Ich danke Ihnen, mein guter Cotta, recht sehr für die 4 übersandten Almanache. In Ihrem Schreiben stand 5; in meinem Bittwunsche 6. Indeß, da sie, obwol am 15ten Sept. abgegangen, doch erst in voriger5 Woche ankamen und da die Fürstinnen sie schon gelesen hatten: so braucht' ich blos der hier durchreisenden Herzogin von Kurland Ein Exemplar zu geben.
Nur stehen einige sehr fatale Druckfehler darin -- vielleicht wegen der Druck-Eile --, deren Verzeichnis ich Sie in das Morgenblatt aufzu-10 nehmen bitte.
Sie schrieben mir in Ihrem werthen vom 15ten Sept.: "Sie würden "jetzt auf Müllner aufmerksam sein, von dem Sie bisher geglaubt hätten, "er würde sich nicht von der Bahn des Rechten und Wahren entfernen." Ich glaub' es auch, denn er kann nicht, da er gar nicht auf ihr ist. Im15 Literaturblatt N. 89., also im Oktober spät nach Ihrem Briefe, rezensiert er meine "Doppelwörter" auf eine Weise, die mir seit 12 Jahren ganz fremd geworden. Alles Lüge und Bosheit von Anfang bis zu Ende; -- nicht Eine Beantwortung meiner Gründe, sondern nur Wiederholung des Widerlegten. Gerade das, was ich gegenWolke20 vertheidige wie Rosenblatt, Rattenschwanz S. 57, thut er als ob ichs verwürfe und schriebe Rosblatt etc. etc. -- So läßt er mich sagen Nüssebaum; und ich stütze eben S. 141 mich darauf, daß man sage und sagen müsse: Nußbaum etc. etc.
Doch alles dieß geb' ich diesem gesthetischen Rabulisten so wie meinen25 Stil gern Preis; aber dieser tückische Feind -- durch die Seite 11 in der Vorrede zur 3ten Auflage des Hesperus hab' ich mir ihn geschaffen -- zieht unter dem Vorwand des Lobens die unschuldige Geschichte der Nicht-Erhaltung einer von Preußen versprochnen Präbende -- vielleicht auch aus Abneigung gegen Preußen -- so nachtheilig aus, daß es mir30 politisch schaden kann. Sogar das Lob Göthe's im Divan vergiftet er wieder zu einem Tadel meiner. -- Wenn Merkel blos eine Wespe mit Einem Stachel war: so ist er eine Hornisse mit 3 Stacheln; denn als kalter Advokat weiß er, wie in der Präbendensache, so giftig*) und
*) Und doch mußt' er das halbe Gift zurückschlucken, da er ein Verlagbuch von35 -- Ihnen beschmutzte.
110. An Cotta.
Baireut d. 31 Okt. 1820 [Dienstag]
Ich danke Ihnen, mein guter Cotta, recht ſehr für die 4 überſandten Almanache. In Ihrem Schreiben ſtand 5; in meinem Bittwunſche 6. Indeß, da ſie, obwol am 15ten Sept. abgegangen, doch erſt in voriger5 Woche ankamen und da die Fürſtinnen ſie ſchon geleſen hatten: ſo braucht’ ich blos der hier durchreiſenden Herzogin von Kurland Ein Exemplar zu geben.
Nur ſtehen einige ſehr fatale Druckfehler darin — vielleicht wegen der Druck-Eile —, deren Verzeichnis ich Sie in das Morgenblatt aufzu-10 nehmen bitte.
Sie ſchrieben mir in Ihrem werthen vom 15ten Sept.: „Sie würden „jetzt auf Müllner aufmerkſam ſein, von dem Sie bisher geglaubt hätten, „er würde ſich nicht von der Bahn des Rechten und Wahren entfernen.“ Ich glaub’ es auch, denn er kann nicht, da er gar nicht auf ihr iſt. Im15 Literaturblatt N. 89., alſo im Oktober ſpät nach Ihrem Briefe, rezenſiert er meine „Doppelwörter“ auf eine Weiſe, die mir ſeit 12 Jahren ganz fremd geworden. Alles Lüge und Bosheit von Anfang bis zu Ende; — nicht Eine Beantwortung meiner Gründe, ſondern nur Wiederholung des Widerlegten. Gerade das, was ich gegenWolke20 vertheidige wie Roſenblatt, Rattenſchwanz S. 57, thut er als ob ichs verwürfe und ſchriebe Rosblatt ꝛc. ꝛc. — So läßt er mich ſagen Nüſſebaum; und ich ſtütze eben S. 141 mich darauf, daß man ſage und ſagen müſſe: Nußbaum ꝛc. ꝛc.
