fälligkeiten. Der Fälscher (nach dieser Hypothese) hätte allerdings die Gefahr sich Blössen zu geben, geschickt vermieden, indem er seiner Zusammenstellung aus de los Santos sehr weniges aus eignen Mitteln hinzufügte. Zu diesem wenigen gehörte das Titelblatt.
Hier sind dem Namen des Velazquez von seinem begei- sterten jungen Freunde sämmtliche Titel und Würden beigesetzt, obenan der des Ordensritters von Santiago. Nun aber geht aus den Ordensakten hervor, dass die in Folge seiner Bewerbung und der Ertheilung der Merced, am 17. September 1658 vom Könige befohlenen Adelsproben erst am 2. April 1659 zum Schluss kamen, worauf nach Eintreffen des päbstlichen Dispens am 29. Juli die feierliche Ertheilung des habito, nach Palomino am 28. November erfolgte. Ist es glaublich, dass der Candidat (pretendiente) während der im Gange befindlichen Information (wobei noch am 28. Januar 1659 der Ordensrath die pruebas de hidalguia für ungenügend erklärt hatte) es zugelassen habe, den Rittertitel in spe in einer Druckschrift von 1658 hinter seinen Namen zu setzen?
In der Liste der Hofämter sind auch jene niedern, den An- fängen seines Hofdienstes angehörigen nicht vergessen. Unter ihnen befindet sich selbst das ihm 1627 ertheilte eines Ugier de camara, welches er im Jahre 1634 an seinen Schwiegersohn J. B. del Mazo abgetreten hatte. Hatte er im Jahre 1658 noch das Recht sich diesen Titel, nach Flavio Atti etwas mehr als Portier und weniger als ayuda de camara, beizulegen? --
Wäre der Verdacht begründet, so müssten die so hoch ge- priesenen 24 Beschreibungen die eigene Arbeit des Doctors der heil. Schrift in S. Lorenzo sein, wobei jedoch die Benutzung von Winken, die er Gesprächen mit dem behufs der Aufstellung dort anwesenden Velazquez verdankte, ja der Denkschrift selbst, nicht ausgeschlossen wäre. Diese geistlichen Herren des Escorial hatten ja seit den Tagen des P. Sigüenza oftmals Gelegenheit, hervor- ragende, in der Kunst wolbewanderte Besucher zu begleiten, anzuhören, auszufragen: so floss bei ihnen, wie bei intelligenten Kastellanen und Galeriedirectoren alles zusammen was zur Zeit über diese Dinge gesagt werden konnte; diess ward dann in ihr Buch eingeschmolzen. Dagegen aber scheint ein schwer zu be- seitigender Einwand erhoben werden zu können. Seit die Me- moria bekannt geworden ist, hat man die Entdeckung gemacht, dass der Abstand (discordancia) zwischen jenen dem Velazquez
II. 17
Die Memoria.
fälligkeiten. Der Fälscher (nach dieser Hypothese) hätte allerdings die Gefahr sich Blössen zu geben, geschickt vermieden, indem er seiner Zusammenstellung aus de los Santos sehr weniges aus eignen Mitteln hinzufügte. Zu diesem wenigen gehörte das Titelblatt.
Hier sind dem Namen des Velazquez von seinem begei- sterten jungen Freunde sämmtliche Titel und Würden beigesetzt, obenan der des Ordensritters von Santiago. Nun aber geht aus den Ordensakten hervor, dass die in Folge seiner Bewerbung und der Ertheilung der Merced, am 17. September 1658 vom Könige befohlenen Adelsproben erst am 2. April 1659 zum Schluss kamen, worauf nach Eintreffen des päbstlichen Dispens am 29. Juli die feierliche Ertheilung des hábito, nach Palomino am 28. November erfolgte. Ist es glaublich, dass der Candidat (pretendiente) während der im Gange befindlichen Information (wobei noch am 28. Januar 1659 der Ordensrath die pruebas de hidalguía für ungenügend erklärt hatte) es zugelassen habe, den Rittertitel in spe in einer Druckschrift von 1658 hinter seinen Namen zu setzen?
