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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955.

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Gestern erhielt ich endlich dein liebes, nur gar zu kurzes Briefchen,
das schon am Freitag abgegangen. Deinen letzten adressiere doch an
mich: "bei Registrator Aderhold vor dem weißen Thore in den neuen
Anlagen." Du hast -- wahrscheinlich weil du meine verliehenen Briefe5
nicht so gleich wiederbekamest -- manche Fragen nicht beantwortet,
z. B. was ich Marien mitzubringen.


Deine freigebige Zurede macht, daß ich den Kutscher erst am 7ten
Juny -- diesem Geburttag meines Glücks -- abfahren lasse. Daher10
sollst du mir noch Dienstags vorher schreiben, damit ich während seiner
Fahrt mich zu allem einrichte. Auch könnt' ich so im Falle einer unwahr-
scheinlichen Veränderung noch am Montage dir schreiben, daß du noch
am Donnerstage anders bestellen könntest.

Gestern war Zelter aus Berlin -- während seinem 48stündigen15
Hiersein -- bei mir und fragte theilnehmend nach dir. -- Endlich ließ
ich mich doch von Vogel zu einem 3stündigen verdammten Sitzen
erbitten. -- Den mir widrigen Adolph Wagner hab' ich gesehen; sogar
bei Minna war er. Auch Müllner ist hier; und Methusalem Müller. --
Meinem alten Emanuel danke ich für seinen Brief voll Witz und Herz;20
seinen lieben Kindern bring ich ein neues Historienbuch von Wolke mit.
-- Du schweigst über deine Gesundheit; sie blieb dir doch unter deinen
Arbeitlasten? -- Die Hitze ist groß; und sie wird bei so wenigem Regen
sich bis zum Höhenrauch steigern. -- Gestern am Donnerstage wirst du
einen Brief von mir bekommen haben. Ich hoffe heute wieder auf25
deinen. -- Noch hab' ich keinen Ausflug aus Dresden gemacht nach
Tharand. Jetzo aber ist Velthousen -- ein schöner junger Mann -- da
und nun soll es mit ihm und seiner weniger schönen Frau und seinen beiden
englischen Töchtern, von welchen beiden ich Haare auf einer eleganten
Brieftasche bekommen und wovon die eine -- 6 Jahre und die andere30
5 alt ist, (nur der Sohn zählt schon 9 Jahre) die Fahrt vor sich gehen.

-- Noch ist nichts da von dir. Ich bitte dich, lies meinen Brief 2 mal
und verleih ihn nicht, bevor du ihn beantwortet und erfüllt hast. --
Grüße die leidende und heilende Welden recht; und Otto und Emanuel
und mein liebstes Odilil'chen [!]. Und du sei recht glücklich mit so vielen35
Wunden der Vergangenheit.

Dein R.

Sind Briefe und Ld'or gekommen?


Geſtern erhielt ich endlich dein liebes, nur gar zu kurzes Briefchen,
das ſchon am Freitag abgegangen. Deinen letzten adreſſiere doch an
mich: „bei Regiſtrator Aderhold vor dem weißen Thore in den neuen
Anlagen.“ Du haſt — wahrſcheinlich weil du meine verliehenen Briefe5
nicht ſo gleich wiederbekameſt — manche Fragen nicht beantwortet,
z. B. was ich Marien mitzubringen.


Deine freigebige Zurede macht, daß ich den Kutſcher erſt am 7ten
Juny — dieſem Geburttag meines Glücks — abfahren laſſe. Daher10
ſollſt du mir noch Dienſtags vorher ſchreiben, damit ich während ſeiner
Fahrt mich zu allem einrichte. Auch könnt’ ich ſo im Falle einer unwahr-
ſcheinlichen Veränderung noch am Montage dir ſchreiben, daß du noch
am Donnerſtage anders beſtellen könnteſt.

