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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Der alte Palast.
verblieben. Nach dem Neubau durch Peter den Grausamen im
14. Jahrhundert lesen wir von grossen Ceremonien und Staats-
aktionen; aus jener Zeit stammten die festen Rundthürme. Unter
dem prachtliebenden Juan II tagten in der Sala rica die Cortes
von Castilien (1419). Hier wurden die Gesandten Frankreichs
empfangen. Damals sahen seine Mauern glanzvolle Feste und
trotzten Belagerungen; er war der Schauplatz der den spanischen
Thron entwürdigenden Scenen des Lebens Henrique IV, der ihm
seine letzte Gestalt gab. Vierhundert Mann behaupteten ihn
(1476) gegen das Heer Isabellas unter Infantado. Die "katho-
lichen Könige", die dort im Jahre 1477 einzogen, haben ihn nicht
bewohnt, aber am Freitag sprachen sie dort öffentlich Recht.
Zum letztenmal hat er einen Sturm ausgehalten, als die Comu-
neros ihn besetzt hielten (1520--21).

Diese mittelalterliche Feste von Madrid reiht sich im
Plan ganz den sonst bekannten Schlössern an. Ein Viereck mit
grossen runden Eckthürmen und Höfen, nach aussen lange Ga-
lerien, mit Erkerthürmchen, von spitzen Helmen bekrönt, vielen
kleinen und einer grossen Fensterreihe mit Balkons, nach
Innen die Wohnungen und Säle, die ihr Licht von den offenen
Terrassen (Loggien) des Hofs empfingen. Das Mauerwerk war
unregelmässig.

Als der Kaiser nach Niederwerfung des Aufstands der Ge-
meinen dort zu residieren beschlossen hatte, ordnete er einen zeit-
gemässen Umbau an; er selbst hat ihn nie bewohnt. Dieser
Umbau, begonnen von Alonso de Covarrubias aus Toledo, fort-
geführt von Luis de Vega ist erst von dem Sohne, Regent seit 1543,
und dem Enkel zu einem gewissen Abschluss gebracht worden 1);
der innere Ausbau der grossen Gemächer und ihre Ausstattung
war sogar ein Werk Philipp IV und seiner Baumeister. Diese
modernisirte Burg ist das habsburgische Schloss, der "Alcazar
der Philippe", der zwei Jahrhunderte bestanden hat.

Die erhaltenen Stiche zeigen das Werk und den Stil der
neueren Zeit in den beiden Höfen und in der Haupt- oder Süd-
facade. Der Neubau bestand hauptsächlich in der Erweiterung
des südlichen und Eingangs-Flügels durch einen parallelen, dessen
Tiefe verdoppelnden Anbau. Diess lehrt ein Blick auf den Grund-

1) Deshalb heisst es in der Inschrift, die auf den Grundstein des Neubaus
von 1738 kam: Aedes Maurorum quas Henricus IV composuit Carolus V ampli-
ficavit Philippus III ornavit ignis consumpsit etc.

Der alte Palast.
verblieben. Nach dem Neubau durch Peter den Grausamen im
14. Jahrhundert lesen wir von grossen Ceremonien und Staats-
aktionen; aus jener Zeit stammten die festen Rundthürme. Unter
dem prachtliebenden Juan II tagten in der Sala rica die Cortes
von Castilien (1419). Hier wurden die Gesandten Frankreichs
empfangen. Damals sahen seine Mauern glanzvolle Feste und
trotzten Belagerungen; er war der Schauplatz der den spanischen
Thron entwürdigenden Scenen des Lebens Henrique IV, der ihm
seine letzte Gestalt gab. Vierhundert Mann behaupteten ihn
(1476) gegen das Heer Isabellas unter Infantado. Die „katho-
lichen Könige“, die dort im Jahre 1477 einzogen, haben ihn nicht
bewohnt, aber am Freitag sprachen sie dort öffentlich Recht.
Zum letztenmal hat er einen Sturm ausgehalten, als die Comu-
neros ihn besetzt hielten (1520—21).

Diese mittelalterliche Feste von Madrid reiht sich im
Plan ganz den sonst bekannten Schlössern an. Ein Viereck mit
grossen runden Eckthürmen und Höfen, nach aussen lange Ga-
lerien, mit Erkerthürmchen, von spitzen Helmen bekrönt, vielen
kleinen und einer grossen Fensterreihe mit Balkons, nach
Innen die Wohnungen und Säle, die ihr Licht von den offenen
Terrassen (Loggien) des Hofs empfingen. Das Mauerwerk war
unregelmässig.

