Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.C. Die abstracte Analyse. Vereinfachung des Thatbestandes. §. 55. Scheinkaufs (eaque mihi emta est hoc aere aeneaque libra) --eine Erscheinung, die sich bei der abstracten Obligation, dem nexum und dem Literalcontract und bei unserem Wechsel in der Valutaclausel ("Valuta erhalten") wiederholt. So legt also die Mancipatio gewissermaßen durch ihre eigne Form das Geständ- niß ihrer Künstlichkeit ab, indem sie das Moment, von dem sie sich thatsächlich losreißt, ausdrücklich als berechtigtes anerkennt. In der in jure cessio ist selbst diese rein äußerliche Remi- Fragen wir nun, worin der praktische Nutzen der Ausschei- Der zweite Vortheil lag in Folgendem. Die Form, in der 263) Ein zur Erklärung der Thatsache, daß man sich bei res nec man-
cipi statt der bequemeren Tradition der Abtretung vor Gericht bediente, nicht unwichtiger Umstand. C. Die abſtracte Analyſe. Vereinfachung des Thatbeſtandes. §. 55. Scheinkaufs (eaque mihi emta est hoc aere aeneaque libra) —eine Erſcheinung, die ſich bei der abſtracten Obligation, dem nexum und dem Literalcontract und bei unſerem Wechſel in der Valutaclauſel („Valuta erhalten“) wiederholt. So legt alſo die Mancipatio gewiſſermaßen durch ihre eigne Form das Geſtänd- niß ihrer Künſtlichkeit ab, indem ſie das Moment, von dem ſie ſich thatſächlich losreißt, ausdrücklich als berechtigtes anerkennt. In der in jure cessio iſt ſelbſt dieſe rein äußerliche Remi- Fragen wir nun, worin der praktiſche Nutzen der Ausſchei- Der zweite Vortheil lag in Folgendem. Die Form, in der 263) Ein zur Erklärung der Thatſache, daß man ſich bei res nec man-
cipi ſtatt der bequemeren Tradition der Abtretung vor Gericht bediente, nicht unwichtiger Umſtand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0217" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">C.</hi> Die abſtracte Analyſe. Vereinfachung des Thatbeſtandes. §. 55.</fw><lb/> Scheinkaufs (<hi rendition="#aq">eaque mihi emta est hoc aere aeneaque libra</hi>) —<lb/> eine Erſcheinung, die ſich bei der abſtracten Obligation, dem<lb/><hi rendition="#aq">nexum</hi> und dem Literalcontract und bei unſerem Wechſel in der<lb/> Valutaclauſel („Valuta erhalten“) wiederholt. So legt alſo die<lb/><hi rendition="#aq">Mancipatio</hi> gewiſſermaßen durch ihre eigne Form das Geſtänd-<lb/> niß ihrer Künſtlichkeit ab, indem ſie das Moment, von dem ſie<lb/> ſich thatſächlich losreißt, ausdrücklich als berechtigtes anerkennt.</p><lb/> <p>In der <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> iſt ſelbſt dieſe rein äußerliche Remi-<lb/> niscenz an das Cauſalmoment überwunden, ſie iſt auch der Form<lb/> nach, was ſie der Sache nach iſt: ein reiner Eigenthumsübertra-<lb/> gungsakt, und bekundet auch dadurch ihr relativ jüngeres Alter<lb/> (B. 2 S. 579). Der Umſtand, daß ſie auch auf <hi rendition="#aq">res nec man-<lb/> cipi,</hi> ſeitdem an ihnen ein <hi rendition="#aq">dominium ex jure Quiritium</hi> zuge-<lb/> laſſen war, Anwendung fand, gab das Mittel an die Hand,<lb/> das die <hi rendition="#aq">traditio</hi> verſagte, um nämlich auch bei ihnen eine ab-<lb/> ſtracte Eigenthumsübertragung vorzunehmen.