In der Liste der Hofämter sind auch jene niedern, den An- fängen seines Hofdienstes angehörigen nicht vergessen. Unter ihnen befindet sich selbst das ihm 1627 ertheilte eines Ugier de cámara, welches er im Jahre 1634 an seinen Schwiegersohn J. B. del Mazo abgetreten hatte. Hatte er im Jahre 1658 noch das Recht sich diesen Titel, nach Flavio Atti etwas mehr als Portier und weniger als ayuda de cámara, beizulegen? —
Wäre der Verdacht begründet, so müssten die so hoch ge- priesenen 24 Beschreibungen die eigene Arbeit des Doctors der heil. Schrift in S. Lorenzo sein, wobei jedoch die Benutzung von Winken, die er Gesprächen mit dem behufs der Aufstellung dort anwesenden Velazquez verdankte, ja der Denkschrift selbst, nicht ausgeschlossen wäre. Diese geistlichen Herren des Escorial hatten ja seit den Tagen des P. Sigüenza oftmals Gelegenheit, hervor- ragende, in der Kunst wolbewanderte Besucher zu begleiten, anzuhören, auszufragen: so floss bei ihnen, wie bei intelligenten Kastellanen und Galeriedirectoren alles zusammen was zur Zeit über diese Dinge gesagt werden konnte; diess ward dann in ihr Buch eingeschmolzen. Dagegen aber scheint ein schwer zu be- seitigender Einwand erhoben werden zu können. Seit die Me- moria bekannt geworden ist, hat man die Entdeckung gemacht, dass der Abstand (discordancia) zwischen jenen dem Velazquez
II. 17
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0277"n="257"/><fwplace="top"type="header">Die Memoria.</fw><lb/>
fälligkeiten. Der Fälscher (nach dieser Hypothese) hätte allerdings<lb/>
die Gefahr sich Blössen zu geben, geschickt vermieden, indem<lb/>
er seiner Zusammenstellung aus de los Santos sehr weniges aus<lb/>
eignen Mitteln hinzufügte. Zu diesem wenigen gehörte das<lb/>
Titelblatt.</p><lb/><p>Hier sind dem Namen des Velazquez von seinem begei-<lb/>
sterten jungen Freunde sämmtliche Titel und Würden beigesetzt,<lb/>
obenan der des Ordensritters von Santiago. Nun aber geht aus<lb/>
den Ordensakten hervor, dass die in Folge seiner Bewerbung<lb/>
und der Ertheilung der Merced, am 17. September 1658 vom<lb/>
Könige befohlenen Adelsproben erst am 2. April 1659 zum Schluss<lb/>
kamen, worauf nach Eintreffen des päbstlichen Dispens am<lb/>
29. Juli die feierliche Ertheilung des hábito, nach Palomino<lb/>
am 28. November erfolgte. Ist es glaublich, dass der Candidat<lb/>
(<hirendition="#i">pretendiente</hi>) während der im Gange befindlichen Information<lb/>
(wobei noch am 28. Januar 1659 der Ordensrath die <hirendition="#i">pruebas<lb/>
de hidalguía</hi> für ungenügend erklärt hatte) es zugelassen habe,<lb/>
den Rittertitel <hirendition="#i">in spe</hi> in einer Druckschrift von 1658 hinter seinen<lb/>
Namen zu setzen?</p><lb/><p>In der Liste der Hofämter sind auch jene niedern, den An-<lb/>
fängen seines Hofdienstes angehörigen nicht vergessen. Unter<lb/>
ihnen befindet sich selbst das ihm 1627 ertheilte eines Ugier de<lb/>
cámara, welches er im Jahre 1634 an seinen Schwiegersohn J. B. del<lb/>
Mazo abgetreten hatte. Hatte er im Jahre 1658 noch das Recht<lb/>
sich diesen Titel, nach Flavio Atti etwas mehr als Portier und<lb/>
weniger als <hirendition="#i">ayuda de cámara</hi>, beizulegen? —</p><lb/><p>Wäre der Verdacht begründet, so müssten die so hoch ge-<lb/>
priesenen 24 Beschreibungen die eigene Arbeit des Doctors der<lb/>
heil. Schrift in S. Lorenzo sein, wobei jedoch die Benutzung von<lb/>
Winken, die er Gesprächen mit dem behufs der Aufstellung dort<lb/>
anwesenden Velazquez verdankte, ja der Denkschrift selbst, nicht<lb/>
ausgeschlossen wäre. Diese geistlichen Herren des Escorial hatten<lb/>
ja seit den Tagen des P. Sigüenza oftmals Gelegenheit, hervor-<lb/>
ragende, in der Kunst wolbewanderte Besucher zu begleiten,<lb/>
anzuhören, auszufragen: so floss bei ihnen, wie bei intelligenten<lb/>
Kastellanen und Galeriedirectoren alles zusammen was zur Zeit<lb/>
über diese Dinge gesagt werden konnte; diess ward dann in ihr<lb/>
Buch eingeschmolzen. Dagegen aber scheint ein schwer zu be-<lb/>
seitigender Einwand erhoben werden zu können. Seit die Me-<lb/>
moria bekannt geworden ist, hat man die Entdeckung gemacht,<lb/>
dass der Abstand (<hirendition="#i">discordancia</hi>) zwischen jenen dem Velazquez<lb/><fwplace="bottom"type="sig">II. 17</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[257/0277]
Die Memoria.
