gung an und erwiederte: Liebster Herr Hofrath! hören Sie auf, sich zu verbergen, ich bin lang und hart genug geprüft worden, ich dächte doch, Sie kennten mich schon!
Still. Liebster Herr ....! ich bezeuge Ihnen bei dem le- bendigen Gott, daß ich in keiner geheimen Verbindung stehe und wahrlich nichts von dem Allem begreife, was Sie von mir erwarten.
Diese Aeußerung war zu stark und zu ernstlich, als daß sie den Fremden hätte in Ungewißheit lassen können; jetzt war nun die Reihe an ihm, zu staunen und sich zu verwundern, er fuhr also fort: Aber so sagen Sie mir doch, woher wissen Sie denn etwas von der großen und ehrwürdigen Verbindung im Orient, die sie im Heimweh so umständlich beschrieben, und sogar ihre Versammlungshäuser in Egypten, auf dem Berge Sinai, im Kloster Canobin und unter dem Tem- pel zu Jerusalem genau bestimmt haben?
Still. Von dem allem weiß ich ganz und gar nichts, sondern diese Ideen und Vorstellungen kamen mir sehr lebhaft in die Imagination. Es ist also blos Fiction, pure Erdichtung.
Er. Verzeihen Sie! -- die Sache verhält sich in der That und Wahrheit so -- es ist unbegreiflich -- erstaunlich, daß sie das so getroffen haben. Nein! -- das kommt nicht von ungefähr! --
Jetzt erzählte nun dieser Herr die wahren Umstände von der Verbindung im Orient. Stilling staunte und wun- derte sich aus der Maßen, denn er hörte merkwürdige und außerordentliche Dinge, die aber nicht von der Art sind, daß sie öffentlich bekannt gemacht werden dürfen; nur so viel betheure ich bei der höchsten Wahrheit, daß das- jenige, was Stilling von diesem Herrn erfuhr, nicht auf die entfernteste Art Beziehung auf po- litische Verhältnisse hat.
Um die nämliche Zeit schrieb auch ein gewisser großer Fürst an ihn und fragte ihn: woher er doch Etwas von der Verbindung im Orient wisse? denn die Sache ver- halte sich so, wie er sie im Heimweh beschrieben
gung an und erwiederte: Liebſter Herr Hofrath! hoͤren Sie auf, ſich zu verbergen, ich bin lang und hart genug gepruͤft worden, ich daͤchte doch, Sie kennten mich ſchon!
Still. Liebſter Herr ....! ich bezeuge Ihnen bei dem le- bendigen Gott, daß ich in keiner geheimen Verbindung ſtehe und wahrlich nichts von dem Allem begreife, was Sie von mir erwarten.
Dieſe Aeußerung war zu ſtark und zu ernſtlich, als daß ſie den Fremden haͤtte in Ungewißheit laſſen koͤnnen; jetzt war nun die Reihe an ihm, zu ſtaunen und ſich zu verwundern, er fuhr alſo fort: Aber ſo ſagen Sie mir doch, woher wiſſen Sie denn etwas von der großen und ehrwuͤrdigen Verbindung im Orient, die ſie im Heimweh ſo umſtaͤndlich beſchrieben, und ſogar ihre Verſammlungshaͤuſer in Egypten, auf dem Berge Sinai, im Kloſter Canobin und unter dem Tem- pel zu Jeruſalem genau beſtimmt haben?
Still. Von dem allem weiß ich ganz und gar nichts, ſondern dieſe Ideen und Vorſtellungen kamen mir ſehr lebhaft in die Imagination. Es iſt alſo blos Fiction, pure Erdichtung.
Er. Verzeihen Sie! — die Sache verhaͤlt ſich in der That und Wahrheit ſo — es iſt unbegreiflich — erſtaunlich, daß ſie das ſo getroffen haben. Nein! — das kommt nicht von ungefaͤhr! —
Jetzt erzaͤhlte nun dieſer Herr die wahren Umſtaͤnde von der Verbindung im Orient. Stilling ſtaunte und wun- derte ſich aus der Maßen, denn er hoͤrte merkwuͤrdige und außerordentliche Dinge, die aber nicht von der Art ſind, daß ſie oͤffentlich bekannt gemacht werden duͤrfen; nur ſo viel betheure ich bei der hoͤchſten Wahrheit, daß das- jenige, was Stilling von dieſem Herrn erfuhr, nicht auf die entfernteſte Art Beziehung auf po- litiſche Verhaͤltniſſe hat.
Um die naͤmliche Zeit ſchrieb auch ein gewiſſer großer Fuͤrſt an ihn und fragte ihn: woher er doch Etwas von der Verbindung im Orient wiſſe? denn die Sache ver- halte ſich ſo, wie er ſie im Heimweh beſchrieben
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gung an und erwiederte: Liebſter Herr Hofrath! hoͤren Sie
auf, ſich zu verbergen, ich bin lang und hart genug gepruͤft
worden, ich daͤchte doch, Sie kennten mich ſchon!
Still. Liebſter Herr ....! ich bezeuge Ihnen bei dem le-
bendigen Gott, daß ich in keiner geheimen Verbindung ſtehe
und wahrlich nichts von dem Allem begreife, was Sie von
mir erwarten.
Dieſe Aeußerung war zu ſtark und zu ernſtlich, als daß
ſie den Fremden haͤtte in Ungewißheit laſſen koͤnnen; jetzt war
nun die Reihe an ihm, zu ſtaunen und ſich zu verwundern,
er fuhr alſo fort: Aber ſo ſagen Sie mir doch, woher wiſſen
Sie denn etwas von der großen und ehrwuͤrdigen Verbindung
im Orient, die ſie im Heimweh ſo umſtaͤndlich beſchrieben,
und ſogar ihre Verſammlungshaͤuſer in Egypten, auf dem
Berge Sinai, im Kloſter Canobin und unter dem Tem-
pel zu Jeruſalem genau beſtimmt haben?
Still. Von dem allem weiß ich ganz und gar nichts,
ſondern dieſe Ideen und Vorſtellungen kamen mir ſehr lebhaft
in die Imagination. Es iſt alſo blos Fiction, pure Erdichtung.
Er. Verzeihen Sie! — die Sache verhaͤlt ſich in der
That und Wahrheit ſo — es iſt unbegreiflich — erſtaunlich,
daß ſie das ſo getroffen haben. Nein! — das kommt nicht
von ungefaͤhr! —
Jetzt erzaͤhlte nun dieſer Herr die wahren Umſtaͤnde von
der Verbindung im Orient. Stilling ſtaunte und wun-
derte ſich aus der Maßen, denn er hoͤrte merkwuͤrdige und
außerordentliche Dinge, die aber nicht von der Art ſind, daß
ſie oͤffentlich bekannt gemacht werden duͤrfen; nur ſo viel
betheure ich bei der hoͤchſten Wahrheit, daß das-
jenige, was Stilling von dieſem Herrn erfuhr,
nicht auf die entfernteſte Art Beziehung auf po-
litiſche Verhaͤltniſſe hat.
Um die naͤmliche Zeit ſchrieb auch ein gewiſſer großer Fuͤrſt
an ihn und fragte ihn: woher er doch Etwas von der
Verbindung im Orient wiſſe? denn die Sache ver-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/504>, abgerufen am 22.11.2024.
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