Doch alles dieß geb’ ich dieſem geſthetiſchen Rabuliſten ſo wie meinen25 Stil gern Preis; aber dieſer tückiſche Feind — durch die Seite 11 in der Vorrede zur 3ten Auflage des Hesperus hab’ ich mir ihn geſchaffen — zieht unter dem Vorwand des Lobens die unſchuldige Geſchichte der Nicht-Erhaltung einer von Preußen verſprochnen Präbende — vielleicht auch aus Abneigung gegen Preußen — ſo nachtheilig aus, daß es mir30 politiſch ſchaden kann. Sogar das Lob Göthe’s im Divan vergiftet er wieder zu einem Tadel meiner. — Wenn Merkel blos eine Weſpe mit Einem Stachel war: ſo iſt er eine Horniſſe mit 3 Stacheln; denn als kalter Advokat weiß er, wie in der Präbendenſache, ſo giftig*) und
*) Und doch mußt’ er das halbe Gift zurückſchlucken, da er ein Verlagbuch von35 — Ihnen beſchmutzte.
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110. An Cotta.
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Ich danke Ihnen, mein guter Cotta, recht ſehr für die 4 überſandten
Almanache. In Ihrem Schreiben ſtand 5; in meinem Bittwunſche 6.
Indeß, da ſie, obwol am 15ten Sept. abgegangen, doch erſt in voriger 5
Woche ankamen und da die Fürſtinnen ſie ſchon geleſen hatten: ſo
braucht’ ich blos der hier durchreiſenden Herzogin von Kurland Ein
Exemplar zu geben.
Nur ſtehen einige ſehr fatale Druckfehler darin — vielleicht wegen der
Druck-Eile —, deren Verzeichnis ich Sie in das Morgenblatt aufzu- 10
nehmen bitte.
Sie ſchrieben mir in Ihrem werthen vom 15ten Sept.: „Sie würden
„jetzt auf Müllner aufmerkſam ſein, von dem Sie bisher geglaubt hätten,
„er würde ſich nicht von der Bahn des Rechten und Wahren entfernen.“
Ich glaub’ es auch, denn er kann nicht, da er gar nicht auf ihr iſt. Im 15
Literaturblatt N. 89., alſo im Oktober ſpät nach Ihrem Briefe,
rezenſiert er meine „Doppelwörter“ auf eine Weiſe, die mir ſeit
12 Jahren ganz fremd geworden. Alles Lüge und Bosheit von Anfang
bis zu Ende; — nicht Eine Beantwortung meiner Gründe, ſondern nur
Wiederholung des Widerlegten. Gerade das, was ich gegen Wolke 20
vertheidige wie Roſenblatt, Rattenſchwanz S. 57, thut er als ob ichs
verwürfe und ſchriebe Rosblatt ꝛc. ꝛc. — So läßt er mich ſagen
Nüſſebaum; und ich ſtütze eben S. 141 mich darauf, daß man ſage
und ſagen müſſe: Nußbaum ꝛc. ꝛc.
Doch alles dieß geb’ ich dieſem geſthetiſchen Rabuliſten ſo wie meinen 25
Stil gern Preis; aber dieſer tückiſche Feind — durch die Seite 11 in der
Vorrede zur 3ten Auflage des Hesperus hab’ ich mir ihn geſchaffen —
zieht unter dem Vorwand des Lobens die unſchuldige Geſchichte der
Nicht-Erhaltung einer von Preußen verſprochnen Präbende — vielleicht
auch aus Abneigung gegen Preußen — ſo nachtheilig aus, daß es mir 30
politiſch ſchaden kann. Sogar das Lob Göthe’s im Divan vergiftet er
wieder zu einem Tadel meiner. — Wenn Merkel blos eine Weſpe mit
Einem Stachel war: ſo iſt er eine Horniſſe mit 3 Stacheln; denn als
kalter Advokat weiß er, wie in der Präbendenſache, ſo giftig *) und
*) Und doch mußt’ er das halbe Gift zurückſchlucken, da er ein Verlagbuch von 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/80>, abgerufen am 19.07.2024.
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