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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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IV. Abschn. Erweis, daß in dem Mittelpunct
ges Wärmemaaß oder Thermometer zu sich nehmen
müssen; und nachdem er vorhero in freyer Luft den
Grad der Wärme oder Kälte genau untersuchet hätte,
hernach eben diese Versuche mit gleicher Genauigkeit
unten in den Gruben anstellen sollen y).

Jn der That ist die Meynung des Verfassers, daß
die Kälte immer größer werde, je tiefer wir durch die
Berggruben in die Erde eintringen, allen Ersahrun-
gen anderer Bergverständigen gerade entgegengesetzt.
Freylich muß es im Sommer bey einer warmen Luft
uns immer kälter vorkommen, je tiefer wir in die
Berggruben einfahren. Außerdem, daß die obere
warme Luft hieher nicht wirken kann; so weis man
auch, daß diese Berggruben allenthalben voll Feuch-
tigkeit sind, und daß sie das Wasser gemeiniglich un-
ten und auf denen Seiten haben. Dieses sind aber
Umstände, welche allemahl sehr kühle Empfindungen
auf die menschlichen Cörper veruhrsachen. Man
hat zu dem Ende in denen Lustgärten die Grotten er-
funden, um darinnen im Sommer einer großen Küh-

lung
y) Dieses haben viele geschickte Bergverständige gethan,
die zugleich bey ihrer practischen Erfahrung in Berg-
werkssachen die Fähigkeit gehabt haben, gründliche Na-
turforscher abzugeben; eine Eigenschaft, woran es dem
Verfasser sehr zu mangeln scheinet; allein, sie haben
nichts weniger als dasjenige gefunden, was der Ver-
fasser vorgiebt. Bey einem sehr starken Grad der Käl-
te auf der Oberfläche der Erde haben sie in den tief-
sten Berggruben niemahls die Kälte auf dem Gefrier-
puncte gefunden; sondern allemahl noch ein bis zwey
Grad darüber.

IV. Abſchn. Erweis, daß in dem Mittelpunct
ges Waͤrmemaaß oder Thermometer zu ſich nehmen
muͤſſen; und nachdem er vorhero in freyer Luft den
Grad der Waͤrme oder Kaͤlte genau unterſuchet haͤtte,
hernach eben dieſe Verſuche mit gleicher Genauigkeit
unten in den Gruben anſtellen ſollen y).

Jn der That iſt die Meynung des Verfaſſers, daß
die Kaͤlte immer groͤßer werde, je tiefer wir durch die
Berggruben in die Erde eintringen, allen Erſahrun-
gen anderer Bergverſtaͤndigen gerade entgegengeſetzt.
Freylich muß es im Sommer bey einer warmen Luft
uns immer kaͤlter vorkommen, je tiefer wir in die
Berggruben einfahren. Außerdem, daß die obere
warme Luft hieher nicht wirken kann; ſo weis man
auch, daß dieſe Berggruben allenthalben voll Feuch-
tigkeit ſind, und daß ſie das Waſſer gemeiniglich un-
ten und auf denen Seiten haben. Dieſes ſind aber
Umſtaͤnde, welche allemahl ſehr kuͤhle Empfindungen
auf die menſchlichen Coͤrper veruhrſachen. Man
hat zu dem Ende in denen Luſtgaͤrten die Grotten er-
funden, um darinnen im Sommer einer großen Kuͤh-

lung
y) Dieſes haben viele geſchickte Bergverſtaͤndige gethan,
die zugleich bey ihrer practiſchen Erfahrung in Berg-
werksſachen die Faͤhigkeit gehabt haben, gruͤndliche Na-
turforſcher abzugeben; eine Eigenſchaft, woran es dem
Verfaſſer ſehr zu mangeln ſcheinet; allein, ſie haben
nichts weniger als dasjenige gefunden, was der Ver-
faſſer vorgiebt. Bey einem ſehr ſtarken Grad der Kaͤl-
te auf der Oberflaͤche der Erde haben ſie in den tief-
ſten Berggruben niemahls die Kaͤlte auf dem Gefrier-
puncte gefunden; ſondern allemahl noch ein bis zwey
Grad daruͤber.
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[154/0182] IV. Abſchn. Erweis, daß in dem Mittelpunct ges Waͤrmemaaß oder Thermometer zu ſich nehmen muͤſſen; und nachdem er vorhero in freyer Luft den Grad der Waͤrme oder Kaͤlte genau unterſuchet haͤtte, hernach eben dieſe Verſuche mit gleicher Genauigkeit unten in den Gruben anſtellen ſollen y). Jn der That iſt die Meynung des Verfaſſers, daß die Kaͤlte immer groͤßer werde, je tiefer wir durch die Berggruben in die Erde eintringen, allen Erſahrun- gen anderer Bergverſtaͤndigen gerade entgegengeſetzt. Freylich muß es im Sommer bey einer warmen Luft uns immer kaͤlter vorkommen, je tiefer wir in die Berggruben einfahren. Außerdem, daß die obere warme Luft hieher nicht wirken kann; ſo weis man auch, daß dieſe Berggruben allenthalben voll Feuch- tigkeit ſind, und daß ſie das Waſſer gemeiniglich un- ten und auf denen Seiten haben. Dieſes ſind aber Umſtaͤnde, welche allemahl ſehr kuͤhle Empfindungen auf die menſchlichen Coͤrper veruhrſachen. Man hat zu dem Ende in denen Luſtgaͤrten die Grotten er- funden, um darinnen im Sommer einer großen Kuͤh- lung y) Dieſes haben viele geſchickte Bergverſtaͤndige gethan, die zugleich bey ihrer practiſchen Erfahrung in Berg- werksſachen die Faͤhigkeit gehabt haben, gruͤndliche Na- turforſcher abzugeben; eine Eigenſchaft, woran es dem Verfaſſer ſehr zu mangeln ſcheinet; allein, ſie haben nichts weniger als dasjenige gefunden, was der Ver- faſſer vorgiebt. Bey einem ſehr ſtarken Grad der Kaͤl- te auf der Oberflaͤche der Erde haben ſie in den tief- ſten Berggruben niemahls die Kaͤlte auf dem Gefrier- puncte gefunden; ſondern allemahl noch ein bis zwey Grad daruͤber.

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/182>, abgerufen am 22.11.2024.