Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abschn. Ob der Erdcörper

Jch will mich nicht aufhalten, alle andere Merk-
zeichen und Spuhren aus denen Natur- und Reisebe-
schreibern mühsam aufzusuchen, die etwan einige An-
zeige und Vermuthung von einem ehedem in dem Erd-
cörper gewesenen Brande an die Hand geben möch-
ten. Diese Bemerkungen sind selten, und es hat
gar keinen Anschein, daß daraus eine wirkliche Ueber-
zeugung zusammengebracht werden könnte, daß unser
Erdcörper ehedem eine Sonne, oder ein brennender
Comet gewesen; dergleichen Entzündungen oder Brand
in dieser oder jener besondern Gegend des Erdcörpers
sind keinesweges zureichend zu beweisen, daß derselbe
einstmahls allgemein im Brande gestanden habe. Um
dieses zu erläutern, will ich eine Begebenheit aus
der Geschichte anführen, die ganz ohngezweifelt zu
der Geschichte unserer jetzigen Zeitrechnung ge-
höret.

Die ältesten Geschichtschreiber versichern allgemein,
daß, nachdem Spanien, oder das damahls so genannte
Jberien, eine Zeitlang genugsam bewohnet gewesen,
eine große und dreyßigjährige Dürre eingefallen, bin-
nen welcher Zeit es in Spanien niemahls geregnet
habe. Diese langwierige Dürre habe endlich die
Wirkung nach sich gezogen, daß alle Städte und Dör-
fer von selbst zu brennen angefangen hätten; die Wäl-
der wären gleichfalls in Brand gerathen, und diese
Entzündung habe sich endlich auf alle Gebirge und auf
das ganze Land erstrecket. Da alle Einwohner wegen
dieser langen Dürre und der darauf erfolgten Entzün-
dung die Flucht genommen, und das Land verlassen
hätten, so sey Spanien ganzer achthundert Jahr un-

bewohnet
III. Abſchn. Ob der Erdcoͤrper

Jch will mich nicht aufhalten, alle andere Merk-
zeichen und Spuhren aus denen Natur- und Reiſebe-
ſchreibern muͤhſam aufzuſuchen, die etwan einige An-
zeige und Vermuthung von einem ehedem in dem Erd-
coͤrper geweſenen Brande an die Hand geben moͤch-
ten. Dieſe Bemerkungen ſind ſelten, und es hat
gar keinen Anſchein, daß daraus eine wirkliche Ueber-
zeugung zuſammengebracht werden koͤnnte, daß unſer
Erdcoͤrper ehedem eine Sonne, oder ein brennender
Comet geweſen; dergleichen Entzuͤndungen oder Brand
in dieſer oder jener beſondern Gegend des Erdcoͤrpers
ſind keinesweges zureichend zu beweiſen, daß derſelbe
einſtmahls allgemein im Brande geſtanden habe. Um
dieſes zu erlaͤutern, will ich eine Begebenheit aus
der Geſchichte anfuͤhren, die ganz ohngezweifelt zu
der Geſchichte unſerer jetzigen Zeitrechnung ge-
hoͤret.

Die aͤlteſten Geſchichtſchreiber verſichern allgemein,
daß, nachdem Spanien, oder das damahls ſo genannte
Jberien, eine Zeitlang genugſam bewohnet geweſen,
eine große und dreyßigjaͤhrige Duͤrre eingefallen, bin-
nen welcher Zeit es in Spanien niemahls geregnet
habe. Dieſe langwierige Duͤrre habe endlich die
Wirkung nach ſich gezogen, daß alle Staͤdte und Doͤr-
fer von ſelbſt zu brennen angefangen haͤtten; die Waͤl-
der waͤren gleichfalls in Brand gerathen, und dieſe
Entzuͤndung habe ſich endlich auf alle Gebirge und auf
das ganze Land erſtrecket. Da alle Einwohner wegen
dieſer langen Duͤrre und der darauf erfolgten Entzuͤn-
dung die Flucht genommen, und das Land verlaſſen
haͤtten, ſo ſey Spanien ganzer achthundert Jahr un-

