Guten Morgen, mein lieber Emanuel! Hier ein Stückchen Kaiserleben, das Sie bald durchhaben werden. Hätte man vor einem, der so leicht zittert, selber zittern [sollen] und so wahnsinnig ist? Ich5 antworte: eben deßwegen.
Darf ich Sie nicht für den Oestreicher um Ihren Epimenides wieder bitten?
75. An Emanuel.
[Bayreuth, 29. Juli 1815]10
Mein guter Emanuel! Dank für den Foliokuchen, der in die Ebbezeit fiel. Sie halten mich ordentlich kuchenfrei, was mehr ist als kostfrei, weil ich hier die Kost für Geld haben kann. -- Meine wichtige Frage bring' ich sogleich: kann ich dem Kutscher Schatz die Zurückbringung meiner Emma anvertrauen?15
76. An Otto.
[Bayreuth, August 1815?]
Guten Morgen, lieber Otto! Ich danke dir recht sehr. Gestern Nachmittags las ich alles auf Einem Sitze. Ich lobe sowol den Hauptgedanken als seine Ausformung. Allerdings ists keine bloße20 luftige Ironie, sondern ein wahrhafter Parallelismus der europä- ischen Sündhaftigkeit, der eben zwei Raubbienen mit Einer Klappe trifft. Nur S. 446 und S. 450 geräthst du aus der anfänglichen Haltung heraus. Auch die beiden andern Aufsätze waren mir will- kommen. -- Warum steht wieder nicht dein ganzer Name darunter?25 Freilich freimüthig bist du ziemlich.
77. An Otto.
[Bayreuth, August (?) 1815]
Guten Morgen, Alter! Hast du meine letzten Briefe noch, oder Emanuel? -- Einsiedel, der Nicht-Einsiedler, will durch Hagen30 seinen Aufsatz zurück. -- Die Antwort der würtenbergischen Land- stände auf ihre Vertagung ist das freieste schönste Deutsch in diesem Jahrhundert.
74. An Emanuel.
[Bayreuth, 22. Juli 1815]
Guten Morgen, mein lieber Emanuel! Hier ein Stückchen Kaiſerleben, das Sie bald durchhaben werden. Hätte man vor einem, der ſo leicht zittert, ſelber zittern [ſollen] und ſo wahnſinnig iſt? Ich5 antworte: eben deßwegen.
Darf ich Sie nicht für den Oestreicher um Ihren Epimenides wieder bitten?
75. An Emanuel.
[Bayreuth, 29. Juli 1815]10
Mein guter Emanuel! Dank für den Foliokuchen, der in die Ebbezeit fiel. Sie halten mich ordentlich kuchenfrei, was mehr iſt als koſtfrei, weil ich hier die Koſt für Geld haben kann. — Meine wichtige Frage bring’ ich ſogleich: kann ich dem Kutſcher Schatz die Zurückbringung meiner Emma anvertrauen?15
76. An Otto.
[Bayreuth, Auguſt 1815?]
Guten Morgen, lieber Otto! Ich danke dir recht ſehr. Geſtern Nachmittags las ich alles auf Einem Sitze. Ich lobe ſowol den Hauptgedanken als ſeine Ausformung. Allerdings iſts keine bloße20 luftige Ironie, ſondern ein wahrhafter Paralleliſmus der europä- iſchen Sündhaftigkeit, der eben zwei Raubbienen mit Einer Klappe trifft. Nur S. 446 und S. 450 geräthſt du aus der anfänglichen Haltung heraus. Auch die beiden andern Aufſätze waren mir will- kommen. — Warum ſteht wieder nicht dein ganzer Name darunter?25 Freilich freimüthig biſt du ziemlich.
77. An Otto.
[Bayreuth, Auguſt (?) 1815]
Guten Morgen, Alter! Haſt du meine letzten Briefe noch, oder Emanuel? — Einsiedel, der Nicht-Einsiedler, will durch Hagen30 ſeinen Aufſatz zurück. — Die Antwort der würtenbergiſchen Land- ſtände auf ihre Vertagung iſt das freieſte ſchönſte Deutſch in dieſem Jahrhundert.
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Guten Morgen, mein lieber Emanuel! Hier ein Stückchen
Kaiſerleben, das Sie bald durchhaben werden. Hätte man vor einem,
der ſo leicht zittert, ſelber zittern [ſollen] und ſo wahnſinnig iſt? Ich 5
antworte: eben deßwegen.
Darf ich Sie nicht für den Oestreicher um Ihren Epimenides
wieder bitten?
75. An Emanuel.
[Bayreuth, 29. Juli 1815] 10
Mein guter Emanuel! Dank für den Foliokuchen, der in die
Ebbezeit fiel. Sie halten mich ordentlich kuchenfrei, was mehr iſt
als koſtfrei, weil ich hier die Koſt für Geld haben kann. — Meine
wichtige Frage bring’ ich ſogleich: kann ich dem Kutſcher Schatz die
Zurückbringung meiner Emma anvertrauen? 15
76. An Otto.
[Bayreuth, Auguſt 1815?]
Guten Morgen, lieber Otto! Ich danke dir recht ſehr. Geſtern
Nachmittags las ich alles auf Einem Sitze. Ich lobe ſowol den
Hauptgedanken als ſeine Ausformung. Allerdings iſts keine bloße 20
luftige Ironie, ſondern ein wahrhafter Paralleliſmus der europä-
iſchen Sündhaftigkeit, der eben zwei Raubbienen mit Einer Klappe
trifft. Nur S. 446 und S. 450 geräthſt du aus der anfänglichen
Haltung heraus. Auch die beiden andern Aufſätze waren mir will-
kommen. — Warum ſteht wieder nicht dein ganzer Name darunter? 25
Freilich freimüthig biſt du ziemlich.
77. An Otto.
[Bayreuth, Auguſt (?) 1815]
Guten Morgen, Alter! Haſt du meine letzten Briefe noch, oder
Emanuel? — Einsiedel, der Nicht-Einsiedler, will durch Hagen 30
ſeinen Aufſatz zurück. — Die Antwort der würtenbergiſchen Land-
ſtände auf ihre Vertagung iſt das freieſte ſchönſte Deutſch in dieſem
Jahrhundert.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/34>, abgerufen am 22.07.2024.
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