Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.A. Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34. stabe z. B. mit Staaten und Communen u. s. w. bildeten be-kanntlich die Hauptgegenstände seiner Thätigkeit. Einer eigent- lichen Achtung erfreute sich aber dieselbe nicht; der wahre rö- mische Aristokrat hielt sie seiner für unwerth, 377) er tolerirte sie beim Ritterstande, aber ohne sie zu ästimiren. Was für Erwerbsquellen blieben nun außer den bisher ge- 377) Daher ward z. B. den Senatoren der Betrieb der Rhederei unter- sagt. Liv. XXI, 63: legem tulerat, ne quis senator quive senatoris pater (muß wohl heißen cuive senatorius) fuisset, maritimam navem, quae plus quam 300 amphorarum esset, haberet. Id satis habitum ad fructus ex agris vectandos; quaestus omnis patribus indecorus visus. S. auch Ciceros Aeußerung über den Großhandel in der folgenden Note. 378) Cicero de off. I, 42. Illiberales et sordidi quaestus mercena-
riorum omnium, quorum operae, non quorum artes emuntur: est enim in illis ipsa merces auctoramentum servitutis. Sordidi etiam putandi, qui mercantur a mercatoribus, quod statim vendant, nihil enim proficiunt, nisi admodum mentiantur ... opificesque omnes in sordida arte versantur, nec enim quidquam ingenuum habere pot- A. Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34. ſtabe z. B. mit Staaten und Communen u. ſ. w. bildeten be-kanntlich die Hauptgegenſtände ſeiner Thätigkeit. Einer eigent- lichen Achtung erfreute ſich aber dieſelbe nicht; der wahre rö- miſche Ariſtokrat hielt ſie ſeiner für unwerth, 377) er tolerirte ſie beim Ritterſtande, aber ohne ſie zu äſtimiren. Was für Erwerbsquellen blieben nun außer den bisher ge- 377) Daher ward z. B. den Senatoren der Betrieb der Rhederei unter- ſagt. Liv. XXI, 63: legem tulerat, ne quis senator quive senatoris pater (muß wohl heißen cuive senatorius) fuisset, maritimam navem, quae plus quam 300 amphorarum esset, haberet. Id satis habitum ad fructus ex agris vectandos; quaestus omnis patribus indecorus visus. S. auch Ciceros Aeußerung über den Großhandel in der folgenden Note. 378) Cicero de off. I, 42. Illiberales et sordidi quaestus mercena-
riorum omnium, quorum operae, non quorum artes emuntur: est enim in illis ipsa merces auctoramentum servitutis. Sordidi etiam putandi, qui mercantur a mercatoribus, quod statim vendant, nihil enim proficiunt, nisi admodum mentiantur … opificesque omnes in sordida arte versantur, nec enim quidquam ingenuum habere pot- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0265" n="251"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">A.</hi> Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34.</fw><lb/> ſtabe z. B. mit Staaten und Communen u. ſ. w. bildeten be-<lb/> kanntlich die Hauptgegenſtände ſeiner Thätigkeit. Einer eigent-<lb/> lichen Achtung erfreute ſich aber dieſelbe nicht; der wahre rö-<lb/> miſche Ariſtokrat hielt ſie ſeiner für unwerth, <note place="foot" n="377)">Daher ward z. B. den Senatoren der Betrieb der Rhederei unter-<lb/> ſagt. <hi rendition="#aq">Liv. XXI, 63: legem tulerat, ne quis senator quive senatoris pater</hi><lb/> (muß wohl heißen <hi rendition="#aq">cuive senatorius) fuisset, maritimam navem, quae plus<lb/> quam 300 amphorarum esset, haberet. Id satis habitum ad fructus ex<lb/> agris vectandos; <hi rendition="#g">quaestus omnis patribus</hi> indecorus visus</hi>.<lb/> S. auch Ciceros Aeußerung über den Großhandel in der folgenden Note.</note> er tolerirte ſie<lb/> beim Ritterſtande, aber ohne ſie zu äſtimiren.