gänzliche Zertheilung eines Planeten- oder Cometencör- pers erfolgen. Die Gesetze der Schwehre, vermöge welcher alle Theile eines Erdcörpers, sie mögen auch aus denen allerfeinsten Erden bestehen, nach dem Mit- telpuncte zu drücken, würden allemahl verhintern, daß der Erdklumpen sich nicht aus einander begeben, und in kleine Theile zerfallen könnte.
Zwar kann man der unendlichen Allmacht Gottes nicht das Vermögen absprechen, nicht allein einzelne Weltcörper, sondern auch das ganze unermeßliche Weltgebäude wiederum zu zerstöhren und zu zernich- ten; und dieser einzige Punct ist noch übrig, um den- selben zum Vorwurf unserer Betrachtungen zu neh- men. Jndessen kann auch hierbey die Vernunft wei- ter nichts thun, als daß sie erweget, in wie weit eine solche gänzliche Zerstöhrung und Zernichtung des Welt- gebäudes der Weisheit Gottes und seinen vermuthli- chen Absichten gemäß seyn möchte.
Gemeiniglich verstehet man unter der Vernichtung des Weltgebäudes, daß dasselbe sowohl nach seinem jetzigen Wesen und Beschaffenheit, als auch nach sei- nen kleinsten Bestandtheilen gänzlich aufhöret zu seyn, oder kürzer zu sagen, daß sie aus dem Reiche der wirk- lichen Dinge in den Stand der bloßen Möglichkeit ver- setzet wird. Man kann der Allmacht Gottes das Ver- mögen einer solchen gänzlichen Vernichtung nicht ab- sprechen, insonderheit wenn dieselbe das ganze Welt- gebäude aus nichts hervorgebracht hat. Denn derje- nige, welcher aus nichts etwas machen kann, kann auch dieses Etwas wieder in nichts verwandeln. Die-
ses
in Anſehung der Dauer der Welt.
gaͤnzliche Zertheilung eines Planeten- oder Cometencoͤr- pers erfolgen. Die Geſetze der Schwehre, vermoͤge welcher alle Theile eines Erdcoͤrpers, ſie moͤgen auch aus denen allerfeinſten Erden beſtehen, nach dem Mit- telpuncte zu druͤcken, wuͤrden allemahl verhintern, daß der Erdklumpen ſich nicht aus einander begeben, und in kleine Theile zerfallen koͤnnte.
Zwar kann man der unendlichen Allmacht Gottes nicht das Vermoͤgen abſprechen, nicht allein einzelne Weltcoͤrper, ſondern auch das ganze unermeßliche Weltgebaͤude wiederum zu zerſtoͤhren und zu zernich- ten; und dieſer einzige Punct iſt noch uͤbrig, um den- ſelben zum Vorwurf unſerer Betrachtungen zu neh- men. Jndeſſen kann auch hierbey die Vernunft wei- ter nichts thun, als daß ſie erweget, in wie weit eine ſolche gaͤnzliche Zerſtoͤhrung und Zernichtung des Welt- gebaͤudes der Weisheit Gottes und ſeinen vermuthli- chen Abſichten gemaͤß ſeyn moͤchte.
Gemeiniglich verſtehet man unter der Vernichtung des Weltgebaͤudes, daß daſſelbe ſowohl nach ſeinem jetzigen Weſen und Beſchaffenheit, als auch nach ſei- nen kleinſten Beſtandtheilen gaͤnzlich aufhoͤret zu ſeyn, oder kuͤrzer zu ſagen, daß ſie aus dem Reiche der wirk- lichen Dinge in den Stand der bloßen Moͤglichkeit ver- ſetzet wird. Man kann der Allmacht Gottes das Ver- moͤgen einer ſolchen gaͤnzlichen Vernichtung nicht ab- ſprechen, inſonderheit wenn dieſelbe das ganze Welt- gebaͤude aus nichts hervorgebracht hat. Denn derje- nige, welcher aus nichts etwas machen kann, kann auch dieſes Etwas wieder in nichts verwandeln. Die-
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in Anſehung der Dauer der Welt.
gaͤnzliche Zertheilung eines Planeten- oder Cometencoͤr-
pers erfolgen. Die Geſetze der Schwehre, vermoͤge
welcher alle Theile eines Erdcoͤrpers, ſie moͤgen auch
aus denen allerfeinſten Erden beſtehen, nach dem Mit-
telpuncte zu druͤcken, wuͤrden allemahl verhintern, daß
der Erdklumpen ſich nicht aus einander begeben, und
in kleine Theile zerfallen koͤnnte.
Zwar kann man der unendlichen Allmacht Gottes
nicht das Vermoͤgen abſprechen, nicht allein einzelne
Weltcoͤrper, ſondern auch das ganze unermeßliche
Weltgebaͤude wiederum zu zerſtoͤhren und zu zernich-
ten; und dieſer einzige Punct iſt noch uͤbrig, um den-
ſelben zum Vorwurf unſerer Betrachtungen zu neh-
men. Jndeſſen kann auch hierbey die Vernunft wei-
ter nichts thun, als daß ſie erweget, in wie weit eine
ſolche gaͤnzliche Zerſtoͤhrung und Zernichtung des Welt-
gebaͤudes der Weisheit Gottes und ſeinen vermuthli-
chen Abſichten gemaͤß ſeyn moͤchte.
Gemeiniglich verſtehet man unter der Vernichtung
des Weltgebaͤudes, daß daſſelbe ſowohl nach ſeinem
jetzigen Weſen und Beſchaffenheit, als auch nach ſei-
nen kleinſten Beſtandtheilen gaͤnzlich aufhoͤret zu ſeyn,
oder kuͤrzer zu ſagen, daß ſie aus dem Reiche der wirk-
lichen Dinge in den Stand der bloßen Moͤglichkeit ver-
ſetzet wird. Man kann der Allmacht Gottes das Ver-
moͤgen einer ſolchen gaͤnzlichen Vernichtung nicht ab-
ſprechen, inſonderheit wenn dieſelbe das ganze Welt-
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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/393>, abgerufen am 19.02.2025.
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