Als der Kaiser nach Niederwerfung des Aufstands der Ge-
meinen dort zu residieren beschlossen hatte, ordnete er einen zeit-
gemässen Umbau an; er selbst hat ihn nie bewohnt. Dieser
Umbau, begonnen von Alonso de Covarrúbias aus Toledo, fort-
geführt von Luis de Vega ist erst von dem Sohne, Regent seit 1543,
und dem Enkel zu einem gewissen Abschluss gebracht worden 1);
der innere Ausbau der grossen Gemächer und ihre Ausstattung
war sogar ein Werk Philipp IV und seiner Baumeister. Diese
modernisirte Burg ist das habsburgische Schloss, der „Alcazar
der Philippe“, der zwei Jahrhunderte bestanden hat.

Die erhaltenen Stiche zeigen das Werk und den Stil der
neueren Zeit in den beiden Höfen und in der Haupt- oder Süd-
façade. Der Neubau bestand hauptsächlich in der Erweiterung
des südlichen und Eingangs-Flügels durch einen parallelen, dessen
Tiefe verdoppelnden Anbau. Diess lehrt ein Blick auf den Grund-

1) Deshalb heisst es in der Inschrift, die auf den Grundstein des Neubaus
von 1738 kam: Aedes Maurorum quas Henricus IV composuit Carolus V ampli-
ficavit Philippus III ornavit ignis consumpsit etc.
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[181/0201] Der alte Palast. verblieben. Nach dem Neubau durch Peter den Grausamen im 14. Jahrhundert lesen wir von grossen Ceremonien und Staats- aktionen; aus jener Zeit stammten die festen Rundthürme. Unter dem prachtliebenden Juan II tagten in der Sala rica die Cortes von Castilien (1419). Hier wurden die Gesandten Frankreichs empfangen. Damals sahen seine Mauern glanzvolle Feste und trotzten Belagerungen; er war der Schauplatz der den spanischen Thron entwürdigenden Scenen des Lebens Henrique IV, der ihm seine letzte Gestalt gab. Vierhundert Mann behaupteten ihn (1476) gegen das Heer Isabellas unter Infantado. Die „katho- lichen Könige“, die dort im Jahre 1477 einzogen, haben ihn nicht bewohnt, aber am Freitag sprachen sie dort öffentlich Recht. Zum letztenmal hat er einen Sturm ausgehalten, als die Comu- neros ihn besetzt hielten (1520—21). Diese mittelalterliche Feste von Madrid reiht sich im Plan ganz den sonst bekannten Schlössern an. Ein Viereck mit grossen runden Eckthürmen und Höfen, nach aussen lange Ga- lerien, mit Erkerthürmchen, von spitzen Helmen bekrönt, vielen kleinen und einer grossen Fensterreihe mit Balkons, nach Innen die Wohnungen und Säle, die ihr Licht von den offenen Terrassen (Loggien) des Hofs empfingen. Das Mauerwerk war unregelmässig. Als der Kaiser nach Niederwerfung des Aufstands der Ge- meinen dort zu residieren beschlossen hatte, ordnete er einen zeit- gemässen Umbau an; er selbst hat ihn nie bewohnt. Dieser Umbau, begonnen von Alonso de Covarrúbias aus Toledo, fort- geführt von Luis de Vega ist erst von dem Sohne, Regent seit 1543, und dem Enkel zu einem gewissen Abschluss gebracht worden 1); der innere Ausbau der grossen Gemächer und ihre Ausstattung war sogar ein Werk Philipp IV und seiner Baumeister. Diese modernisirte Burg ist das habsburgische Schloss, der „Alcazar der Philippe“, der zwei Jahrhunderte bestanden hat. Die erhaltenen Stiche zeigen das Werk und den Stil der neueren Zeit in den beiden Höfen und in der Haupt- oder Süd- façade. Der Neubau bestand hauptsächlich in der Erweiterung des südlichen und Eingangs-Flügels durch einen parallelen, dessen Tiefe verdoppelnden Anbau. Diess lehrt ein Blick auf den Grund- 1) Deshalb heisst es in der Inschrift, die auf den Grundstein des Neubaus von 1738 kam: Aedes Maurorum quas Henricus IV composuit Carolus V ampli- ficavit Philippus III ornavit ignis consumpsit etc.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/201>, abgerufen am 24.11.2024.