Wie freu' ich mich, mein guter Max, auf die Stunde, wo ich dich als einen in mehr als einem Sinne mir wiedergebornen Sohn an das Herz drücken kann! --
Dein guter Vater R.5
N.S. Da die Post am Freitage dir schon am Sonntage die Briefe bringt: so rechne im Ganzen immer auf die Sonntage und frage bei deinem Stoffel nach.
*30. An Oberjustizrat Hornthal (in Würzburg?).
Baireut d. 7ten Apr. 182010
Euer Hochwolgeboren
verzeihen mir, daß ich eine vieljährige geistvolle und leidenvolle Freundin von mir an Ihren Richterstuhl begleite. Ihr ganzes Leben war ein quälendes Durchdrängen durch den verwachsenen Wald eines Prozesses, noch ist sie im Dikkicht der Justiz; und wenn es sich endlich lichten15 sollte, wird sie Gerechtigkeit und -- Grab zugleich vor sich haben. Aber sie arbeitet für ihre Kinder, nicht für ihren kurzen Wintertag des Lebens.
Ich schreibe diese Worte nicht als Urtheil über ihre Sache -- dieses können Sie nur finden und fällen -- sondern als Versuch, Ihre Augen20 unter so vielen Rechts- und Hülfbedürftigen um Sie her auch auf eine so bejahrte zu lenken.
Auch wollt' ich zugleich die Gelegenheit benutzen, meine hohe und langgenährte Achtung für den Landtags-Redner auszudrücken, dessen Muth und Einsicht den Glanz der edelsten Versammlung erhöhen halfen,25 die je in München gewesen.
Ihr ergebenster Dr. Jean Paul Fr. Richter
31. An Georg Reimer in Berlin.30
[Kopie]Baireut d. 9ten April 1820
Wir werden bald gar einig sein, mein guter Reimer! Mistrauen in Ihren Charakter hätte sich weder mit Ihrem bisherigen Handeln gegen
2*
Wie freu’ ich mich, mein guter Max, auf die Stunde, wo ich dich als einen in mehr als einem Sinne mir wiedergebornen Sohn an das Herz drücken kann! —
Dein guter Vater R.5
N.S. Da die Poſt am Freitage dir ſchon am Sonntage die Briefe bringt: ſo rechne im Ganzen immer auf die Sonntage und frage bei deinem Stoffel nach.
*30. An Oberjuſtizrat Hornthal (in Würzburg?).
Baireut d. 7ten Apr. 182010
Euer Hochwolgeboren
verzeihen mir, daß ich eine vieljährige geiſtvolle und leidenvolle Freundin von mir an Ihren Richterſtuhl begleite. Ihr ganzes Leben war ein quälendes Durchdrängen durch den verwachſenen Wald eines Prozeſſes, noch iſt ſie im Dikkicht der Juſtiz; und wenn es ſich endlich lichten15 ſollte, wird ſie Gerechtigkeit und — Grab zugleich vor ſich haben. Aber ſie arbeitet für ihre Kinder, nicht für ihren kurzen Wintertag des Lebens.
Ich ſchreibe dieſe Worte nicht als Urtheil über ihre Sache — dieſes können Sie nur finden und fällen — ſondern als Verſuch, Ihre Augen20 unter ſo vielen Rechts- und Hülfbedürftigen um Sie her auch auf eine ſo bejahrte zu lenken.
Auch wollt’ ich zugleich die Gelegenheit benutzen, meine hohe und langgenährte Achtung für den Landtags-Redner auszudrücken, deſſen Muth und Einſicht den Glanz der edelſten Verſammlung erhöhen halfen,25 die je in München geweſen.
Ihr ergebenſter Dr. Jean Paul Fr. Richter
31. An Georg Reimer in Berlin.30
[Kopie]Baireut d. 9ten April 1820
Wir werden bald gar einig ſein, mein guter Reimer! Mistrauen in Ihren Charakter hätte ſich weder mit Ihrem bisherigen Handeln gegen
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Wie freu’ ich mich, mein guter Max, auf die Stunde, wo ich dich als
einen in mehr als einem Sinne mir wiedergebornen Sohn an das Herz
drücken kann! —
Dein guter Vater
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N.S. Da die Poſt am Freitage dir ſchon am Sonntage die Briefe
bringt: ſo rechne im Ganzen immer auf die Sonntage und frage bei
deinem Stoffel nach.
*30. An Oberjuſtizrat Hornthal (in Würzburg?).
Baireut d. 7ten Apr. 1820 10
Euer Hochwolgeboren
verzeihen mir, daß ich eine vieljährige geiſtvolle und leidenvolle Freundin
von mir an Ihren Richterſtuhl begleite. Ihr ganzes Leben war ein
quälendes Durchdrängen durch den verwachſenen Wald eines Prozeſſes,
noch iſt ſie im Dikkicht der Juſtiz; und wenn es ſich endlich lichten 15
ſollte, wird ſie Gerechtigkeit und — Grab zugleich vor ſich haben.
Aber ſie arbeitet für ihre Kinder, nicht für ihren kurzen Wintertag
des Lebens.
Ich ſchreibe dieſe Worte nicht als Urtheil über ihre Sache — dieſes
können Sie nur finden und fällen — ſondern als Verſuch, Ihre Augen 20
unter ſo vielen Rechts- und Hülfbedürftigen um Sie her auch auf eine
ſo bejahrte zu lenken.
Auch wollt’ ich zugleich die Gelegenheit benutzen, meine hohe und
langgenährte Achtung für den Landtags-Redner auszudrücken, deſſen
Muth und Einſicht den Glanz der edelſten Verſammlung erhöhen halfen, 25
die je in München geweſen.
Ihr
ergebenſter
Dr. Jean Paul Fr. Richter
31. An Georg Reimer in Berlin. 30
Baireut d. 9ten April 1820
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/24>, abgerufen am 16.02.2025.
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