Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

zu verschiedenen Mahlen bewohnt gewesen.
nen können eine viel längere Zeit daselbst gelegen ha-
ben. Jn dem Königreich Thüringen, wozu diese Ge-
gend gehöret hat, gab es schon im vierten und fünf-
ten Jahrhunderte viele Christen; und im sechsten und
siebenden Jahrhunderte waren bereits alle Thüringer
zum christlichen Glauben bekehret. Ueberdies hat das
Heydenthum vorher einige tausend Jahr in dieser Ge-
gend geherrschet; und man hat eben keinen Grund an-
zunehmen, daß diese Urnen von den letztern Zeiten des
Heydenthums herrühren.

Dennoch sind diese Urnen und die daran gewese-
nen Rinken in einem so langen Zeitraume so wenig mit
Erde bedecket worden, daß sie noch zu unsern Zeiten
mit dem Pfluge herausgepflüget werden konnten.
Noch einmahl also, die Erde, welche sich durch den
Staub und die verfaulten Pflanzengewächse auf der
Oberfläche anhäufet, kann nur von geringer Erheb-
lichkeit seyn, und in anderthalb bis zweytausend Jah-
ren kaum einige Zoll hoch betragen. Man muß hier-
von um so mehr versichert seyn, da der Acker, auf
welchem diese Entdeckung gemacht wurde, nahe bey
einem großen Walde war, und eine Viertelstunde lang
an demselben hinaufgieng, so, daß dieser Acker im
Herbst und Winter mit Blättern, die der Wind aus
dem Walde dahin wehete, bedecket wurde.

Vergeblich suchet man also durch die in nachfol-
genden Zeiten entstandene Erde die Sache zu erkläh-
ren, wenn Ueberbleibsel solcher Zeiten, die gar nicht
zu unserer jetzigen Zeitrechnung gehören, unter der
Erde gefunden werden. Dinge, die nur zehen,

zwölf

zu verſchiedenen Mahlen bewohnt geweſen.
nen koͤnnen eine viel laͤngere Zeit daſelbſt gelegen ha-
ben. Jn dem Koͤnigreich Thuͤringen, wozu dieſe Ge-
gend gehoͤret hat, gab es ſchon im vierten und fuͤnf-
ten Jahrhunderte viele Chriſten; und im ſechſten und
ſiebenden Jahrhunderte waren bereits alle Thuͤringer
zum chriſtlichen Glauben bekehret. Ueberdies hat das
Heydenthum vorher einige tauſend Jahr in dieſer Ge-
gend geherrſchet; und man hat eben keinen Grund an-
zunehmen, daß dieſe Urnen von den letztern Zeiten des
Heydenthums herruͤhren.

Dennoch ſind dieſe Urnen und die daran geweſe-
nen Rinken in einem ſo langen Zeitraume ſo wenig mit
Erde bedecket worden, daß ſie noch zu unſern Zeiten
mit dem Pfluge herausgepfluͤget werden konnten.
Noch einmahl alſo, die Erde, welche ſich durch den
Staub und die verfaulten Pflanzengewaͤchſe auf der
Oberflaͤche anhaͤufet, kann nur von geringer Erheb-
lichkeit ſeyn, und in anderthalb bis zweytauſend Jah-
ren kaum einige Zoll hoch betragen. Man muß hier-
von um ſo mehr verſichert ſeyn, da der Acker, auf
welchem dieſe Entdeckung gemacht wurde, nahe bey
einem großen Walde war, und eine Viertelſtunde lang
an demſelben hinaufgieng, ſo, daß dieſer Acker im
Herbſt und Winter mit Blaͤttern, die der Wind aus
dem Walde dahin wehete, bedecket wurde.

Vergeblich ſuchet man alſo durch die in nachfol-
genden Zeiten entſtandene Erde die Sache zu erklaͤh-
ren, wenn Ueberbleibſel ſolcher Zeiten, die gar nicht
zu unſerer jetzigen Zeitrechnung gehoͤren, unter der
Erde gefunden werden. Dinge, die nur zehen,

