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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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in Ansehung der Dauer der Welt.
werden könnten, einen allgemeinen Brand des Erdbo-
dens zu unterhalten; so würden wir doch auch hier
verwegen urtheilen, wenn wir behaupten wollten, es
sey unmöglich, daß der Erdcörper allgemein in Brand
gerathen, und durch das Feuer seinen Untergang fin-
den könnte. Kurz, in solchen Fällen, wo sich so viel
von der menschlichen Unwissenheit mit einmischet, und
wo es uns so sehr an genugsamer Kenntniß und Ein-
sicht ermangelt, ist es allemahl thöricht, wenn man
mit Zuverläßigkeit behaupten will, daß etwas gesche-
hen oder nicht geschehen werde. Es können noch gan-
ze Meere von Oehl und brennkichem Wesen in dem
Jnnern der Erde befindlich seyn, zu welchen das un-
terirrdische Feuer noch nicht gelanget ist. Der große
Oehlquell in Persien, woraus täglich eine so große
Menge Tonnen Oehl geschöpfet werden, ohne daß sich
der Quell im mindesten verringert, scheinet dieses so-
gar wahrscheinlich zu machen. Alles, was man dem-
nach in der Erörterung solcher Fragen thun kann, ist,
daß man die Wahrscheinlichkeiten auf beyden Sei-
ten prüfet, und sich vor die größere Wahrscheinlich-
keit erklähret.

Aus eben dieser Uhrsache glaube ich indessen nicht,
daß unser Erdcörper seinen Untergang durch das unter-
irrdische Feuer zu befürchten habe. Wenn dieser Er-
folg sich hätte ereignen können; so würde sich derselbe
gewiß einige hundert tausend Jahre früher zugetragen
haben. Damahls, als das unterirrdische Feuer mit
so unaussprechlicher Gewalt wüthete, daß es viele tau-
send hohe Gebirge über die Oberfläche der Erde empor

trieb;
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in Anſehung der Dauer der Welt.
werden koͤnnten, einen allgemeinen Brand des Erdbo-
dens zu unterhalten; ſo wuͤrden wir doch auch hier
verwegen urtheilen, wenn wir behaupten wollten, es
ſey unmoͤglich, daß der Erdcoͤrper allgemein in Brand
gerathen, und durch das Feuer ſeinen Untergang fin-
den koͤnnte. Kurz, in ſolchen Faͤllen, wo ſich ſo viel
von der menſchlichen Unwiſſenheit mit einmiſchet, und
wo es uns ſo ſehr an genugſamer Kenntniß und Ein-
ſicht ermangelt, iſt es allemahl thoͤricht, wenn man
mit Zuverlaͤßigkeit behaupten will, daß etwas geſche-
hen oder nicht geſchehen werde. Es koͤnnen noch gan-
ze Meere von Oehl und brennkichem Weſen in dem
Jnnern der Erde befindlich ſeyn, zu welchen das un-
terirrdiſche Feuer noch nicht gelanget iſt. Der große
Oehlquell in Perſien, woraus taͤglich eine ſo große
Menge Tonnen Oehl geſchoͤpfet werden, ohne daß ſich
der Quell im mindeſten verringert, ſcheinet dieſes ſo-
gar wahrſcheinlich zu machen. Alles, was man dem-
nach in der Eroͤrterung ſolcher Fragen thun kann, iſt,
daß man die Wahrſcheinlichkeiten auf beyden Sei-
ten pruͤfet, und ſich vor die groͤßere Wahrſcheinlich-
keit erklaͤhret.

Aus eben dieſer Uhrſache glaube ich indeſſen nicht,
daß unſer Erdcoͤrper ſeinen Untergang durch das unter-
irrdiſche Feuer zu befuͤrchten habe. Wenn dieſer Er-
folg ſich haͤtte ereignen koͤnnen; ſo wuͤrde ſich derſelbe
gewiß einige hundert tauſend Jahre fruͤher zugetragen
haben. Damahls, als das unterirrdiſche Feuer mit
ſo unausſprechlicher Gewalt wuͤthete, daß es viele tau-
ſend hohe Gebirge uͤber die Oberflaͤche der Erde empor

trieb;
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[361/0389] in Anſehung der Dauer der Welt. werden koͤnnten, einen allgemeinen Brand des Erdbo- dens zu unterhalten; ſo wuͤrden wir doch auch hier verwegen urtheilen, wenn wir behaupten wollten, es ſey unmoͤglich, daß der Erdcoͤrper allgemein in Brand gerathen, und durch das Feuer ſeinen Untergang fin- den koͤnnte. Kurz, in ſolchen Faͤllen, wo ſich ſo viel von der menſchlichen Unwiſſenheit mit einmiſchet, und wo es uns ſo ſehr an genugſamer Kenntniß und Ein- ſicht ermangelt, iſt es allemahl thoͤricht, wenn man mit Zuverlaͤßigkeit behaupten will, daß etwas geſche- hen oder nicht geſchehen werde. Es koͤnnen noch gan- ze Meere von Oehl und brennkichem Weſen in dem Jnnern der Erde befindlich ſeyn, zu welchen das un- terirrdiſche Feuer noch nicht gelanget iſt. Der große Oehlquell in Perſien, woraus taͤglich eine ſo große Menge Tonnen Oehl geſchoͤpfet werden, ohne daß ſich der Quell im mindeſten verringert, ſcheinet dieſes ſo- gar wahrſcheinlich zu machen. Alles, was man dem- nach in der Eroͤrterung ſolcher Fragen thun kann, iſt, daß man die Wahrſcheinlichkeiten auf beyden Sei- ten pruͤfet, und ſich vor die groͤßere Wahrſcheinlich- keit erklaͤhret. Aus eben dieſer Uhrſache glaube ich indeſſen nicht, daß unſer Erdcoͤrper ſeinen Untergang durch das unter- irrdiſche Feuer zu befuͤrchten habe. Wenn dieſer Er- folg ſich haͤtte ereignen koͤnnen; ſo wuͤrde ſich derſelbe gewiß einige hundert tauſend Jahre fruͤher zugetragen haben. Damahls, als das unterirrdiſche Feuer mit ſo unausſprechlicher Gewalt wuͤthete, daß es viele tau- ſend hohe Gebirge uͤber die Oberflaͤche der Erde empor trieb; Z 5

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/389>, abgerufen am 09.05.2024.