</p><lb/> <p>Was für Erwerbsquellen blieben nun außer den bisher ge-<lb/> nannten noch übrig? Dieſe Frage bringt uns auf den eben er-<lb/> wähnten <hi rendition="#g">zweiten</hi> Grundſchaden der römiſchen Zuſtände. Heut-<lb/> zutage ringt das Talent und die Arbeit in tauſend Formen mit<lb/> dem Kapital. Die Kunſt, die Wiſſenſchaft, die Kirche, der<lb/> Staatsdienſt, der Kriegsdienſt, das Handwerk, der Handel,<lb/> die Fabrikation nehmen Tauſende in Anſpruch und gewähren<lb/> Tauſenden ihre Subſiſtenz. In Rom beſtand aber hinſichtlich<lb/> aller dieſer Berufsarten und Erwerbszweige das eigenthümliche<lb/> Verhältniß, daß ſie, wenn ſie nach Brode gingen, verachtet wa-<lb/> ren, und wenn ſie geehrt waren, nicht nach Brode gingen. Zur<lb/> erſten Klaſſe gehören der Staatsdienſt, die Kunſt und Wiſſen-<lb/> ſchaft; der Kriegsdienſt war in alter Zeit kein eigner Lebens-<lb/> beruf, ſondern allgemeine Bürgerpflicht, und die wenigen fun-<lb/> dirten geiſtlichen Stellen kommen kaum in Betracht. Auf die<lb/> eigentliche Handarbeit aber und ſelbſt auf den Kleinhandel hatte<lb/> das ſociale Vorurtheil oder die Empfindlichkeit des republikani-<lb/> ſchen Stolzes einen Makel geworfen. <note xml:id="seg2pn_38_1" next="#seg2pn_38_2" place="foot" n="378)"><hi rendition="#aq">Cicero de off. I, 42. Illiberales et sordidi quaestus mercena-<lb/> riorum omnium, quorum operae, non quorum artes emuntur: est enim<lb/> in illis ipsa <hi rendition="#g">merces auctoramentum servitutis</hi>. Sordidi etiam<lb/> putandi, qui mercantur a mercatoribus, quod statim vendant, nihil enim<lb/> proficiunt, nisi admodum mentiantur … opificesque omnes in sordida<lb/> arte versantur, <hi rendition="#g">nec enim quidquam ingenuum habere pot-</hi></hi></note> Hier war die zweite<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [251/0265]
A. Stellung d. Ind. Die Wohlfahrtsfrage. Quellen d. Pauperismus. §. 34.
ſtabe z. B. mit Staaten und Communen u. ſ. w. bildeten be-
kanntlich die Hauptgegenſtände ſeiner Thätigkeit. Einer eigent-
lichen Achtung erfreute ſich aber dieſelbe nicht; der wahre rö-
miſche Ariſtokrat hielt ſie ſeiner für unwerth, 377) er tolerirte ſie
beim Ritterſtande, aber ohne ſie zu äſtimiren.
Was für Erwerbsquellen blieben nun außer den bisher ge-
nannten noch übrig? Dieſe Frage bringt uns auf den eben er-
wähnten zweiten Grundſchaden der römiſchen Zuſtände. Heut-
zutage ringt das Talent und die Arbeit in tauſend Formen mit
dem Kapital. Die Kunſt, die Wiſſenſchaft, die Kirche, der
Staatsdienſt, der Kriegsdienſt, das Handwerk, der Handel,
die Fabrikation nehmen Tauſende in Anſpruch und gewähren
Tauſenden ihre Subſiſtenz. In Rom beſtand aber hinſichtlich
aller dieſer Berufsarten und Erwerbszweige das eigenthümliche
Verhältniß, daß ſie, wenn ſie nach Brode gingen, verachtet wa-
ren, und wenn ſie geehrt waren, nicht nach Brode gingen. Zur
erſten Klaſſe gehören der Staatsdienſt, die Kunſt und Wiſſen-
ſchaft; der Kriegsdienſt war in alter Zeit kein eigner Lebens-
beruf, ſondern allgemeine Bürgerpflicht, und die wenigen fun-
dirten geiſtlichen Stellen kommen kaum in Betracht. Auf die
eigentliche Handarbeit aber und ſelbſt auf den Kleinhandel hatte
das ſociale Vorurtheil oder die Empfindlichkeit des republikani-
ſchen Stolzes einen Makel geworfen. 378) Hier war die zweite
377) Daher ward z. B. den Senatoren der Betrieb der Rhederei unter-
ſagt. Liv. XXI, 63: legem tulerat, ne quis senator quive senatoris pater
(muß wohl heißen cuive senatorius) fuisset, maritimam navem, quae plus
quam 300 amphorarum esset, haberet. Id satis habitum ad fructus ex
agris vectandos; quaestus omnis patribus indecorus visus.
S. auch Ciceros Aeußerung über den Großhandel in der folgenden Note.
378) Cicero de off. I, 42. Illiberales et sordidi quaestus mercena-
riorum omnium, quorum operae, non quorum artes emuntur: est enim
in illis ipsa merces auctoramentum servitutis. Sordidi etiam
putandi, qui mercantur a mercatoribus, quod statim vendant, nihil enim
proficiunt, nisi admodum mentiantur … opificesque omnes in sordida
arte versantur, nec enim quidquam ingenuum habere pot-
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