bewohnet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0138" n="110"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chn. Ob der Erdco&#x0364;rper</hi> </fw><lb/>
          <p>Jch will mich nicht aufhalten, alle andere Merk-<lb/>
zeichen und Spuhren aus denen Natur- und Rei&#x017F;ebe-<lb/>
&#x017F;chreibern mu&#x0364;h&#x017F;am aufzu&#x017F;uchen, die etwan einige An-<lb/>
zeige und Vermuthung von einem ehedem in dem Erd-<lb/>
co&#x0364;rper gewe&#x017F;enen Brande an die Hand geben mo&#x0364;ch-<lb/>
ten. Die&#x017F;e Bemerkungen &#x017F;ind &#x017F;elten, und es hat<lb/>
gar keinen An&#x017F;chein, daß daraus eine wirkliche Ueber-<lb/>
zeugung zu&#x017F;ammengebracht werden ko&#x0364;nnte, daß un&#x017F;er<lb/>
Erdco&#x0364;rper ehedem eine Sonne, oder ein brennender<lb/>
Comet gewe&#x017F;en; dergleichen Entzu&#x0364;ndungen oder Brand<lb/>
in die&#x017F;er oder jener be&#x017F;ondern Gegend des Erdco&#x0364;rpers<lb/>
&#x017F;ind keinesweges zureichend zu bewei&#x017F;en, daß der&#x017F;elbe<lb/>
ein&#x017F;tmahls allgemein im Brande ge&#x017F;tanden habe. Um<lb/>
die&#x017F;es zu erla&#x0364;utern, will ich eine Begebenheit aus<lb/>
der Ge&#x017F;chichte anfu&#x0364;hren, die ganz ohngezweifelt zu<lb/>
der Ge&#x017F;chichte un&#x017F;erer jetzigen Zeitrechnung ge-<lb/>
ho&#x0364;ret.</p><lb/>
          <p>Die a&#x0364;lte&#x017F;ten Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber ver&#x017F;ichern allgemein,<lb/>
daß, nachdem Spanien, oder das damahls &#x017F;o genannte<lb/>
Jberien, eine Zeitlang genug&#x017F;am bewohnet gewe&#x017F;en,<lb/>
eine große und dreyßigja&#x0364;hrige Du&#x0364;rre eingefallen, bin-<lb/>
nen welcher Zeit es in Spanien niemahls geregnet<lb/>
habe. Die&#x017F;e langwierige Du&#x0364;rre habe endlich die<lb/>
Wirkung nach &#x017F;ich gezogen, daß alle Sta&#x0364;dte und Do&#x0364;r-<lb/>
fer von &#x017F;elb&#x017F;t zu brennen angefangen ha&#x0364;tten; die Wa&#x0364;l-<lb/>
der wa&#x0364;ren gleichfalls in Brand gerathen, und die&#x017F;e<lb/>
Entzu&#x0364;ndung habe &#x017F;ich endlich auf alle Gebirge und auf<lb/>
das ganze Land er&#x017F;trecket. Da alle Einwohner wegen<lb/>
die&#x017F;er langen Du&#x0364;rre und der darauf erfolgten Entzu&#x0364;n-<lb/>
dung die Flucht genommen, und das Land verla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ha&#x0364;tten, &#x017F;o &#x017F;ey Spanien ganzer achthundert Jahr un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bewohnet</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0138] III. Abſchn. Ob der Erdcoͤrper Jch will mich nicht aufhalten, alle andere Merk- zeichen und Spuhren aus denen Natur- und Reiſebe- ſchreibern muͤhſam aufzuſuchen, die etwan einige An- zeige und Vermuthung von einem ehedem in dem Erd- coͤrper geweſenen Brande an die Hand geben moͤch- ten. Dieſe Bemerkungen ſind ſelten, und es hat gar keinen Anſchein, daß daraus eine wirkliche Ueber- zeugung zuſammengebracht werden koͤnnte, daß unſer Erdcoͤrper ehedem eine Sonne, oder ein brennender Comet geweſen; dergleichen Entzuͤndungen oder Brand in dieſer oder jener beſondern Gegend des Erdcoͤrpers ſind keinesweges zureichend zu beweiſen, daß derſelbe einſtmahls allgemein im Brande geſtanden habe. Um dieſes zu erlaͤutern, will ich eine Begebenheit aus der Geſchichte anfuͤhren, die ganz ohngezweifelt zu der Geſchichte unſerer jetzigen Zeitrechnung ge- hoͤret. Die aͤlteſten Geſchichtſchreiber verſichern allgemein, daß, nachdem Spanien, oder das damahls ſo genannte Jberien, eine Zeitlang genugſam bewohnet geweſen, eine große und dreyßigjaͤhrige Duͤrre eingefallen, bin- nen welcher Zeit es in Spanien niemahls geregnet habe. Dieſe langwierige Duͤrre habe endlich die Wirkung nach ſich gezogen, daß alle Staͤdte und Doͤr- fer von ſelbſt zu brennen angefangen haͤtten; die Waͤl- der waͤren gleichfalls in Brand gerathen, und dieſe Entzuͤndung habe ſich endlich auf alle Gebirge und auf das ganze Land erſtrecket. Da alle Einwohner wegen dieſer langen Duͤrre und der darauf erfolgten Entzuͤn- dung die Flucht genommen, und das Land verlaſſen haͤtten, ſo ſey Spanien ganzer achthundert Jahr un- bewohnet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/138
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/138>, abgerufen am 03.05.2024.