§. 392. Fortwährende Uneinigkeit macht die fortdauernden Befehle des Siegers noth- wendig, man überträgt ihm die gesezgeben- de Gewalt des Schuzes auf eine Zeitlang, oder gar auf immer, nach und nach; wenn er ein weiser Mann ist, so bekommt er die gesezgebende Gewalt des Staates auch, man macht Verträge mit ihm, und er wird Al- leinherrscher.
§. 393. Ein Held, ein Heerführer, ein Fürst führt Kriege. Heldenmuth, Kraft und Geistesstärke verpaart mit Herrsch- und Ruhm- sucht, verleiten ihn, Eroberungen zu machen, er unterwirft sich Länder und Staaten, er- obert die gesezgebende Kraft, und bedient sich derselben willkührlich. Jn diesem Falle entsteht die unumschränkte Alleinherrschung (Ratio Status absolute Monarchie), in wel- cher der blose Wille des Fürsten, ohne Rück- sicht auf Geseze, das eigentliche Gesez des Staates ist .
* Wie weit Eroberungen gerecht sind, ist eine kritische Frage. Zwischen Gustav Wasa und Pizarra sind viele Stuffen des Rechtes und Unrechtes.
§. 394.
N 2
Staatswiſſenſchaft
§. 392. Fortwaͤhrende Uneinigkeit macht die fortdauernden Befehle des Siegers noth- wendig, man uͤbertraͤgt ihm die geſezgeben- de Gewalt des Schuzes auf eine Zeitlang, oder gar auf immer, nach und nach; wenn er ein weiſer Mann iſt, ſo bekommt er die geſezgebende Gewalt des Staates auch, man macht Vertraͤge mit ihm, und er wird Al- leinherrſcher.
§. 393. Ein Held, ein Heerfuͤhrer, ein Fuͤrſt fuͤhrt Kriege. Heldenmuth, Kraft und Geiſtesſtaͤrke verpaart mit Herrſch- und Ruhm- ſucht, verleiten ihn, Eroberungen zu machen, er unterwirft ſich Laͤnder und Staaten, er- obert die geſezgebende Kraft, und bedient ſich derſelben willkuͤhrlich. Jn dieſem Falle entſteht die unumſchraͤnkte Alleinherrſchung (Ratio Status abſolute Monarchie), in wel- cher der bloſe Wille des Fuͤrſten, ohne Ruͤck- ſicht auf Geſeze, das eigentliche Geſez des Staates iſt .
* Wie weit Eroberungen gerecht ſind, iſt eine kritiſche Frage. Zwiſchen Guſtav Waſa und Pizarra ſind viele Stuffen des Rechtes und Unrechtes.
§. 394.
N 2
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Staatswiſſenſchaft
§. 392. Fortwaͤhrende Uneinigkeit macht
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wendig, man uͤbertraͤgt ihm die geſezgeben-
de Gewalt des Schuzes auf eine Zeitlang,
oder gar auf immer, nach und nach; wenn
er ein weiſer Mann iſt, ſo bekommt er die
geſezgebende Gewalt des Staates auch, man
macht Vertraͤge mit ihm, und er wird Al-
leinherrſcher.
§. 393. Ein Held, ein Heerfuͤhrer, ein
Fuͤrſt fuͤhrt Kriege. Heldenmuth, Kraft und
Geiſtesſtaͤrke verpaart mit Herrſch- und Ruhm-
ſucht, verleiten ihn, Eroberungen zu machen,
er unterwirft ſich Laͤnder und Staaten, er-
obert die geſezgebende Kraft, und bedient
ſich derſelben willkuͤhrlich. Jn dieſem Falle
entſteht die unumſchraͤnkte Alleinherrſchung
(Ratio Status abſolute Monarchie), in wel-
cher der bloſe Wille des Fuͤrſten, ohne Ruͤck-
ſicht auf Geſeze, das eigentliche Geſez des
Staates iſt .
* Wie weit Eroberungen gerecht ſind, iſt
eine kritiſche Frage. Zwiſchen Guſtav
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/215>, abgerufen am 08.07.2024.
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