Annäherung des unterirrdischen Feuers nach der Ober- fläche veruhrsachet worden ist.
Man muß in gewisser Maaße auch die großen und erschrecklichen Erdbeben, welche ganze weite Län- der verwüsten und zu Grunde richten, hieher rechnen. Außer denen ohnzuverläßigen Nachrichten in denen äl- testen Zeiten weis man, daß Klein-Asien in dem er- sten und zweyten Jahrhunderte nach Christi Geburth dreymahl von dergleichen erschrecklichen Erdbeben gänzlich verwüstet, und gleichsam in einen Steinhau- fen verwandelt worden. Alle Städte in einem so weiten Bezirke von Ländern, welche ehedem die alten Königreiche, Bithynien, Phrygien, Paphlagonien und verschiedene andere ansehnliche Königreiche aus- machten, wurden gänzlich über den Haufen gestürzet und zu bloßen Steinhaufen gemacht. Hier ist es um gar keine Muthmaßungen und ungewisse Begebenhei- ten zu thun. Von diesem Zeitraume haben wir die allerzuverläßigsten und umständlichsten Nachrichten von damahls lebenden Geschichtschreibern. Tacitus giebt uns sowohl von diesem erschrecklichen Erdbeben, das sich unter der Regierung des Augusts zugetragen hat, als von demjenigen, das sich noch nicht funfzig Jahre hernach unter der Regierung des Tiberius er- eignete, die ausführlichsten Nachrichten, die selbst aus denen Berichten an beyde Kaiser und an den Senat gezogen sind; und man erkennet daraus die weite Erstreckung der großen Verwüstung dieser er- staunlichen Erdbeben. Er berichtet, was sowohl Au- gust als Tiberius zu Unterstützung der dadurch elend
gemach-
III. Abſchn. Ob der Erdcoͤrper
Annaͤherung des unterirrdiſchen Feuers nach der Ober- flaͤche veruhrſachet worden iſt.
Man muß in gewiſſer Maaße auch die großen und erſchrecklichen Erdbeben, welche ganze weite Laͤn- der verwuͤſten und zu Grunde richten, hieher rechnen. Außer denen ohnzuverlaͤßigen Nachrichten in denen aͤl- teſten Zeiten weis man, daß Klein-Aſien in dem er- ſten und zweyten Jahrhunderte nach Chriſti Geburth dreymahl von dergleichen erſchrecklichen Erdbeben gaͤnzlich verwuͤſtet, und gleichſam in einen Steinhau- fen verwandelt worden. Alle Staͤdte in einem ſo weiten Bezirke von Laͤndern, welche ehedem die alten Koͤnigreiche, Bithynien, Phrygien, Paphlagonien und verſchiedene andere anſehnliche Koͤnigreiche aus- machten, wurden gaͤnzlich uͤber den Haufen geſtuͤrzet und zu bloßen Steinhaufen gemacht. Hier iſt es um gar keine Muthmaßungen und ungewiſſe Begebenhei- ten zu thun. Von dieſem Zeitraume haben wir die allerzuverlaͤßigſten und umſtaͤndlichſten Nachrichten von damahls lebenden Geſchichtſchreibern. Tacitus giebt uns ſowohl von dieſem erſchrecklichen Erdbeben, das ſich unter der Regierung des Auguſts zugetragen hat, als von demjenigen, das ſich noch nicht funfzig Jahre hernach unter der Regierung des Tiberius er- eignete, die ausfuͤhrlichſten Nachrichten, die ſelbſt aus denen Berichten an beyde Kaiſer und an den Senat gezogen ſind; und man erkennet daraus die weite Erſtreckung der großen Verwuͤſtung dieſer er- ſtaunlichen Erdbeben. Er berichtet, was ſowohl Au- guſt als Tiberius zu Unterſtuͤtzung der dadurch elend
gemach-
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III. Abſchn. Ob der Erdcoͤrper
Annaͤherung des unterirrdiſchen Feuers nach der Ober-
flaͤche veruhrſachet worden iſt.
Man muß in gewiſſer Maaße auch die großen
und erſchrecklichen Erdbeben, welche ganze weite Laͤn-
der verwuͤſten und zu Grunde richten, hieher rechnen.
Außer denen ohnzuverlaͤßigen Nachrichten in denen aͤl-
teſten Zeiten weis man, daß Klein-Aſien in dem er-
ſten und zweyten Jahrhunderte nach Chriſti Geburth
dreymahl von dergleichen erſchrecklichen Erdbeben
gaͤnzlich verwuͤſtet, und gleichſam in einen Steinhau-
fen verwandelt worden. Alle Staͤdte in einem ſo
weiten Bezirke von Laͤndern, welche ehedem die alten
Koͤnigreiche, Bithynien, Phrygien, Paphlagonien
und verſchiedene andere anſehnliche Koͤnigreiche aus-
machten, wurden gaͤnzlich uͤber den Haufen geſtuͤrzet
und zu bloßen Steinhaufen gemacht. Hier iſt es um
gar keine Muthmaßungen und ungewiſſe Begebenhei-
ten zu thun. Von dieſem Zeitraume haben wir die
allerzuverlaͤßigſten und umſtaͤndlichſten Nachrichten
von damahls lebenden Geſchichtſchreibern. Tacitus
giebt uns ſowohl von dieſem erſchrecklichen Erdbeben,
das ſich unter der Regierung des Auguſts zugetragen
hat, als von demjenigen, das ſich noch nicht funfzig
Jahre hernach unter der Regierung des Tiberius er-
eignete, die ausfuͤhrlichſten Nachrichten, die ſelbſt
aus denen Berichten an beyde Kaiſer und an den
Senat gezogen ſind; und man erkennet daraus die
weite Erſtreckung der großen Verwuͤſtung dieſer er-
ſtaunlichen Erdbeben. Er berichtet, was ſowohl Au-
guſt als Tiberius zu Unterſtuͤtzung der dadurch elend
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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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