Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner. Wetter dies unbekante Meer mit ihren Fischkähnen zu besehen, und die Lage der benachbar-ten Jnseln auszukünden. Und da sie nun wider Vermuthen hier dieses große Land fand, so nahmen sie es gerne zu ihrer Wohnung und festem Sitze an. Solte Jemand glauben, man könne die ersten Bevölkerer von Japan durch die Wir werden ziemlich bei unsrer Materie bleiben, wenn wir hier nun auch noch et- Noch müssen wir bei der Bevölkerung von Japan darauf rechnen, daß an die- Schon O 2
Sechſt. Kap. Ueber den Urſprung der Japaner. Wetter dies unbekante Meer mit ihren Fiſchkaͤhnen zu beſehen, und die Lage der benachbar-ten Jnſeln auszukuͤnden. Und da ſie nun wider Vermuthen hier dieſes große Land fand, ſo nahmen ſie es gerne zu ihrer Wohnung und feſtem Sitze an. Solte Jemand glauben, man koͤnne die erſten Bevoͤlkerer von Japan durch die Wir werden ziemlich bei unſrer Materie bleiben, wenn wir hier nun auch noch et- Noch muͤſſen wir bei der Bevoͤlkerung von Japan darauf rechnen, daß an die- Schon O 2
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Sechſt. Kap. Ueber den Urſprung der Japaner.
Wetter dies unbekante Meer mit ihren Fiſchkaͤhnen zu beſehen, und die Lage der benachbar-
ten Jnſeln auszukuͤnden. Und da ſie nun wider Vermuthen hier dieſes große Land fand,
ſo nahmen ſie es gerne zu ihrer Wohnung und feſtem Sitze an.
Solte Jemand glauben, man koͤnne die erſten Bevoͤlkerer von Japan durch die
oͤſtliche Tatarei und Jeſo leichter hieher bringen; ſo habe ich nichts dagegen, und glaube
wenigſtens annehmen zu koͤnnen, daß die amerikaniſchen Kolonien dieſen Weg genom-
men haben. Ohnedem bleibt nunmehr auch gewis, daß unſre nunmehr Angelandete ſich
nicht an dem naͤchſten Ufer ſogleich werden feſt niedergelaſſen haben. Sie folgten vielmehr
ihrer Gewonheit gemaͤs denſelben immer weiter nach, bis ſie endlich die aͤußerſten und ſuͤd-
lichſten Graͤnzen erreichten, und daſelbſt die ebne und fruchtbare Landſchaft Jsje antrafen.
Dieſe muſte nicht nur wegen ihrer ſanften Luft, ſondern auch wegen ihrer Abgelegenheit ſich
ihnen deſto mehr zur Wohnung empfehlen, da ſie hier ſich ſicherer als anderswo vor den
Nachſpuͤrungen andrer Haufen glauben konten, die noch Wohnungen aufſuchten. Jch
werde in dieſer Meinung noch dadurch beſtaͤrkt, daß die Japaner ſelbſt bis auf den heuti-
gen Tag die Provinz Jsje fuͤr die Wohnung ihrer erſten Eltern und Urvaͤter halten, und
ſie deswegen auch jaͤhrlich in heiligen Wahlfahrten beſuchen. Dies ſind alſo meine Ver-
muthungen uͤber den erſten Urſprung der japaniſchen Nation.
Wir werden ziemlich bei unſrer Materie bleiben, wenn wir hier nun auch noch et-
was uͤber den almaͤhligen Wachsthum dieſes Volks beifuͤgen. Es hat ſich ohne Zweifel
viele Jahre durch mit wilden Kraͤutern, Fiſchen, Schnecken u. ſ. w. ernaͤhrt, und dann ſowol
durch eigne Fortpflanzung, als auch viele aus Sina, Corey und andern umliegenden Laͤn-
dern hinzugekommene Fremde immer weiter vermehrt. Dies iſt daher wahrſcheinlich,
weil die japaniſchen Jahrbuͤcher in ſpaͤtern Zeiten und unter der Regierung ihrer Kaiſer
ſehr oft der gelehrten Sineſer erwaͤhnen, die ihnen Buͤcher und Wiſſenſchaften zugebracht
haben. Eine ſolche almaͤhlige Ueberkunft der Fremden erklaͤrt es dann aber auch ſehr gut,
daß ſo wenig fremde Worte in der japaniſchen Sprache ſich feſtgeſezt haben. Eine ſo
kleine Anzahl von Auslaͤndern konte natuͤrlich nicht Einflus genug aͤußern; ſondern wurde
durch die Menge der urſpruͤnglichen Bewohner gewiſſermaßen verſchlungen.
Noch muͤſſen wir bei der Bevoͤlkerung von Japan darauf rechnen, daß an die-
ſer mit der ungeſtuͤmſten See umgebnen kleinen Welt natuͤrlich ſehr oft verſchiedne Schiffe
antreiben und ſcheitern muſten, und daß die am Leben erhaltne dann faſt gezwungen waren,
bei den Einwohnern zu bleiben. So werden noch jezt faſt jedes Jahr durch Schifbruch
Leute an das japaniſche Ufer angetrieben, die man oft weder an der Geſtalt noch an der
Sprache erkennen kann; die auch ſelbſt von ihrem Vaterlande und erlittenem Unfalle nichts
zuſammenhaͤngendes vorzubringen wiſſen.
Schon
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