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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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A. Der Proceß. Individualitätsmoment des Erbrechts. §. 51.
nehmen kann; die Klage verhält sich auch bei ihr gegen die
Mehrheit der Gegenstände vollkommen indifferent. 31) Das In-
dividualitäts-
und Identitätsmoment, welches bei dem
Eigenthum in der Sache, bei der Obligation in dem Ent-
stehungsgrunde
liegt, beruht hier auf der Delation: so
viel Delationen so viel Klagen
; 32) denn die Delation
begründet, auch wenn Erbschaft, Prätendent und Beklagter die-
selben sind, eine neue Frage, indem daraus, daß ersterer nicht im
Testament oder in keinem gültigen eingesetzt ist, noch nichts für
sein Intestaterbrecht geschlossen werden kann, ihm aber anderer-
seits nicht zugemuthet werden kann, unbestimmt ohne Detaillirung
der causa schlechthin sein "Erbrecht" zur Verhandlung zu stellen;
denn die Verschiedenheit des Delationsgrundes ist beim Erb-
recht nicht etwa, wie beim Eigenthum, eine bloße Verschiedenheit
des Grundes des Rechts, sondern des Rechts selbst, sie gibt
ihm möglicherweise z. B. wegen der im Testament angeordneten
Vermächtnisse oder abweichend von der Intestaterbfolgeordnung

31) Nam cum hereditatem peto, et corpora et actiones omnes, quae
in hereditate sunt, videntur in petitionem deduci. L. 7 §. 5 de exc. rei
jud. (44. 2)
. Die Klage erstreckt sich daher auch auf die Früchte, ohne daß
es hier der Erwähnung derselben bedurfte, L. 13 §. 7 L. 20 §. 2, 16 de
her. pet. (5. 3),
denn "fructus hereditatem augent L. 40 §. 1 ibid.
hereditas et augmentum recipit et deminutionem" L. 20 §. 3 ibid.
L. 178 §. 1 de V. S. (50. 16)
-- ein Satz, der im Formularprocesse für
den Kläger dieselbe Bedeutung hatte, wie der in §. 52 zu betrachtende, daß
das Pekulium durch die Gegenforderungen des Herrn ipso jure vermindert
werde, für den Beklagten.
32) L. 8 de her. pet. (4. 3.) Eine weitere Ausführung ist hier eben
so wenig am Orte, wie die Verfolgung des Zusammenhanges, in dem unser
Thema mit der Lehre von der exc. rei jud. steht. Zum Beweise der Behaup-
tung im Text diene statt aller andern Gründe die in jure cessio der heredi-
tas legitima,
bei der offenbar in der Cessions- (und folglich auch in der Vin-
dications-) Formel die hereditas als "legitima" bezeichnet, also der
Delegationsgrund angegeben gewesen sein muß, denn man hätte sonst die-
sen
Cessionsfall von dem der hered. testam. nicht unterscheiden können,
was doch wegen der sehr verschiedenen Folgen wichtig war.

A. Der Proceß. Individualitätsmoment des Erbrechts. §. 51.
nehmen kann; die Klage verhält ſich auch bei ihr gegen die
Mehrheit der Gegenſtände vollkommen indifferent. 31) Das In-
dividualitäts-
und Identitätsmoment, welches bei dem
Eigenthum in der Sache, bei der Obligation in dem Ent-
ſtehungsgrunde
liegt, beruht hier auf der Delation: ſo
viel Delationen ſo viel Klagen
; 32) denn die Delation
begründet, auch wenn Erbſchaft, Prätendent und Beklagter die-
ſelben ſind, eine neue Frage, indem daraus, daß erſterer nicht im
Teſtament oder in keinem gültigen eingeſetzt iſt, noch nichts für
ſein Inteſtaterbrecht geſchloſſen werden kann, ihm aber anderer-
ſeits nicht zugemuthet werden kann, unbeſtimmt ohne Detaillirung
der causa ſchlechthin ſein „Erbrecht“ zur Verhandlung zu ſtellen;
denn die Verſchiedenheit des Delationsgrundes iſt beim Erb-
recht nicht etwa, wie beim Eigenthum, eine bloße Verſchiedenheit
des Grundes des Rechts, ſondern des Rechts ſelbſt, ſie gibt
ihm möglicherweiſe z. B. wegen der im Teſtament angeordneten
Vermächtniſſe oder abweichend von der Inteſtaterbfolgeordnung