zwoͤlf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0281" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zu ver&#x017F;chiedenen Mahlen bewohnt gewe&#x017F;en.</hi></fw><lb/>
nen ko&#x0364;nnen eine viel la&#x0364;ngere Zeit da&#x017F;elb&#x017F;t gelegen ha-<lb/>
ben. Jn dem Ko&#x0364;nigreich Thu&#x0364;ringen, wozu die&#x017F;e Ge-<lb/>
gend geho&#x0364;ret hat, gab es &#x017F;chon im vierten und fu&#x0364;nf-<lb/>
ten Jahrhunderte viele Chri&#x017F;ten; und im &#x017F;ech&#x017F;ten und<lb/>
&#x017F;iebenden Jahrhunderte waren bereits alle Thu&#x0364;ringer<lb/>
zum chri&#x017F;tlichen Glauben bekehret. Ueberdies hat das<lb/>
Heydenthum vorher einige tau&#x017F;end Jahr in die&#x017F;er Ge-<lb/>
gend geherr&#x017F;chet; und man hat eben keinen Grund an-<lb/>
zunehmen, daß die&#x017F;e Urnen von den letztern Zeiten des<lb/>
Heydenthums herru&#x0364;hren.</p><lb/>
          <p>Dennoch &#x017F;ind die&#x017F;e Urnen und die daran gewe&#x017F;e-<lb/>
nen Rinken in einem &#x017F;o langen Zeitraume &#x017F;o wenig mit<lb/>
Erde bedecket worden, daß &#x017F;ie noch zu un&#x017F;ern Zeiten<lb/>
mit dem Pfluge herausgepflu&#x0364;get werden konnten.<lb/>
Noch einmahl al&#x017F;o, die Erde, welche &#x017F;ich durch den<lb/>
Staub und die verfaulten Pflanzengewa&#x0364;ch&#x017F;e auf der<lb/>
Oberfla&#x0364;che anha&#x0364;ufet, kann nur von geringer Erheb-<lb/>
lichkeit &#x017F;eyn, und in anderthalb bis zweytau&#x017F;end Jah-<lb/>
ren kaum einige Zoll hoch betragen. Man muß hier-<lb/>
von um &#x017F;o mehr ver&#x017F;ichert &#x017F;eyn, da der Acker, auf<lb/>
welchem die&#x017F;e Entdeckung gemacht wurde, nahe bey<lb/>
einem großen Walde war, und eine Viertel&#x017F;tunde lang<lb/>
an dem&#x017F;elben hinaufgieng, &#x017F;o, daß die&#x017F;er Acker im<lb/>
Herb&#x017F;t und Winter mit Bla&#x0364;ttern, die der Wind aus<lb/>
dem Walde dahin wehete, bedecket wurde.</p><lb/>
          <p>Vergeblich &#x017F;uchet man al&#x017F;o durch die in nachfol-<lb/>
genden Zeiten ent&#x017F;tandene Erde die Sache zu erkla&#x0364;h-<lb/>
ren, wenn Ueberbleib&#x017F;el &#x017F;olcher Zeiten, die gar nicht<lb/>
zu un&#x017F;erer jetzigen Zeitrechnung geho&#x0364;ren, unter der<lb/>
Erde gefunden werden. Dinge, die nur zehen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zwo&#x0364;lf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0281] zu verſchiedenen Mahlen bewohnt geweſen. nen koͤnnen eine viel laͤngere Zeit daſelbſt gelegen ha- ben. Jn dem Koͤnigreich Thuͤringen, wozu dieſe Ge- gend gehoͤret hat, gab es ſchon im vierten und fuͤnf- ten Jahrhunderte viele Chriſten; und im ſechſten und ſiebenden Jahrhunderte waren bereits alle Thuͤringer zum chriſtlichen Glauben bekehret. Ueberdies hat das Heydenthum vorher einige tauſend Jahr in dieſer Ge- gend geherrſchet; und man hat eben keinen Grund an- zunehmen, daß dieſe Urnen von den letztern Zeiten des Heydenthums herruͤhren. Dennoch ſind dieſe Urnen und die daran geweſe- nen Rinken in einem ſo langen Zeitraume ſo wenig mit Erde bedecket worden, daß ſie noch zu unſern Zeiten mit dem Pfluge herausgepfluͤget werden konnten. Noch einmahl alſo, die Erde, welche ſich durch den Staub und die verfaulten Pflanzengewaͤchſe auf der Oberflaͤche anhaͤufet, kann nur von geringer Erheb- lichkeit ſeyn, und in anderthalb bis zweytauſend Jah- ren kaum einige Zoll hoch betragen. Man muß hier- von um ſo mehr verſichert ſeyn, da der Acker, auf welchem dieſe Entdeckung gemacht wurde, nahe bey einem großen Walde war, und eine Viertelſtunde lang an demſelben hinaufgieng, ſo, daß dieſer Acker im Herbſt und Winter mit Blaͤttern, die der Wind aus dem Walde dahin wehete, bedecket wurde. Vergeblich ſuchet man alſo durch die in nachfol- genden Zeiten entſtandene Erde die Sache zu erklaͤh- ren, wenn Ueberbleibſel ſolcher Zeiten, die gar nicht zu unſerer jetzigen Zeitrechnung gehoͤren, unter der Erde gefunden werden. Dinge, die nur zehen, zwoͤlf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/281
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/281>, abgerufen am 24.11.2024.