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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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zwanziger kostet. Wagen als kleinere Wohnungen sind hier das Theuerste;
sonst alles wolfeil; z. B. für 10 Wäschstücke, worunter 1 Weste und
2 Hemden, zahlt' ich 15 kr. -- Montgelas ist ein wahrer geborner
Minister und großer Kopf mit einem seltsamen Kraftgesicht; und, was
ich seinem Lobredner Sömmering glauben darf, ohne alle Rachsucht und5
ohne Beleidigen. Manches mündlich. -- Lerchenfeld ist Unbefangenheit,
Jugend, Anmuth, Arbeitsamkeit und patriotische Redlichkeit auf einmal
und verdient seine 7 schönen kräftigen Kinder und seine treffliche un-
gezwungne Hausfrau mit dem angehangnen Schlüsselbunde. -- Mein
Brustschmerz ist blos noch ein ganz gefahrloses Spannen, das am10
Morgen jetzo ganz aufhört und nur abends schwach wieder kommt und
das vor der Abreise ganz verschwunden sein wird, damit das 4 tägige
Fahren nicht schadet. -- Schlichtegroll sucht mich täglich aus Baireut
hinauszupredigen; aber brustfeindliches Klima und herzleere Gegend
(die versteinerten Gewitterwolken ausgenommen, die Tyroler Alpen)15
und die Besuchmenge zwingen mich, im leeren Baireut zu sterben
und statt einer akademischen Stelle eine tiefere draußen neben dem
Bruder Balbier zuletzt anzunehmen und würdig auszufüllen. -- Über
alles will ich mit dir erst das Lange und Breite bereden; auch Ema-
nuel
und Otto bald für einen Abend bitten, um auf einmal allen alles20
zu erzählen. -- Mehr über Wetter und Brust als über die Münchner
muß ich klagen, welche blos eine andere, kältere Weise als die Südleute
haben. Der Bekanntschaften hab' ich so viele und der Zeit so wenig, daß
ich meinen Sömmering 3 mal vergeblich hoffen ließ und daß ich noch
nicht einmal Niethammer, den ich nur 2 mal auswärts sah, besuchen25
konnte. -- Lasse meinen weißen Überrock schön aufwaschen zum Schlaf-
rock. -- Rehreny kann nur Harmoniebier verschaffen, das mir selten
schmeckte; frage doch nach anderem besten herum und schone einige
Groschen mehr, nicht. -- Wolltest du den Wein abziehen, desto besser. --
Neue Fensterrahmen und große Scheiben brauch' ich nöthiger als die30
Gaststube; mit Freuden will ich das Geld selber dazu geben und plage
also den Schwabacher nicht zu sehr. Leider aber wird er mich gerade
mit seinen Bauten plagen, wenn ich meine alten Wohnfreuden mit
neuer Süßigkeit durchschmecken will. -- Für Wagner sorgt Barth am
herzlichsten, dann Niethammer und Thürheim; am Ende des Staat-35
jahrs wird seine Augsburgische Sache (die du verschweige) voll-
endet sein. Zentner sah ich nicht, weil er blos ankam und abreisete.

zwanziger koſtet. Wagen als kleinere Wohnungen ſind hier das Theuerſte;
ſonſt alles wolfeil; z. B. für 10 Wäſchſtücke, worunter 1 Weſte und
2 Hemden, zahlt’ ich 15 kr. — Montgelas iſt ein wahrer geborner
Miniſter und großer Kopf mit einem ſeltſamen Kraftgeſicht; und, was
ich ſeinem Lobredner Sömmering glauben darf, ohne alle Rachſucht und5
ohne Beleidigen. Manches mündlich. — Lerchenfeld iſt Unbefangenheit,
Jugend, Anmuth, Arbeitſamkeit und patriotiſche Redlichkeit auf einmal
und verdient ſeine 7 ſchönen kräftigen Kinder und ſeine treffliche un-
gezwungne Hausfrau mit dem angehangnen Schlüſſelbunde. — Mein
Bruſtſchmerz iſt blos noch ein ganz gefahrloſes Spannen, das am10
Morgen jetzo ganz aufhört und nur abends ſchwach wieder kommt und
das vor der Abreiſe ganz verſchwunden ſein wird, damit das 4 tägige
Fahren nicht ſchadet. — Schlichtegroll ſucht mich täglich aus Baireut
hinauszupredigen; aber bruſtfeindliches Klima und herzleere Gegend
(die verſteinerten Gewitterwolken ausgenommen, die Tyroler Alpen)15
und die Beſuchmenge zwingen mich, im leeren Baireut zu ſterben
und ſtatt einer akademiſchen Stelle eine tiefere draußen neben dem
Bruder Balbier zuletzt anzunehmen und würdig auszufüllen. — Über
