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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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der Erde ein unterirrdisches Feuer ist.
seinen Mittelpunct aus nichts, als aus abwechselnden
Erd- und Steinlagen bestünde, nicht eben so viel
Grund vor sich haben, als wenn der Verfasser aus
einer zwey bis dreyhundert Lachtern tiefen Eingrabung
in Gebirgen dreist behaupten will, der ganze Erdcör-
per bis in seinen Mittelpunct bestünde aus nichts, als
aus Felsen und Wasser. Man siehet also klar, daß
es alles nur ganz schwache Sachen sind, was der Ver-
fasser mit einer zuversichtlichen Miene vorträgt.

Was die größere Kälte anbetrifft, die wir em-
pfinden sollen, wenn wir immer tiefer mit dem Berg-
bau in die Erde eintringen; so kann man zur Zeit
noch nicht wissen, worauf der Verfasser dieses Vor-
geben von einer größern Kälte gründet, oder wo-
durch derselbe solches zu beweisen vermeynet. Ver-
muthlich verläßt er sich hierinnen bloß auf seine eignen
Empfindungen. Allein, diese sind sehr betrüglich,
so, wie sie es hierinnen bey allen andern Menschen
sind. Jm Sommer kommen uns die tiefen Keller
kalt vor, und im Winter scheinen sie uns warm.
Die Uhrsache hiervon ist, weil wir allemahl aus ent-
gegengesetzten Empfindungen der obern Luft in den
Keller kommen; und im Verhältniß dieser ganz ge-
genseitigen Empfindungen scheinen uns die tiefen Kel-
ler im Sommer kalt, und im Winter warm. Da-
hero hätte der Verfasser auf diese so betrüglichen Em-
pfindungen nicht bauen und sein wichtiges Lehrgebäu-
de darauf gründen sollen; sondern wenn er gründlich
hätte urtheilen wollen, so hätte er bey seinen gerühm-
ten so vielfachen Erfahrungen der Gruben ein richti-

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der Erde ein unterirrdiſches Feuer iſt.
ſeinen Mittelpunct aus nichts, als aus abwechſelnden
Erd- und Steinlagen beſtuͤnde, nicht eben ſo viel
Grund vor ſich haben, als wenn der Verfaſſer aus
einer zwey bis dreyhundert Lachtern tiefen Eingrabung
in Gebirgen dreiſt behaupten will, der ganze Erdcoͤr-
per bis in ſeinen Mittelpunct beſtuͤnde aus nichts, als
aus Felſen und Waſſer. Man ſiehet alſo klar, daß
es alles nur ganz ſchwache Sachen ſind, was der Ver-
faſſer mit einer zuverſichtlichen Miene vortraͤgt.

Was die groͤßere Kaͤlte anbetrifft, die wir em-
pfinden ſollen, wenn wir immer tiefer mit dem Berg-
bau in die Erde eintringen; ſo kann man zur Zeit
noch nicht wiſſen, worauf der Verfaſſer dieſes Vor-
geben von einer groͤßern Kaͤlte gruͤndet, oder wo-
durch derſelbe ſolches zu beweiſen vermeynet. Ver-
muthlich verlaͤßt er ſich hierinnen bloß auf ſeine eignen
Empfindungen. Allein, dieſe ſind ſehr betruͤglich,
ſo, wie ſie es hierinnen bey allen andern Menſchen
ſind. Jm Sommer kommen uns die tiefen Keller
kalt vor, und im Winter ſcheinen ſie uns warm.
Die Uhrſache hiervon iſt, weil wir allemahl aus ent-
gegengeſetzten Empfindungen der obern Luft in den
Keller kommen; und im Verhaͤltniß dieſer ganz ge-
genſeitigen Empfindungen ſcheinen uns die tiefen Kel-
ler im Sommer kalt, und im Winter warm. Da-
hero haͤtte der Verfaſſer auf dieſe ſo betruͤglichen Em-
pfindungen nicht bauen und ſein wichtiges Lehrgebaͤu-
de darauf gruͤnden ſollen; ſondern wenn er gruͤndlich
haͤtte urtheilen wollen, ſo haͤtte er bey ſeinen geruͤhm-
ten ſo vielfachen Erfahrungen der Gruben ein richti-

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[153/0181] der Erde ein unterirrdiſches Feuer iſt. ſeinen Mittelpunct aus nichts, als aus abwechſelnden Erd- und Steinlagen beſtuͤnde, nicht eben ſo viel Grund vor ſich haben, als wenn der Verfaſſer aus einer zwey bis dreyhundert Lachtern tiefen Eingrabung in Gebirgen dreiſt behaupten will, der ganze Erdcoͤr- per bis in ſeinen Mittelpunct beſtuͤnde aus nichts, als aus Felſen und Waſſer. Man ſiehet alſo klar, daß es alles nur ganz ſchwache Sachen ſind, was der Ver- faſſer mit einer zuverſichtlichen Miene vortraͤgt. Was die groͤßere Kaͤlte anbetrifft, die wir em- pfinden ſollen, wenn wir immer tiefer mit dem Berg- bau in die Erde eintringen; ſo kann man zur Zeit noch nicht wiſſen, worauf der Verfaſſer dieſes Vor- geben von einer groͤßern Kaͤlte gruͤndet, oder wo- durch derſelbe ſolches zu beweiſen vermeynet. Ver- muthlich verlaͤßt er ſich hierinnen bloß auf ſeine eignen Empfindungen. Allein, dieſe ſind ſehr betruͤglich, ſo, wie ſie es hierinnen bey allen andern Menſchen ſind. Jm Sommer kommen uns die tiefen Keller kalt vor, und im Winter ſcheinen ſie uns warm. Die Uhrſache hiervon iſt, weil wir allemahl aus ent- gegengeſetzten Empfindungen der obern Luft in den Keller kommen; und im Verhaͤltniß dieſer ganz ge- genſeitigen Empfindungen ſcheinen uns die tiefen Kel- ler im Sommer kalt, und im Winter warm. Da- hero haͤtte der Verfaſſer auf dieſe ſo betruͤglichen Em- pfindungen nicht bauen und ſein wichtiges Lehrgebaͤu- de darauf gruͤnden ſollen; ſondern wenn er gruͤndlich haͤtte urtheilen wollen, ſo haͤtte er bey ſeinen geruͤhm- ten ſo vielfachen Erfahrungen der Gruben ein richti- ges K 5

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/181>, abgerufen am 01.05.2024.