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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779.

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Allgemeine
Unterdrückten, man fürchtete ihn, und wenn
er ein gerechter frommer Mann war, so ehr-
te und liebte man ihn. So entstand die Jdee
vom wahren Helden, er besaß mit Recht ei-
nen Theil der gesezgebenden Gewalt, denn
er verdiente sie durch vorzügliche Eigenschaf-
ten und Wohlthaten als Vatter des Volkes.
Jn der trunkenen Freude der Errettung aus
Gefahr wurde die Einbildungskraft erhizt,
man erzählte jauchzend die Thaten des Hel-
den, man dichtete, und so entstund das er-
ste Jdeal des epischen Gedichtes.

§. 391. Gesellschaftliche Bande vereinig-
ten einen Bezirk zu einem gemeinschaftlichen
Jnteresse, die Beleidigung eines mächtigen
Nachbares sezte die ganze Gesellschaft zur
Rache an, alle Männer entschliesen sich zum
Kriege, die Nothwendigkeit der Ordnung
führt zum Denkbilde eines Anführers, man
wählt den Helden dazu, er geht hin, siegt,
und kommt als Halbgott wieder. So wird
der Held das Urbild des Heerführers, des
Generals.

§. 392.

Allgemeine
Unterdruͤckten, man fuͤrchtete ihn, und wenn
er ein gerechter frommer Mann war, ſo ehr-
te und liebte man ihn. So entſtand die Jdee
vom wahren Helden, er beſaß mit Recht ei-
nen Theil der geſezgebenden Gewalt, denn
er verdiente ſie durch vorzuͤgliche Eigenſchaf-
ten und Wohlthaten als Vatter des Volkes.
Jn der trunkenen Freude der Errettung aus
Gefahr wurde die Einbildungskraft erhizt,
man erzaͤhlte jauchzend die Thaten des Hel-
den, man dichtete, und ſo entſtund das er-
ſte Jdeal des epiſchen Gedichtes.

§. 391. Geſellſchaftliche Bande vereinig-
ten einen Bezirk zu einem gemeinſchaftlichen
Jntereſſe, die Beleidigung eines maͤchtigen
Nachbares ſezte die ganze Geſellſchaft zur
Rache an, alle Maͤnner entſchlieſen ſich zum
Kriege, die Nothwendigkeit der Ordnung
fuͤhrt zum Denkbilde eines Anfuͤhrers, man
waͤhlt den Helden dazu, er geht hin, ſiegt,
und kommt als Halbgott wieder. So wird
der Held das Urbild des Heerfuͤhrers, des
Generals.

§. 392.
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[194/0214] Allgemeine Unterdruͤckten, man fuͤrchtete ihn, und wenn er ein gerechter frommer Mann war, ſo ehr- te und liebte man ihn. So entſtand die Jdee vom wahren Helden, er beſaß mit Recht ei- nen Theil der geſezgebenden Gewalt, denn er verdiente ſie durch vorzuͤgliche Eigenſchaf- ten und Wohlthaten als Vatter des Volkes. Jn der trunkenen Freude der Errettung aus Gefahr wurde die Einbildungskraft erhizt, man erzaͤhlte jauchzend die Thaten des Hel- den, man dichtete, und ſo entſtund das er- ſte Jdeal des epiſchen Gedichtes. §. 391. Geſellſchaftliche Bande vereinig- ten einen Bezirk zu einem gemeinſchaftlichen Jntereſſe, die Beleidigung eines maͤchtigen Nachbares ſezte die ganze Geſellſchaft zur Rache an, alle Maͤnner entſchlieſen ſich zum Kriege, die Nothwendigkeit der Ordnung fuͤhrt zum Denkbilde eines Anfuͤhrers, man waͤhlt den Helden dazu, er geht hin, ſiegt, und kommt als Halbgott wieder. So wird der Held das Urbild des Heerfuͤhrers, des Generals. §. 392.

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/214>, abgerufen am 09.05.2024.