alles will ich mit dir erſt das Lange und Breite bereden; auch Ema-
nuel
und Otto bald für einen Abend bitten, um auf einmal allen alles20
zu erzählen. — Mehr über Wetter und Bruſt als über die Münchner
muß ich klagen, welche blos eine andere, kältere Weiſe als die Südleute
haben. Der Bekanntſchaften hab’ ich ſo viele und der Zeit ſo wenig, daß
ich meinen Sömmering 3 mal vergeblich hoffen ließ und daß ich noch
nicht einmal Niethammer, den ich nur 2 mal auswärts ſah, beſuchen25
konnte. — Laſſe meinen weißen Überrock ſchön aufwaſchen zum Schlaf-
rock. — Rehreny kann nur Harmoniebier verſchaffen, das mir ſelten
ſchmeckte; frage doch nach anderem beſten herum und ſchone einige
Groſchen mehr, nicht. — Wollteſt du den Wein abziehen, deſto beſſer. —
Neue Fenſterrahmen und große Scheiben brauch’ ich nöthiger als die30
Gaſtſtube; mit Freuden will ich das Geld ſelber dazu geben und plage
alſo den Schwabacher nicht zu ſehr. Leider aber wird er mich gerade
mit ſeinen Bauten plagen, wenn ich meine alten Wohnfreuden mit
neuer Süßigkeit durchſchmecken will. — Für Wagner ſorgt Barth am
herzlichſten, dann Niethammer und Thürheim; am Ende des Staat-35
jahrs wird ſeine Augsburgiſche Sache (die du verſchweige) voll-
endet ſein. Zentner ſah ich nicht, weil er blos ankam und abreiſete.

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[45/0051] zwanziger koſtet. Wagen als kleinere Wohnungen ſind hier das Theuerſte; ſonſt alles wolfeil; z. B. für 10 Wäſchſtücke, worunter 1 Weſte und 2 Hemden, zahlt’ ich 15 kr. — Montgelas iſt ein wahrer geborner Miniſter und großer Kopf mit einem ſeltſamen Kraftgeſicht; und, was ich ſeinem Lobredner Sömmering glauben darf, ohne alle Rachſucht und 5 ohne Beleidigen. Manches mündlich. — Lerchenfeld iſt Unbefangenheit, Jugend, Anmuth, Arbeitſamkeit und patriotiſche Redlichkeit auf einmal und verdient ſeine 7 ſchönen kräftigen Kinder und ſeine treffliche un- gezwungne Hausfrau mit dem angehangnen Schlüſſelbunde. — Mein Bruſtſchmerz iſt blos noch ein ganz gefahrloſes Spannen, das am 10 Morgen jetzo ganz aufhört und nur abends ſchwach wieder kommt und das vor der Abreiſe ganz verſchwunden ſein wird, damit das 4 tägige Fahren nicht ſchadet. — Schlichtegroll ſucht mich täglich aus Baireut hinauszupredigen; aber bruſtfeindliches Klima und herzleere Gegend (die verſteinerten Gewitterwolken ausgenommen, die Tyroler Alpen) 15 und die Beſuchmenge zwingen mich, im leeren Baireut zu ſterben und ſtatt einer akademiſchen Stelle eine tiefere draußen neben dem Bruder Balbier zuletzt anzunehmen und würdig auszufüllen. — Über alles will ich mit dir erſt das Lange und Breite bereden; auch Ema- nuel und Otto bald für einen Abend bitten, um auf einmal allen alles 20 zu erzählen. — Mehr über Wetter und Bruſt als über die Münchner muß ich klagen, welche blos eine andere, kältere Weiſe als die Südleute haben. Der Bekanntſchaften hab’ ich ſo viele und der Zeit ſo wenig, daß ich meinen Sömmering 3 mal vergeblich hoffen ließ und daß ich noch nicht einmal Niethammer, den ich nur 2 mal auswärts ſah, beſuchen 25 konnte. — Laſſe meinen weißen Überrock ſchön aufwaſchen zum Schlaf- rock. — Rehreny kann nur Harmoniebier verſchaffen, das mir ſelten ſchmeckte; frage doch nach anderem beſten herum und ſchone einige Groſchen mehr, nicht. — Wollteſt du den Wein abziehen, deſto beſſer. — Neue Fenſterrahmen und große Scheiben brauch’ ich nöthiger als die 30 Gaſtſtube; mit Freuden will ich das Geld ſelber dazu geben und plage alſo den Schwabacher nicht zu ſehr. Leider aber wird er mich gerade mit ſeinen Bauten plagen, wenn ich meine alten Wohnfreuden mit neuer Süßigkeit durchſchmecken will. — Für Wagner ſorgt Barth am herzlichſten, dann Niethammer und Thürheim; am Ende des Staat- 35 jahrs wird ſeine Augsburgiſche Sache (die du verſchweige) voll- endet ſein. Zentner ſah ich nicht, weil er blos ankam und abreiſete.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/51>, abgerufen am 23.11.2024.