hatten; die Sineſer, welche noch unter einem Kaiſer aus ihrer Nation ſtan- den, uns wegen ihres geſchloßnen Reichs und der verbotnen Ausfarth nur ſehr wenig Seide durch den Schleichhandel zufuͤhrten, und uns ſelbſt nicht erlaubten, ſie aus ihrem Lande zu holen.
Die Portugieſen dagegen hatten ſchon ihre Niederlaſſung zu Macao auf ſineſiſchem Boden, und konnten daher ſoviel Seide einkaufen, als nur immer ihr Handel bedurfte.
Tunkin beſuchten wir zuerſt 1637, in Perſien und Bengalen fiengen wir um dieſe Zeit eben an, uns bekant zu machen, hatten aber unſern Handel und unſre Comptoirs noch
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Vortheil verkauft werden koͤnnen, und alſo der Gewin oft 10 bis 100 mal geringer iſt, als
er wohl ehmals war.
Der Preis von dieſen und andern Waaren (die mehr aus Neugierde als Beduͤrfnis
geſucht werden) iſt unbeſtimt und ungleich. Er richtet ſich meiſtens nach der Liebhaberei
des Kaͤufers, der immer noch mit einem Procent Vortheil an ſeine Landsleute verkaufen kan,
er mag auch noch ſo theuer eingekauft haben. Dieſe Waaren wurden ehmals in einer ſehr
großen Quantitaͤt und daher meiſtens auf ſieben Schiffen eingefuͤhrt, jezt aber in geringrer
Menge und meiſtens mit drei oder vier Booten, von denen das eine uͤber Siam geht, um
dortige Waaren mitzubringen. Was etwa uͤber das gegenwaͤrtige Beduͤrfnis eingefuͤhrt wor-
den, wird in den Magazinen niedergelegt, und fuͤr die Zukunft aufbewahrt.
Der Zuſtand unſers Handels iſt bis jezt ſehr vielen Veraͤnderungen unterworfen
geweſen, in Anſehung der verbotnen Ein- und Ausfuhr der Waaren, Einſchraͤnkung unſrer
Freiheit, Verkuͤrzung des Gewins, auch der Aufnahme, die unſre Leute in dieſem Lande
erfahren haben. Jch finde ſeit unſrer erſten Ankunft in dieſem Lande bis jezt beſonders vier
ſehr merkwuͤrdige Perioden, die ich nach der Ordnung ganz genau beſchreiben wil, damit
ein Liebhaber von dieſen Materien ſich eine deutliche und wahre Vorſtellung von dieſer unge-
mein wichtigen Handlung machen koͤnne.
Die erſte Periode begreift eine Zeit von mehr als dreißig Jahren, von unſrer
Ankunft auf der Jnſel und in der Stadt Firando und der uns verliehenen Kaiſerlichen Freiheit
bis zum Jahr 1641, da wir unſer Handelscomptoir von Firando nach Nangaſacki tran-
ſportiren muſten.
Der Handel der Caſtilianer und Portugieſen, unſerer damaligen Feinde, war um
die Zeit unſrer erſten Ankunft hier in groͤſtem Flor. Sie hatten ihre Niederlage in der
Stadt Nangaſacki. Uns giengen damals die hier am meiſten geſuchte und daher vortheil-
hafteſte Waaren noch ab, vorzuͤglich die rohe und verarbeitete Seide, weil wir uns in dem
nahgelegnen ſineſiſchen Reich, das die beſten Arten von Seide erzielt, noch nicht feſte genug
niedergelaſſen hatten; die Sineſer, welche noch unter einem Kaiſer aus ihrer Nation ſtan-
den, uns wegen ihres geſchloßnen Reichs und der verbotnen Ausfarth nur ſehr wenig
Seide durch den Schleichhandel zufuͤhrten, und uns ſelbſt nicht erlaubten, ſie aus ihrem
Lande zu holen.
Die Portugieſen dagegen hatten ſchon ihre Niederlaſſung zu Macao auf ſineſiſchem
Boden, und konnten daher ſoviel Seide einkaufen, als nur immer ihr Handel bedurfte.
Tunkin beſuchten wir zuerſt 1637, in Perſien und Bengalen fiengen wir um dieſe
Zeit eben an, uns bekant zu machen, hatten aber unſern Handel und unſre Comptoirs noch
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/116>, abgerufen am 03.07.2024.
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