Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.alle sehr gefoltert durch dein neuliches Schweigen über den Empfang des den 6ten Apr. Ich danke dir, Lieber zwar für dein Kopieren aus Blümner, den ich Alles an dir wächst ins Schöne, nur deine Schreibhand ins Häßliche; alle ſehr gefoltert durch dein neuliches Schweigen über den Empfang des den 6ten Apr. Ich danke dir, Lieber zwar für dein Kopieren aus Blümner, den ich Alles an dir wächſt ins Schöne, nur deine Schreibhand ins Häßliche; <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0023" n="18"/> alle ſehr gefoltert durch dein neuliches Schweigen über den Empfang des<lb/> Paquets. Foltere ja nicht mehr. — Schreibe mir die Nummer und Gaſſe<lb/> deiner Wohnung. — Vor der Blüte komm’ ich nicht. Aber vorher er-<lb/> kundige dich nach einem möblierten Stübchen für mich auf 3 Wochen<lb/> (denn ich wohne, der Freiheit wegen, durchaus bei niemand zu Gaſt);<lb n="5"/> ich brauche blos ein ſchlechtes Kanapée zum Studieren, einige<lb/> Wandſchränke, ein Bett, eine Bedienung für Kaffeemachen und<lb/> Ausſchicken. Es muß, wo möglich, nahe am königlichen Schloſſe ſein.<lb/> Ziehe Frauen (die <hi rendition="#aq">Thiersch, Schlichtegroll</hi> ꝛc. ꝛc.) zu Rathe; dieſe<lb/> helfen mir ſchon. —<lb n="10"/> </p> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">den 6<hi rendition="#sup">ten</hi> Apr.</hi> </dateline><lb/> <p>Ich danke dir, Lieber zwar für dein Kopieren aus Blümner, den ich<lb/> längſt kenne, und aus Schlegel, der ſein Beſtes Herder, Göthe, Leſſing<lb/> (z. B. über Sophokles) und der Zeit verdankt; aber gib dir die Mühe<lb/> nicht mehr, die mir Porto und dir Zeit koſtet. Lies lieber meine Vor-<lb n="15"/> ſchule, die du gewiß beſſer verſtehen wirſt als die Vorrede und den<lb/><hi rendition="#aq">Hesperus.</hi> — Ein junger Maler, Plunk glaub ich, brachte Grüße und<lb/> Lob von dir. (Auch der junge <hi rendition="#aq">Welden</hi> lobt dich.) — An deinen Briefen<lb/> meſſ’ ich deinen ſchönen Wachsthum des Charakters. Welche Blüten<lb/> wirſt du erſt im warmen Boden von <hi rendition="#aq">Heidelberg</hi> treiben und unter ſo<lb n="20"/> vielen freundlichen Geſtirnen meiner Freunde! —</p><lb/> <p>Alles an dir wächſt ins Schöne, nur deine Schreibhand ins Häßliche;<lb/> denn anſtatt einen Zerrbuchſtaben abzudanken, belohnſt du mein Sünden-<lb/> regiſter immer mit einer Vermehrung deſſelben; z. B. alten ſchreibſt du<lb/> allen, Wunſch Wuntch, B wie L, v wie n oder 1, <hi rendition="#g">und</hi> wie o. Eigennamen<lb n="25"/> ſind daher bei dir gar nicht zu entziffern in — Briefen; welches Züge-<lb/> Gewirre aber mag erſt in deinen Privat-Schnellſchreibereien herum-<lb/> kriechen! Du wirſt es künftig beklagen, daß du durch die wiederholten<lb/> Rügen deines Vaters dich ſo wenig beſſern laſſen. — Ich freue mich auf<lb/> deinen herrlichen <hi rendition="#aq">Thiersch.</hi> — Dein Bücherkaufen ſtelle ja ein, nicht<lb n="30"/> blos wegen deines noch ziehenden Nomadenlebens, ſondern auch wegen<lb/> der Gränzenloſigkeit der Geldausgaben, wenn du jetzt von Klaſſikern,<lb/> die du ſchon haſt, noch die verſchiedenen Buchausgaben kaufen willſt.<lb/> Letzte borge; nur ganz fehlende Werke kaufe. Mich mußt du künftig<lb/> überall dabei fragen. — Schreibe uns von den Geſundheitverhält-<lb n="35"/> niſſen deines Leibs und der Stadt zugleich.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0023]
alle ſehr gefoltert durch dein neuliches Schweigen über den Empfang des
Paquets. Foltere ja nicht mehr. — Schreibe mir die Nummer und Gaſſe
deiner Wohnung. — Vor der Blüte komm’ ich nicht. Aber vorher er-
kundige dich nach einem möblierten Stübchen für mich auf 3 Wochen
(denn ich wohne, der Freiheit wegen, durchaus bei niemand zu Gaſt); 5
ich brauche blos ein ſchlechtes Kanapée zum Studieren, einige
Wandſchränke, ein Bett, eine Bedienung für Kaffeemachen und
Ausſchicken. Es muß, wo möglich, nahe am königlichen Schloſſe ſein.
Ziehe Frauen (die Thiersch, Schlichtegroll ꝛc. ꝛc.) zu Rathe; dieſe
helfen mir ſchon. — 10
den 6ten Apr.
Ich danke dir, Lieber zwar für dein Kopieren aus Blümner, den ich
längſt kenne, und aus Schlegel, der ſein Beſtes Herder, Göthe, Leſſing
(z. B. über Sophokles) und der Zeit verdankt; aber gib dir die Mühe
nicht mehr, die mir Porto und dir Zeit koſtet. Lies lieber meine Vor- 15
ſchule, die du gewiß beſſer verſtehen wirſt als die Vorrede und den
Hesperus. — Ein junger Maler, Plunk glaub ich, brachte Grüße und
Lob von dir. (Auch der junge Welden lobt dich.) — An deinen Briefen
meſſ’ ich deinen ſchönen Wachsthum des Charakters. Welche Blüten
wirſt du erſt im warmen Boden von Heidelberg treiben und unter ſo 20
vielen freundlichen Geſtirnen meiner Freunde! —
Alles an dir wächſt ins Schöne, nur deine Schreibhand ins Häßliche;
denn anſtatt einen Zerrbuchſtaben abzudanken, belohnſt du mein Sünden-
regiſter immer mit einer Vermehrung deſſelben; z. B. alten ſchreibſt du
allen, Wunſch Wuntch, B wie L, v wie n oder 1, und wie o. Eigennamen 25
ſind daher bei dir gar nicht zu entziffern in — Briefen; welches Züge-
Gewirre aber mag erſt in deinen Privat-Schnellſchreibereien herum-
kriechen! Du wirſt es künftig beklagen, daß du durch die wiederholten
Rügen deines Vaters dich ſo wenig beſſern laſſen. — Ich freue mich auf
deinen herrlichen Thiersch. — Dein Bücherkaufen ſtelle ja ein, nicht 30
blos wegen deines noch ziehenden Nomadenlebens, ſondern auch wegen
der Gränzenloſigkeit der Geldausgaben, wenn du jetzt von Klaſſikern,
die du ſchon haſt, noch die verſchiedenen Buchausgaben kaufen willſt.
Letzte borge; nur ganz fehlende Werke kaufe. Mich mußt du künftig
überall dabei fragen. — Schreibe uns von den Geſundheitverhält- 35
niſſen deines Leibs und der Stadt zugleich.
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(2016-11-22T15:22:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:22:18Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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