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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

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III. Absch. von denen Beförderungsmitteln
kann demnach vielweniger von einem Volke verlangen,
daß es mit seinem Schaden andern Völkern Gefällig-
keiten erzeigen soll. Es gereichet aber allerdings zum
Nachtheil eines Volkes, wenn man ihm den Debit sei-
ner Landeswaaren schwächet, und doch die nämlichen
oder die ähnlichen Waaren, die man von demselben
kaufen könnte, durch sein Land führen will. Das be-
nachbarte Volk, das also verfähret, giebt dadurch zu
erkennen, daß es wenig Betracht und Gefälligkeit vor
uns hat. Wie kann es also von uns die Gefälligkeit
erwarten, daß wir mit Außerachtsetzung unseres eige-
nen Vortheils ihren Nutzen oder ihren Eigensinn beför-
dern sollen. Denn es geschiehet entweder aus Vor-
theil oder aus Eigensinn, daß sie unsere Landeswaaren
nicht kaufen wollen. Daß wir andern Völkern un-
sere Meere, Flüße und Landstraßen gebrauchen laßen,
ist unstreitig eine Gefälligkeit, nicht aber eine Schul-
digkeit. Das Völkerrecht kann uns eine solche Durch-
fuhre der Waaren nicht auferlegen, als in so ferne sie
mit unsern Nutzen, nicht aber mit unsern Schaden ver-
bunden ist. Ja es kann uns hierinnen überhaupt nichts
vorschreiben, als in so fern wir Gegengefälligkeiten erwar-
ten, oder Repreßalien zu befürchten haben. Die Völ-
ker würden sonst kein freyes Eigenthum haben. Ein
Volk, das mit fremden Völkern keinen Handel treiben
kann, als sich der Durchfuhre durch unser Land zu ge-
brauchen, wird schon durch die natürliche Beschaffen-
heit seiner Lage angewiesen, daß es mit andern Völkern
nicht unmittelbar handeln kann, sondern daß es durch
unser Mittel und Hände mit ihnen Commercien treiben

muß.

III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln
kann demnach vielweniger von einem Volke verlangen,
daß es mit ſeinem Schaden andern Voͤlkern Gefaͤllig-
keiten erzeigen ſoll. Es gereichet aber allerdings zum
Nachtheil eines Volkes, wenn man ihm den Debit ſei-
ner Landeswaaren ſchwaͤchet, und doch die naͤmlichen
oder die aͤhnlichen Waaren, die man von demſelben
kaufen koͤnnte, durch ſein Land fuͤhren will. Das be-
nachbarte Volk, das alſo verfaͤhret, giebt dadurch zu
erkennen, daß es wenig Betracht und Gefaͤlligkeit vor
uns hat. Wie kann es alſo von uns die Gefaͤlligkeit
erwarten, daß wir mit Außerachtſetzung unſeres eige-
nen Vortheils ihren Nutzen oder ihren Eigenſinn befoͤr-
dern ſollen. Denn es geſchiehet entweder aus Vor-
theil oder aus Eigenſinn, daß ſie unſere Landeswaaren
nicht kaufen wollen. Daß wir andern Voͤlkern un-
ſere Meere, Fluͤße und Landſtraßen gebrauchen laßen,
iſt unſtreitig eine Gefaͤlligkeit, nicht aber eine Schul-
digkeit. Das Voͤlkerrecht kann uns eine ſolche Durch-
fuhre der Waaren nicht auferlegen, als in ſo ferne ſie
mit unſern Nutzen, nicht aber mit unſern Schaden ver-
bunden iſt. Ja es kann uns hierinnen uͤberhaupt nichts
vorſchreiben, als in ſo fern wir Gegengefaͤlligkeiten erwar-
ten, oder Repreßalien zu befuͤrchten haben. Die Voͤl-
ker wuͤrden ſonſt kein freyes Eigenthum haben. Ein
Volk, das mit fremden Voͤlkern keinen Handel treiben
kann, als ſich der Durchfuhre durch unſer Land zu ge-
brauchen, wird ſchon durch die natuͤrliche Beſchaffen-
heit ſeiner Lage angewieſen, daß es mit andern Voͤlkern
nicht unmittelbar handeln kann, ſondern daß es durch
unſer Mittel und Haͤnde mit ihnen Commercien treiben

muß.
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[168/0196] III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln kann demnach vielweniger von einem Volke verlangen, daß es mit ſeinem Schaden andern Voͤlkern Gefaͤllig- keiten erzeigen ſoll. Es gereichet aber allerdings zum Nachtheil eines Volkes, wenn man ihm den Debit ſei- ner Landeswaaren ſchwaͤchet, und doch die naͤmlichen oder die aͤhnlichen Waaren, die man von demſelben kaufen koͤnnte, durch ſein Land fuͤhren will. Das be- nachbarte Volk, das alſo verfaͤhret, giebt dadurch zu erkennen, daß es wenig Betracht und Gefaͤlligkeit vor uns hat. Wie kann es alſo von uns die Gefaͤlligkeit erwarten, daß wir mit Außerachtſetzung unſeres eige- nen Vortheils ihren Nutzen oder ihren Eigenſinn befoͤr- dern ſollen. Denn es geſchiehet entweder aus Vor- theil oder aus Eigenſinn, daß ſie unſere Landeswaaren nicht kaufen wollen. Daß wir andern Voͤlkern un- ſere Meere, Fluͤße und Landſtraßen gebrauchen laßen, iſt unſtreitig eine Gefaͤlligkeit, nicht aber eine Schul- digkeit. Das Voͤlkerrecht kann uns eine ſolche Durch- fuhre der Waaren nicht auferlegen, als in ſo ferne ſie mit unſern Nutzen, nicht aber mit unſern Schaden ver- bunden iſt. Ja es kann uns hierinnen uͤberhaupt nichts vorſchreiben, als in ſo fern wir Gegengefaͤlligkeiten erwar- ten, oder Repreßalien zu befuͤrchten haben. Die Voͤl- ker wuͤrden ſonſt kein freyes Eigenthum haben. Ein Volk, das mit fremden Voͤlkern keinen Handel treiben kann, als ſich der Durchfuhre durch unſer Land zu ge- brauchen, wird ſchon durch die natuͤrliche Beſchaffen- heit ſeiner Lage angewieſen, daß es mit andern Voͤlkern nicht unmittelbar handeln kann, ſondern daß es durch unſer Mittel und Haͤnde mit ihnen Commercien treiben muß.

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/196>, abgerufen am 27.04.2024.