fälligkeiten. Der Fälscher (nach dieser Hypothese) hätte allerdings
die Gefahr sich Blössen zu geben, geschickt vermieden, indem
er seiner Zusammenstellung aus de los Santos sehr weniges aus
eignen Mitteln hinzufügte. Zu diesem wenigen gehörte das
Titelblatt.
Hier sind dem Namen des Velazquez von seinem begei-
sterten jungen Freunde sämmtliche Titel und Würden beigesetzt,
obenan der des Ordensritters von Santiago. Nun aber geht aus
den Ordensakten hervor, dass die in Folge seiner Bewerbung
und der Ertheilung der Merced, am 17. September 1658 vom
Könige befohlenen Adelsproben erst am 2. April 1659 zum Schluss
kamen, worauf nach Eintreffen des päbstlichen Dispens am
29. Juli die feierliche Ertheilung des hábito, nach Palomino
am 28. November erfolgte. Ist es glaublich, dass der Candidat
(pretendiente) während der im Gange befindlichen Information
(wobei noch am 28. Januar 1659 der Ordensrath die pruebas
de hidalguía für ungenügend erklärt hatte) es zugelassen habe,
den Rittertitel in spe in einer Druckschrift von 1658 hinter seinen
Namen zu setzen?
In der Liste der Hofämter sind auch jene niedern, den An-
fängen seines Hofdienstes angehörigen nicht vergessen. Unter
ihnen befindet sich selbst das ihm 1627 ertheilte eines Ugier de
cámara, welches er im Jahre 1634 an seinen Schwiegersohn J. B. del
Mazo abgetreten hatte. Hatte er im Jahre 1658 noch das Recht
sich diesen Titel, nach Flavio Atti etwas mehr als Portier und
weniger als ayuda de cámara, beizulegen? —
Wäre der Verdacht begründet, so müssten die so hoch ge-
priesenen 24 Beschreibungen die eigene Arbeit des Doctors der
heil. Schrift in S. Lorenzo sein, wobei jedoch die Benutzung von
Winken, die er Gesprächen mit dem behufs der Aufstellung dort
anwesenden Velazquez verdankte, ja der Denkschrift selbst, nicht
ausgeschlossen wäre. Diese geistlichen Herren des Escorial hatten
ja seit den Tagen des P. Sigüenza oftmals Gelegenheit, hervor-
ragende, in der Kunst wolbewanderte Besucher zu begleiten,
anzuhören, auszufragen: so floss bei ihnen, wie bei intelligenten
Kastellanen und Galeriedirectoren alles zusammen was zur Zeit
über diese Dinge gesagt werden konnte; diess ward dann in ihr
Buch eingeschmolzen. Dagegen aber scheint ein schwer zu be-
seitigender Einwand erhoben werden zu können. Seit die Me-
moria bekannt geworden ist, hat man die Entdeckung gemacht,
dass der Abstand (discordancia) zwischen jenen dem Velazquez
II. 17
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/277>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.