31) Nam cum hereditatem peto, et corpora et actiones omnes, quae
in hereditate sunt, videntur in petitionem deduci. L. 7 §. 5 de exc. rei
jud. (44. 2)
. Die Klage erſtreckt ſich daher auch auf die Früchte, ohne daß
es hier der Erwähnung derſelben bedurfte, L. 13 §. 7 L. 20 §. 2, 16 de
her. pet. (5. 3),
denn „fructus hereditatem augent L. 40 §. 1 ibid.
hereditas et augmentum recipit et deminutionem“ L. 20 §. 3 ibid.
L. 178 §. 1 de V. S. (50. 16)
— ein Satz, der im Formularproceſſe für
den Kläger dieſelbe Bedeutung hatte, wie der in §. 52 zu betrachtende, daß
das Pekulium durch die Gegenforderungen des Herrn ipso jure vermindert
werde, für den Beklagten.
32) L. 8 de her. pet. (4. 3.) Eine weitere Ausführung iſt hier eben
ſo wenig am Orte, wie die Verfolgung des Zuſammenhanges, in dem unſer
Thema mit der Lehre von der exc. rei jud. ſteht. Zum Beweiſe der Behaup-
tung im Text diene ſtatt aller andern Gründe die in jure cessio der heredi-
tas legitima,
bei der offenbar in der Ceſſions- (und folglich auch in der Vin-
dications-) Formel die hereditas als legitima bezeichnet, alſo der
Delegationsgrund angegeben geweſen ſein muß, denn man hätte ſonſt die-
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Ceſſionsfall von dem der hered. testam. nicht unterſcheiden können,
was doch wegen der ſehr verſchiedenen Folgen wichtig war.
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[45/0061] A. Der Proceß. Individualitätsmoment des Erbrechts. §. 51. nehmen kann; die Klage verhält ſich auch bei ihr gegen die Mehrheit der Gegenſtände vollkommen indifferent. 31) Das In- dividualitäts- und Identitätsmoment, welches bei dem Eigenthum in der Sache, bei der Obligation in dem Ent- ſtehungsgrunde liegt, beruht hier auf der Delation: ſo viel Delationen ſo viel Klagen; 32) denn die Delation begründet, auch wenn Erbſchaft, Prätendent und Beklagter die- ſelben ſind, eine neue Frage, indem daraus, daß erſterer nicht im Teſtament oder in keinem gültigen eingeſetzt iſt, noch nichts für ſein Inteſtaterbrecht geſchloſſen werden kann, ihm aber anderer- ſeits nicht zugemuthet werden kann, unbeſtimmt ohne Detaillirung der causa ſchlechthin ſein „Erbrecht“ zur Verhandlung zu ſtellen; denn die Verſchiedenheit des Delationsgrundes iſt beim Erb- recht nicht etwa, wie beim Eigenthum, eine bloße Verſchiedenheit des Grundes des Rechts, ſondern des Rechts ſelbſt, ſie gibt ihm möglicherweiſe z. B. wegen der im Teſtament angeordneten Vermächtniſſe oder abweichend von der Inteſtaterbfolgeordnung 31) Nam cum hereditatem peto, et corpora et actiones omnes, quae in hereditate sunt, videntur in petitionem deduci. L. 7 §. 5 de exc. rei jud. (44. 2). Die Klage erſtreckt ſich daher auch auf die Früchte, ohne daß es hier der Erwähnung derſelben bedurfte, L. 13 §. 7 L. 20 §. 2, 16 de her. pet. (5. 3), denn „fructus hereditatem augent L. 40 §. 1 ibid. hereditas et augmentum recipit et deminutionem“ L. 20 §. 3 ibid. L. 178 §. 1 de V. S. (50. 16) — ein Satz, der im Formularproceſſe für den Kläger dieſelbe Bedeutung hatte, wie der in §. 52 zu betrachtende, daß das Pekulium durch die Gegenforderungen des Herrn ipso jure vermindert werde, für den Beklagten. 32) L. 8 de her. pet. (4. 3.) Eine weitere Ausführung iſt hier eben ſo wenig am Orte, wie die Verfolgung des Zuſammenhanges, in dem unſer Thema mit der Lehre von der exc. rei jud. ſteht. Zum Beweiſe der Behaup- tung im Text diene ſtatt aller andern Gründe die in jure cessio der heredi- tas legitima, bei der offenbar in der Ceſſions- (und folglich auch in der Vin- dications-) Formel die hereditas als „legitima“ bezeichnet, alſo der Delegationsgrund angegeben geweſen ſein muß, denn man hätte ſonſt die- ſen Ceſſionsfall von dem der hered. testam. nicht unterſcheiden können, was doch wegen der ſehr verſchiedenen Folgen wichtig war.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/61>, abgerufen am 24.11.2024.