Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.III. Abschn. Ob der Erdcörper die nachherige gänzliche Entvölkerung von Spanien,achthundert und dreyßig Jahr gedauret habe, und daß dennoch Spanien viele Jahrhunderte vor Christi Geburth schon wiederum stark bewohnet, und ein sehr wohl bevölkertes Land gewesen seyn könne. Denn wir finden ohngezweifelte Nachrichten in denen Ge- schichten, daß zur Zeit, als die Carthagienenser sich in Spanien festgesetzet haben, dieses Land bereits von zahlreichen und blühenden Völkern bewohnet ge- wesen sey. Die schleunige Vermehrung der Men- schen nach der Sündfluth läßt sich zwar leicht durch willkührlich angenommene Sätze auf dem Papier ent- werfen; allein, ein gewisser französischer Schriftsteller hat die Anmerkung gemacht, daß die Menschen nicht so leicht zu machen sind, als sich ihre Vermehrung auf dem Papiere vorstellen läßt; und mich deucht, er hat ganz recht. Wenn man über diese Nachrichten der Geschichte Betrachtungen anstellet; so lernet man diese Begebenheit solchergestalt einsehen, als sie sich ereignet haben muß, wenn anders die Hauptumstän- de so beschaffen sind, als sie in der Geschichte gemel- det werden. Daß Spanien wegen einer großen Dür- re und Brandes von allen Einwohnern verlassen wor- den, das ist wohl der Umstand in der Geschichte, an welchem nicht gezweifelt werden kann, und wenn sich die Dürre allein ohne Brand ereignet hätte; so wür- den gewiß nicht alle Menschen ihr Vaterland verlassen haben: denn die tiefsten Brunnen konnten von der Sonnenhitze gewiß nicht ausgetrocknet werden. Al- lein, man darf nur einige Ueberlegung anwenden, um einzusehen, daß der Brand des ganzen Landes nicht
III. Abſchn. Ob der Erdcoͤrper die nachherige gaͤnzliche Entvoͤlkerung von Spanien,achthundert und dreyßig Jahr gedauret habe, und daß dennoch Spanien viele Jahrhunderte vor Chriſti Geburth ſchon wiederum ſtark bewohnet, und ein ſehr wohl bevoͤlkertes Land geweſen ſeyn koͤnne. Denn wir finden ohngezweifelte Nachrichten in denen Ge- ſchichten, daß zur Zeit, als die Carthagienenſer ſich in Spanien feſtgeſetzet haben, dieſes Land bereits von zahlreichen und bluͤhenden Voͤlkern bewohnet ge- weſen ſey. Die ſchleunige Vermehrung der Men- ſchen nach der Suͤndfluth laͤßt ſich zwar leicht durch willkuͤhrlich angenommene Saͤtze auf dem Papier ent- werfen; allein, ein gewiſſer franzoͤſiſcher Schriftſteller hat die Anmerkung gemacht, daß die Menſchen nicht ſo leicht zu machen ſind, als ſich ihre Vermehrung auf dem Papiere vorſtellen laͤßt; und mich deucht, er hat ganz recht. Wenn man uͤber dieſe Nachrichten der Geſchichte Betrachtungen anſtellet; ſo lernet man dieſe Begebenheit ſolchergeſtalt einſehen, als ſie ſich ereignet haben muß, wenn anders die Hauptumſtaͤn- de ſo beſchaffen ſind, als ſie in der Geſchichte gemel- det werden. Daß Spanien wegen einer großen Duͤr- re und Brandes von allen Einwohnern verlaſſen wor- den, das iſt wohl der Umſtand in der Geſchichte, an welchem nicht gezweifelt werden kann, und wenn ſich die Duͤrre allein ohne Brand ereignet haͤtte; ſo wuͤr- den gewiß nicht alle Menſchen ihr Vaterland verlaſſen haben: denn die tiefſten Brunnen konnten von der Sonnenhitze gewiß nicht ausgetrocknet werden. Al- lein, man darf nur einige Ueberlegung anwenden, um einzuſehen, daß der Brand des ganzen Landes nicht
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III. Abſchn. Ob der Erdcoͤrper
die nachherige gaͤnzliche Entvoͤlkerung von Spanien,
achthundert und dreyßig Jahr gedauret habe, und
daß dennoch Spanien viele Jahrhunderte vor Chriſti
Geburth ſchon wiederum ſtark bewohnet, und ein ſehr
wohl bevoͤlkertes Land geweſen ſeyn koͤnne. Denn
wir finden ohngezweifelte Nachrichten in denen Ge-
ſchichten, daß zur Zeit, als die Carthagienenſer ſich
in Spanien feſtgeſetzet haben, dieſes Land bereits
von zahlreichen und bluͤhenden Voͤlkern bewohnet ge-
weſen ſey. Die ſchleunige Vermehrung der Men-
ſchen nach der Suͤndfluth laͤßt ſich zwar leicht durch
willkuͤhrlich angenommene Saͤtze auf dem Papier ent-
werfen; allein, ein gewiſſer franzoͤſiſcher Schriftſteller
hat die Anmerkung gemacht, daß die Menſchen nicht
ſo leicht zu machen ſind, als ſich ihre Vermehrung
auf dem Papiere vorſtellen laͤßt; und mich deucht, er
hat ganz recht. Wenn man uͤber dieſe Nachrichten
der Geſchichte Betrachtungen anſtellet; ſo lernet man
dieſe Begebenheit ſolchergeſtalt einſehen, als ſie ſich
ereignet haben muß, wenn anders die Hauptumſtaͤn-
de ſo beſchaffen ſind, als ſie in der Geſchichte gemel-
det werden. Daß Spanien wegen einer großen Duͤr-
re und Brandes von allen Einwohnern verlaſſen wor-
den, das iſt wohl der Umſtand in der Geſchichte, an
welchem nicht gezweifelt werden kann, und wenn ſich
die Duͤrre allein ohne Brand ereignet haͤtte; ſo wuͤr-
den gewiß nicht alle Menſchen ihr Vaterland verlaſſen
haben: denn die tiefſten Brunnen konnten von der
Sonnenhitze gewiß nicht ausgetrocknet werden. Al-
lein, man darf nur einige Ueberlegung anwenden,
um einzuſehen, daß der Brand des ganzen Landes
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