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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

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muß. Es sollte also alle seine fremde Waaren, die es
durch unser Land führet, aus unsrer Hand nehmen.
Will es uns diesen Vortheil nicht gönnen; so sind wir
auch nicht schuldig, seinen Vortheil zu befördern, son-
dern wir sind befugt, seinen gesuchten Vortheil durch
starke Zölle schwehr zu machen. Jedermann hat ein
Recht zuförderst seinen Vortheil zu suchen, in so fern
er Niemand beleidiget und solches mit seinen Pflichten
und eingegangenen Verbindlichkeiten bestehen kann.
Alle Menschen verfahren auch nicht anders. Ein jeder
siehet auf seinen Vortheil. Niemand kann ihm die-
ses übel nehmen. Diejenigen, die dieses nicht thun,
sind uneigennützig und großmüthig. Allein die
Uneigennützigkeit und Großmüthigkeit ist keine Eigen-
schaft der Völker. Eine weise Regierung muß den
Nutzen des Volkes vor Augen haben. Dieses erfor-
dert der Endzweck der Republiken, welcher die höchst-
möglichste gemeinschaftliche Glückseeligkeit ist. Ein
Staat kann niemals zu viel Glückseeligkeit erlangen.
Wenn man diese Sätze erwäget; so wird man die
neuern Handelsstreitigkeiten zwischen Preußen und
Sachsen beurtheilen können. Sachsen hat die Durch-
fuhre seiner Waaren durch die preußischen Lande nö-
thig. Preußen hat in Ansehung der Zölle freye Hände
und gegen Sachsen keine Verbindlichkeiten. Sachsen
suchet seinen Vortheil durch einen unmittelbaren Han-
del nach Hamburg, und weiter; und Preußen glau-
bet, daß es nicht schuldig sey den Vortheil von Sach-
sen mit Außerachtsetzung seines eigenen zu befördern.
Sachsen verlanget von Preußen Gefälligkeiten und

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der Manufacturen und Fabriken.
muß. Es ſollte alſo alle ſeine fremde Waaren, die es
durch unſer Land fuͤhret, aus unſrer Hand nehmen.
Will es uns dieſen Vortheil nicht goͤnnen; ſo ſind wir
auch nicht ſchuldig, ſeinen Vortheil zu befoͤrdern, ſon-
dern wir ſind befugt, ſeinen geſuchten Vortheil durch
ſtarke Zoͤlle ſchwehr zu machen. Jedermann hat ein
Recht zufoͤrderſt ſeinen Vortheil zu ſuchen, in ſo fern
er Niemand beleidiget und ſolches mit ſeinen Pflichten
und eingegangenen Verbindlichkeiten beſtehen kann.
Alle Menſchen verfahren auch nicht anders. Ein jeder
ſiehet auf ſeinen Vortheil. Niemand kann ihm die-
ſes uͤbel nehmen. Diejenigen, die dieſes nicht thun,
ſind uneigennuͤtzig und großmuͤthig. Allein die
Uneigennuͤtzigkeit und Großmuͤthigkeit iſt keine Eigen-
ſchaft der Voͤlker. Eine weiſe Regierung muß den
Nutzen des Volkes vor Augen haben. Dieſes erfor-
dert der Endzweck der Republiken, welcher die hoͤchſt-
moͤglichſte gemeinſchaftliche Gluͤckſeeligkeit iſt. Ein
Staat kann niemals zu viel Gluͤckſeeligkeit erlangen.
Wenn man dieſe Saͤtze erwaͤget; ſo wird man die
neuern Handelsſtreitigkeiten zwiſchen Preußen und
Sachſen beurtheilen koͤnnen. Sachſen hat die Durch-
fuhre ſeiner Waaren durch die preußiſchen Lande noͤ-
thig. Preußen hat in Anſehung der Zoͤlle freye Haͤnde
und gegen Sachſen keine Verbindlichkeiten. Sachſen
ſuchet ſeinen Vortheil durch einen unmittelbaren Han-
del nach Hamburg, und weiter; und Preußen glau-
bet, daß es nicht ſchuldig ſey den Vortheil von Sach-
ſen mit Außerachtſetzung ſeines eigenen zu befoͤrdern.
Sachſen verlanget von Preußen Gefaͤlligkeiten und

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[169/0197] der Manufacturen und Fabriken. muß. Es ſollte alſo alle ſeine fremde Waaren, die es durch unſer Land fuͤhret, aus unſrer Hand nehmen. Will es uns dieſen Vortheil nicht goͤnnen; ſo ſind wir auch nicht ſchuldig, ſeinen Vortheil zu befoͤrdern, ſon- dern wir ſind befugt, ſeinen geſuchten Vortheil durch ſtarke Zoͤlle ſchwehr zu machen. Jedermann hat ein Recht zufoͤrderſt ſeinen Vortheil zu ſuchen, in ſo fern er Niemand beleidiget und ſolches mit ſeinen Pflichten und eingegangenen Verbindlichkeiten beſtehen kann. Alle Menſchen verfahren auch nicht anders. Ein jeder ſiehet auf ſeinen Vortheil. Niemand kann ihm die- ſes uͤbel nehmen. Diejenigen, die dieſes nicht thun, ſind uneigennuͤtzig und großmuͤthig. Allein die Uneigennuͤtzigkeit und Großmuͤthigkeit iſt keine Eigen- ſchaft der Voͤlker. Eine weiſe Regierung muß den Nutzen des Volkes vor Augen haben. Dieſes erfor- dert der Endzweck der Republiken, welcher die hoͤchſt- moͤglichſte gemeinſchaftliche Gluͤckſeeligkeit iſt. Ein Staat kann niemals zu viel Gluͤckſeeligkeit erlangen. Wenn man dieſe Saͤtze erwaͤget; ſo wird man die neuern Handelsſtreitigkeiten zwiſchen Preußen und Sachſen beurtheilen koͤnnen. Sachſen hat die Durch- fuhre ſeiner Waaren durch die preußiſchen Lande noͤ- thig. Preußen hat in Anſehung der Zoͤlle freye Haͤnde und gegen Sachſen keine Verbindlichkeiten. Sachſen ſuchet ſeinen Vortheil durch einen unmittelbaren Han- del nach Hamburg, und weiter; und Preußen glau- bet, daß es nicht ſchuldig ſey den Vortheil von Sach- ſen mit Außerachtſetzung ſeines eigenen zu befoͤrdern. Sachſen verlanget von Preußen Gefaͤlligkeiten und Preu- L 5

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/197>, abgerufen am 27.04.2024.