Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank, der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. -- Wie trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem5 18-Feste ein!
72. An Otto.
[Bayreuth, Juli (?) 1815]
Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh gewesen bist! Und schöneres Wetter gehabt hättest! -- Du siehst die Länge10 deiner Abwesenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen Weltdualismus vom 18ten. -- Ich wünsche dich recht bald zu hören. Briefe von dir sind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.
73. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
[Kopie][Bayreuth, 21. Juli 1815]15
Wie soll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen ich, wenigstens mit Druck Buchstaben, der ewige Sprecher bin? Aber jetzo hab' ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen -- ich will nämlich selber kommen und folglich mit dir reden. Schon seit 2 Jahren trag' ich mich mit dem Entwurfe, nach R[egensburg] zu20 reisen und da 1 Monat zu verleben -- und zwar so, wie ich es früher in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem schlechten Kanapee und guten Bette und esse im Gasthof und -- damit gut. -- Nur muß ich vorher von dir wissen -- also wirst du doch ein Paar Worte25 früher schrift- als mündlich zu sprechen haben --, ob der Fürst etc. nicht jetzo die verdammten Badreisen gemacht, die einem monatlang jedes Reisen verleiden, Badreisen ausgenommen. Wär' es indeß und wären beide nicht zu Hause und überhaupt manche bedeutende Menschen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich so gern öfters30 zu sehen wünsche: so verschieb' ich meine Reise bis in den Wein- lesemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau zu beschauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knospet und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.
71. An Emanuel.
[Bayreuth, 15. Juli 1815]
Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank, der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. — Wie trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem5 18-Feſte ein!
72. An Otto.
[Bayreuth, Juli (?) 1815]
Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh geweſen biſt! Und ſchöneres Wetter gehabt hätteſt! — Du ſiehſt die Länge10 deiner Abweſenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen Weltdualiſmus vom 18ten. — Ich wünſche dich recht bald zu hören. Briefe von dir ſind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.
73. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
[Kopie][Bayreuth, 21. Juli 1815]15
Wie ſoll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen ich, wenigſtens mit Druck Buchſtaben, der ewige Sprecher bin? Aber jetzo hab’ ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen — ich will nämlich ſelber kommen und folglich mit dir reden. Schon ſeit 2 Jahren trag’ ich mich mit dem Entwurfe, nach R[egensburg] zu20 reiſen und da 1 Monat zu verleben — und zwar ſo, wie ich es früher in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem ſchlechten Kanapee und guten Bette und eſſe im Gaſthof und — damit gut. — Nur muß ich vorher von dir wiſſen — alſo wirſt du doch ein Paar Worte25 früher ſchrift- als mündlich zu ſprechen haben —, ob der Fürſt ꝛc. nicht jetzo die verdammten Badreiſen gemacht, die einem monatlang jedes Reiſen verleiden, Badreiſen ausgenommen. Wär’ es indeß und wären beide nicht zu Hauſe und überhaupt manche bedeutende Menſchen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich ſo gern öfters30 zu ſehen wünſche: ſo verſchieb’ ich meine Reiſe bis in den Wein- leſemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau zu beſchauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knoſpet und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.
<TEI><text><body><pbfacs="#f0033"n="28"/><divtype="letter"n="1"><head>71. An <hirendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 15. Juli 1815]</hi></dateline><lb/><p>Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank,<lb/>
der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. — Wie<lb/>
trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem<lbn="5"/>
18-Feſte ein!</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>72. An <hirendition="#g">Otto.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, Juli (?) 1815]</hi></dateline><lb/><p>Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh geweſen<lb/>
biſt! Und ſchöneres Wetter gehabt hätteſt! — Du ſiehſt die Länge<lbn="10"/>
deiner Abweſenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen<lb/>
Weltdualiſmus vom 18<hirendition="#sup">ten</hi>. — Ich wünſche dich recht bald zu hören.<lb/>
Briefe von dir ſind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>73. An <hirendition="#g">Ludwig von Oertel in Regensburg.</hi></head><lb/><notetype="editorial">[Kopie]</note><dateline><hirendition="#right">[Bayreuth, 21. Juli 1815]</hi></dateline><lbn="15"/><p>Wie ſoll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen<lb/>
ich, wenigſtens mit Druck Buchſtaben, der ewige Sprecher bin?<lb/>
Aber jetzo hab’ ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen — ich<lb/>
will nämlich ſelber kommen und folglich mit dir reden. Schon ſeit<lb/>
2 Jahren trag’ ich mich mit dem Entwurfe, nach <hirendition="#aq">R[egensburg]</hi> zu<lbn="20"/>
reiſen und da 1 Monat zu verleben — und zwar ſo, wie ich es früher<lb/>
in <hirendition="#aq">Erlangen</hi> und <hirendition="#aq">Nürnberg</hi> gemacht: ich miethe mir nämlich, um<lb/>
ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem ſchlechten Kanapee<lb/>
und guten Bette und eſſe im Gaſthof und — damit gut. — Nur muß<lb/>
ich vorher von dir wiſſen — alſo wirſt du doch ein Paar Worte<lbn="25"/>
früher ſchrift- als mündlich zu ſprechen haben —, ob der Fürſt ꝛc.<lb/>
nicht jetzo die verdammten Badreiſen gemacht, die einem monatlang<lb/>
jedes Reiſen verleiden, Badreiſen ausgenommen. Wär’ es indeß<lb/>
und wären beide nicht zu Hauſe und überhaupt manche bedeutende<lb/>
Menſchen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich ſo gern öfters<lbn="30"/>
zu ſehen wünſche: ſo verſchieb’ ich meine Reiſe bis in den Wein-<lb/>
leſemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau<lb/>
zu beſchauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knoſpet<lb/>
und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.</p></div><lb/></body></text></TEI>
[28/0033]
71. An Emanuel.
[Bayreuth, 15. Juli 1815]
Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank,
der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. — Wie
trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem 5
18-Feſte ein!
72. An Otto.
[Bayreuth, Juli (?) 1815]
Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh geweſen
biſt! Und ſchöneres Wetter gehabt hätteſt! — Du ſiehſt die Länge 10
deiner Abweſenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen
Weltdualiſmus vom 18ten. — Ich wünſche dich recht bald zu hören.
Briefe von dir ſind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.
73. An Ludwig von Oertel in Regensburg.
[Bayreuth, 21. Juli 1815] 15
Wie ſoll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen
ich, wenigſtens mit Druck Buchſtaben, der ewige Sprecher bin?
Aber jetzo hab’ ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen — ich
will nämlich ſelber kommen und folglich mit dir reden. Schon ſeit
2 Jahren trag’ ich mich mit dem Entwurfe, nach R[egensburg] zu 20
reiſen und da 1 Monat zu verleben — und zwar ſo, wie ich es früher
in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um
ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem ſchlechten Kanapee
und guten Bette und eſſe im Gaſthof und — damit gut. — Nur muß
ich vorher von dir wiſſen — alſo wirſt du doch ein Paar Worte 25
früher ſchrift- als mündlich zu ſprechen haben —, ob der Fürſt ꝛc.
nicht jetzo die verdammten Badreiſen gemacht, die einem monatlang
jedes Reiſen verleiden, Badreiſen ausgenommen. Wär’ es indeß
und wären beide nicht zu Hauſe und überhaupt manche bedeutende
Menſchen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich ſo gern öfters 30
zu ſehen wünſche: ſo verſchieb’ ich meine Reiſe bis in den Wein-
leſemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau
zu beſchauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knoſpet
und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/33>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.