Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.C. Die abstracte Analyse. Vereinfachung des Thatbestandes. §. 55. So reducirt sich demnach der Kunstgriff, der bei der juristi- Die Frage vom Thatbestande ist keine ausschließlich privat- 277) Was die juristischen Personen im übrigen sind, geht uns hier, wo
es sich bloß um ihre Structur vom Standpunkt der juristischen Technik aus handelt, Nichts an. C. Die abſtracte Analyſe. Vereinfachung des Thatbeſtandes. §. 55. So reducirt ſich demnach der Kunſtgriff, der bei der juriſti- Die Frage vom Thatbeſtande iſt keine ausſchließlich privat- 277) Was die juriſtiſchen Perſonen im übrigen ſind, geht uns hier, wo
es ſich bloß um ihre Structur vom Standpunkt der juriſtiſchen Technik aus handelt, Nichts an. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <pb facs="#f0229" n="213"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">C.</hi> Die abſtracte Analyſe. Vereinfachung des Thatbeſtandes. §. 55.</fw><lb/> <p>So reducirt ſich demnach der Kunſtgriff, der bei der juriſti-<lb/> ſchen Perſon zur Anwendung gelangt, auf denſelben Gedanken,<lb/> wie bei der abſtracten Eigenthumsübertragung und Obliga-<lb/> tion: Vereinfachung des Thatbeſtandes auf analytiſchem Wege,<lb/> durch Ausſcheidung eines zum vollen Beſtande des Verhält-<lb/> niſſes gehörigen Moments. Alle drei Begriffe ſind nichts als<lb/> Kunſtproducte, Mechanismen zum Zweck der Erleichterung der<lb/> Rechtsverfolgung.<note place="foot" n="277)">Was die juriſtiſchen Perſonen im übrigen ſind, geht uns hier, wo<lb/> es ſich bloß um ihre Structur vom Standpunkt der juriſtiſchen <hi rendition="#g">Technik</hi> aus<lb/> handelt, Nichts an.</note></p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Die Frage vom Thatbeſtande iſt keine ausſchließlich privat-<lb/> rechtliche, ſie wiederholt ſich wie für alle Theile des Rechts, ſo<lb/> auch für das öffentliche. Wie das Rechtsgeſchäft, ſo iſt auch<lb/> das Geſetz, wie die Handlungen der Privatperſonen, ſo ſind<lb/> auch die der öffentlichen Behörden an gewiſſe Bedingungen ge-<lb/> knüpft, deren Nichtdaſein ihre verpflichtende Kraft ausſchließt.<lb/> Um ſo viel höher die Sicherheit und Ordnung der öffentlichen<lb/> Verhältniſſe, das Intereſſe der geſammten Rechtsordnung über<lb/> den Verhältniſſen des Privatlebens ſteht, um ſo viel höher die<lb/> Bedeutung, welche die richtige Löſung der Frage für das Staats-<lb/> recht hat, gegenüber der, die ihr für das Privatrecht zukommt.<lb/> Sind die Erforderniſſe, an welche der Thatbeſtand der politi-<lb/> ſchen Akte und Einrichtungen geknüpft iſt, nicht der Art, daß<lb/> ſich ihr Daſein oder Nichtdaſein auf den erſten Blick erkennen<lb/> läßt, fordern ſie den Zweifel heraus, ſetzen ſie eine Unterſu-<lb/> chung voraus, ſo ſchließt dies die größte Gefahr für die bürger-<lb/> liche Geſellſchaft, eine Quelle von Verſuchungen und Gewiſſens-<lb/> conflicten und vor allem einen Fluch für den ſeiner Stellung<lb/> nach am meiſten dadurch betroffenen Richter in ſich. Die richtige<lb/> Geſtaltung des Thatbeſtandes für dieſe Verhältniſſe iſt daher<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0229]
C. Die abſtracte Analyſe. Vereinfachung des Thatbeſtandes. §. 55.
So reducirt ſich demnach der Kunſtgriff, der bei der juriſti-
ſchen Perſon zur Anwendung gelangt, auf denſelben Gedanken,
wie bei der abſtracten Eigenthumsübertragung und Obliga-
tion: Vereinfachung des Thatbeſtandes auf analytiſchem Wege,
durch Ausſcheidung eines zum vollen Beſtande des Verhält-
niſſes gehörigen Moments. Alle drei Begriffe ſind nichts als
Kunſtproducte, Mechanismen zum Zweck der Erleichterung der
Rechtsverfolgung. 277)
Die Frage vom Thatbeſtande iſt keine ausſchließlich privat-
rechtliche, ſie wiederholt ſich wie für alle Theile des Rechts, ſo
auch für das öffentliche. Wie das Rechtsgeſchäft, ſo iſt auch
das Geſetz, wie die Handlungen der Privatperſonen, ſo ſind
auch die der öffentlichen Behörden an gewiſſe Bedingungen ge-
knüpft, deren Nichtdaſein ihre verpflichtende Kraft ausſchließt.
Um ſo viel höher die Sicherheit und Ordnung der öffentlichen
Verhältniſſe, das Intereſſe der geſammten Rechtsordnung über
den Verhältniſſen des Privatlebens ſteht, um ſo viel höher die
Bedeutung, welche die richtige Löſung der Frage für das Staats-
recht hat, gegenüber der, die ihr für das Privatrecht zukommt.
Sind die Erforderniſſe, an welche der Thatbeſtand der politi-
ſchen Akte und Einrichtungen geknüpft iſt, nicht der Art, daß
ſich ihr Daſein oder Nichtdaſein auf den erſten Blick erkennen
läßt, fordern ſie den Zweifel heraus, ſetzen ſie eine Unterſu-
chung voraus, ſo ſchließt dies die größte Gefahr für die bürger-
liche Geſellſchaft, eine Quelle von Verſuchungen und Gewiſſens-
conflicten und vor allem einen Fluch für den ſeiner Stellung
nach am meiſten dadurch betroffenen Richter in ſich. Die richtige
Geſtaltung des Thatbeſtandes für dieſe Verhältniſſe iſt daher
277) Was die juriſtiſchen Perſonen im übrigen ſind, geht uns hier, wo
es ſich bloß um ihre Structur vom Standpunkt der juriſtiſchen Technik aus
handelt, Nichts an.
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