Geſtern war Zelter aus Berlin — während ſeinem 48ſtündigen15
Hierſein — bei mir und fragte theilnehmend nach dir. — Endlich ließ
ich mich doch von Vogel zu einem 3ſtündigen verdammten Sitzen
erbitten. — Den mir widrigen Adolph Wagner hab’ ich geſehen; ſogar
bei Minna war er. Auch Müllner iſt hier; und Methuſalem Müller.
Meinem alten Emanuel danke ich für ſeinen Brief voll Witz und Herz;20
ſeinen lieben Kindern bring ich ein neues Hiſtorienbuch von Wolke mit.
— Du ſchweigſt über deine Geſundheit; ſie blieb dir doch unter deinen
Arbeitlaſten? — Die Hitze iſt groß; und ſie wird bei ſo wenigem Regen
ſich bis zum Höhenrauch ſteigern. — Geſtern am Donnerſtage wirſt du
einen Brief von mir bekommen haben. Ich hoffe heute wieder auf25
deinen. — Noch hab’ ich keinen Ausflug aus Dresden gemacht nach
Tharand. Jetzo aber iſt Velthousen — ein ſchöner junger Mann — da
und nun ſoll es mit ihm und ſeiner weniger ſchönen Frau und ſeinen beiden
engliſchen Töchtern, von welchen beiden ich Haare auf einer eleganten
Brieftaſche bekommen und wovon die eine — 6 Jahre und die andere30
5 alt iſt, (nur der Sohn zählt ſchon 9 Jahre) die Fahrt vor ſich gehen.

— Noch iſt nichts da von dir. Ich bitte dich, lies meinen Brief 2 mal
und verleih ihn nicht, bevor du ihn beantwortet und erfüllt haſt. —
Grüße die leidende und heilende Welden recht; und Otto und Emanuel
und mein liebſtes Odilil’chen [!]. Und du ſei recht glücklich mit ſo vielen35
Wunden der Vergangenheit.

Dein R.

Sind Briefe und Ld’or gekommen?

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[183/0190] 30ten Mai Geſtern erhielt ich endlich dein liebes, nur gar zu kurzes Briefchen, das ſchon am Freitag abgegangen. Deinen letzten adreſſiere doch an mich: „bei Regiſtrator Aderhold vor dem weißen Thore in den neuen Anlagen.“ Du haſt — wahrſcheinlich weil du meine verliehenen Briefe 5 nicht ſo gleich wiederbekameſt — manche Fragen nicht beantwortet, z. B. was ich Marien mitzubringen. den 31. M. <Freitags> Deine freigebige Zurede macht, daß ich den Kutſcher erſt am 7ten Juny — dieſem Geburttag meines Glücks — abfahren laſſe. Daher 10 ſollſt du mir noch Dienſtags vorher ſchreiben, damit ich während ſeiner Fahrt mich zu allem einrichte. Auch könnt’ ich ſo im Falle einer unwahr- ſcheinlichen Veränderung noch am Montage dir ſchreiben, daß du noch am Donnerſtage anders beſtellen könnteſt. Geſtern war Zelter aus Berlin — während ſeinem 48ſtündigen 15 Hierſein — bei mir und fragte theilnehmend nach dir. — Endlich ließ ich mich doch von Vogel zu einem 3ſtündigen verdammten Sitzen erbitten. — Den mir widrigen Adolph Wagner hab’ ich geſehen; ſogar bei Minna war er. Auch Müllner iſt hier; und Methuſalem Müller. — Meinem alten Emanuel danke ich für ſeinen Brief voll Witz und Herz; 20 ſeinen lieben Kindern bring ich ein neues Hiſtorienbuch von Wolke mit. — Du ſchweigſt über deine Geſundheit; ſie blieb dir doch unter deinen Arbeitlaſten? — Die Hitze iſt groß; und ſie wird bei ſo wenigem Regen ſich bis zum Höhenrauch ſteigern. — Geſtern am Donnerſtage wirſt du einen Brief von mir bekommen haben. Ich hoffe heute wieder auf 25 deinen. — Noch hab’ ich keinen Ausflug aus Dresden gemacht nach Tharand. Jetzo aber iſt Velthousen — ein ſchöner junger Mann — da und nun ſoll es mit ihm und ſeiner weniger ſchönen Frau und ſeinen beiden engliſchen Töchtern, von welchen beiden ich Haare auf einer eleganten Brieftaſche bekommen und wovon die eine — 6 Jahre und die andere 30 5 alt iſt, (nur der Sohn zählt ſchon 9 Jahre) die Fahrt vor ſich gehen. — Noch iſt nichts da von dir. Ich bitte dich, lies meinen Brief 2 mal und verleih ihn nicht, bevor du ihn beantwortet und erfüllt haſt. — Grüße die leidende und heilende Welden recht; und Otto und Emanuel und mein liebſtes Odilil’chen [!]. Und du ſei recht glücklich mit ſo vielen 35 Wunden der Vergangenheit. Dein R. Sind Briefe und Ld’or gekommen?

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:22:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:22:18Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 8. Berlin, 1955, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe08_1955/190>, abgerufen am 02.05.2024.