<note place="foot" n="263)">Ein zur Erklärung der Thatſache, daß man ſich bei <hi rendition="#aq">res nec man-<lb/> cipi</hi> ſtatt der bequemeren Tradition der Abtretung vor Gericht bediente, nicht<lb/> unwichtiger Umſtand.</note></p><lb/> <p>Fragen wir nun, worin der praktiſche Nutzen der Ausſchei-<lb/> dung des Cauſalmoments bei jenen beiden Geſchäften beſtanden<lb/> habe, ſo traf derſelbe zunächſt die Vereinfachung des Beweiſes<lb/> bei der <hi rendition="#aq">reivindicatio</hi>. Der Kläger war der Mühe überhoben,<lb/> den Geſchäften nachzuforſchen, vermittelſt deren die Sache aus<lb/> der einen Hand in die andere gegangen war, und auch dem Be-<lb/> klagten waren alle Einwendungen, die er der etwaigen Ungül-<lb/> tigkeit derſelben hätte entnehmen können, abgeſchnitten, m. a. W.<lb/> das Cauſalmoment der Eigenthumsübertragung bildete kein<lb/> Streitmaterial für die <hi rendition="#aq">reivind.,</hi> weder für den Hauptbeweis,<lb/> noch für den indirecten Gegenbeweis.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">zweite</hi> Vortheil lag in Folgendem. Die Form, in der<lb/> das Cauſalmoment ſeine Verwendung fand, war die einer auf<lb/> die beiden, unmittelbar durch das betreffende Geſchäft in Ver-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0217]
C. Die abſtracte Analyſe. Vereinfachung des Thatbeſtandes. §. 55.
Scheinkaufs (eaque mihi emta est hoc aere aeneaque libra) —
eine Erſcheinung, die ſich bei der abſtracten Obligation, dem
nexum und dem Literalcontract und bei unſerem Wechſel in der
Valutaclauſel („Valuta erhalten“) wiederholt. So legt alſo die
Mancipatio gewiſſermaßen durch ihre eigne Form das Geſtänd-
niß ihrer Künſtlichkeit ab, indem ſie das Moment, von dem ſie
ſich thatſächlich losreißt, ausdrücklich als berechtigtes anerkennt.
In der in jure cessio iſt ſelbſt dieſe rein äußerliche Remi-
niscenz an das Cauſalmoment überwunden, ſie iſt auch der Form
nach, was ſie der Sache nach iſt: ein reiner Eigenthumsübertra-
gungsakt, und bekundet auch dadurch ihr relativ jüngeres Alter
(B. 2 S. 579). Der Umſtand, daß ſie auch auf res nec man-
cipi, ſeitdem an ihnen ein dominium ex jure Quiritium zuge-
laſſen war, Anwendung fand, gab das Mittel an die Hand,
das die traditio verſagte, um nämlich auch bei ihnen eine ab-
ſtracte Eigenthumsübertragung vorzunehmen. 263)
Fragen wir nun, worin der praktiſche Nutzen der Ausſchei-
dung des Cauſalmoments bei jenen beiden Geſchäften beſtanden
habe, ſo traf derſelbe zunächſt die Vereinfachung des Beweiſes
bei der reivindicatio. Der Kläger war der Mühe überhoben,
den Geſchäften nachzuforſchen, vermittelſt deren die Sache aus
der einen Hand in die andere gegangen war, und auch dem Be-
klagten waren alle Einwendungen, die er der etwaigen Ungül-
tigkeit derſelben hätte entnehmen können, abgeſchnitten, m. a. W.
das Cauſalmoment der Eigenthumsübertragung bildete kein
Streitmaterial für die reivind., weder für den Hauptbeweis,
noch für den indirecten Gegenbeweis.
Der zweite Vortheil lag in Folgendem. Die Form, in der
das Cauſalmoment ſeine Verwendung fand, war die einer auf
die beiden, unmittelbar durch das betreffende Geſchäft in Ver-
263) Ein zur Erklärung der Thatſache, daß man ſich bei res nec man-
cipi ſtatt der bequemeren Tradition der Abtretung vor Gericht bediente, nicht
unwichtiger Umſtand.
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