Ihr Schweigen über meinen Aufsatz gegen den Nachdruck war mir fast lieber als das Schreiben. Denn jenes entstand durch Ihr Sprechen auf dem Landtag, welches mich, sogar in den zu kurzen5 Auszügen in Zeitungen, durch Kraft und Muth und Durchblick erfreuete, zumal da Sie alles, wie einer meiner Freunde schreibt, nicht an luftige Theorien sondern an das alte urkundliche Recht und Besitzthum anzuschließen scheinen.
Bei dem Aufsatze über den Nachdruck hab' ich mich nicht ""in der10 Bogenzahl überschätzt"", sondern ich rechnete so: nach unserem schon lange bestehenden Vertrage wird der Druckbogen des Morgenblattes auf Druckbogen des Schmelzle zurückgeführt, von welchen jener etwa 3 oder 31/2 enthalten mag und für deren jeden Sie mir 5 Ld. bisher gegeben. Nun machen 12 Quartseiten einen Schmelzle-15 Druckbogen; ich glaubte Ihnen also in den 40 oder 42 Quartseiten ungefähr 31/2 Druckbogen*) zu schicken, foderte aber statt der bis- herigen 5 L.d'or bei der bessern Zeit 6 wie für den Damenkalender, zumal da Sie dieselbe Rechnung bei der "Wahlkapitulazion" hatten gelten lassen.20
Jetzo aber, da der Aufsatz schon gedruckt ist, überlass' ichs Ihnen, ihn nach dem Schmelzle's Konvenzionfuß zu berechnen, oder nach dem neuern. -- Den beifolgenden Aufsatz hingegen reduzieren Sie blos auf den gedachten Konvenzionfuß nach unserem alten Kommer- zientraktat, den ich Ihnen schon einmal zur Wiederansicht zurück-25 geschickt, wiewol Sie nichts vergessen.
Ich bitte Sie, diesen Aufsatz recht bald zu geben, weil der Scherz in der nahen Zukunft des 30ten Juny liegt. Auch wär' es gut, wenn er blos in 2 Hälften getheilt gegeben würde. -- Übrigens ist jetzo meine alte Abneigung gegen das Zeit und Plane fressende Aus-30 arbeiten einzelner Aufsätze dermassen gesteigert, daß das Morgen-
*) Nach Ihrem Briefe machen diese 40 Quartseiten im Morgenblatte 1 Bogen zu 5 Ld. Kaum die leere Wüsten-Breite eines Launs oder die Faust eines französischen Übersetzers wäre damit bezahlt, würd' ich sagen, wenn überhaupt Sie nicht schon längst anders mit mir gerechnet hätten,35 und wenn Sie nicht auf Kosten Ihrer Kasse und fremder Lese-Augen den Käufern Geschenke machten.
54. An Cotta in Stuttgart.
Baireuth d. 1. Mai 1815
Ihr Schweigen über meinen Aufſatz gegen den Nachdruck war mir faſt lieber als das Schreiben. Denn jenes entſtand durch Ihr Sprechen auf dem Landtag, welches mich, ſogar in den zu kurzen5 Auszügen in Zeitungen, durch Kraft und Muth und Durchblick erfreuete, zumal da Sie alles, wie einer meiner Freunde ſchreibt, nicht an luftige Theorien ſondern an das alte urkundliche Recht und Beſitzthum anzuſchließen ſcheinen.
Bei dem Aufſatze über den Nachdruck hab’ ich mich nicht „„in der10 Bogenzahl überſchätzt““, ſondern ich rechnete ſo: nach unſerem ſchon lange beſtehenden Vertrage wird der Druckbogen des Morgenblattes auf Druckbogen des Schmelzle zurückgeführt, von welchen jener etwa 3 oder 3½ enthalten mag und für deren jeden Sie mir 5 Ld. bisher gegeben. Nun machen 12 Quartſeiten einen Schmelzle-15 Druckbogen; ich glaubte Ihnen alſo in den 40 oder 42 Quartſeiten ungefähr 3½ Druckbogen*) zu ſchicken, foderte aber ſtatt der bis- herigen 5 L.d’or bei der beſſern Zeit 6 wie für den Damenkalender, zumal da Sie dieſelbe Rechnung bei der „Wahlkapitulazion“ hatten gelten laſſen.20
Jetzo aber, da der Aufſatz ſchon gedruckt iſt, überlaſſ’ ichs Ihnen, ihn nach dem Schmelzle’s Konvenzionfuß zu berechnen, oder nach dem neuern. — Den beifolgenden Aufſatz hingegen reduzieren Sie blos auf den gedachten Konvenzionfuß nach unſerem alten Kommer- zientraktat, den ich Ihnen ſchon einmal zur Wiederanſicht zurück-25 geſchickt, wiewol Sie nichts vergeſſen.
Ich bitte Sie, dieſen Aufſatz recht bald zu geben, weil der Scherz in der nahen Zukunft des 30ten Juny liegt. Auch wär’ es gut, wenn er blos in 2 Hälften getheilt gegeben würde. — Übrigens iſt jetzo meine alte Abneigung gegen das Zeit und Plane freſſende Aus-30 arbeiten einzelner Aufſätze dermaſſen geſteigert, daß das Morgen-
*) Nach Ihrem Briefe machen dieſe 40 Quartſeiten im Morgenblatte 1 Bogen zu 5 Ld. Kaum die leere Wüſten-Breite eines Launs oder die Fauſt eines franzöſiſchen Überſetzers wäre damit bezahlt, würd’ ich ſagen, wenn überhaupt Sie nicht ſchon längſt anders mit mir gerechnet hätten,35 und wenn Sie nicht auf Koſten Ihrer Kaſſe und fremder Leſe-Augen den Käufern Geſchenke machten.
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54. An Cotta in Stuttgart.
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Ihr Schweigen über meinen Aufſatz gegen den Nachdruck war
mir faſt lieber als das Schreiben. Denn jenes entſtand durch Ihr
Sprechen auf dem Landtag, welches mich, ſogar in den zu kurzen 5
Auszügen in Zeitungen, durch Kraft und Muth und Durchblick
erfreuete, zumal da Sie alles, wie einer meiner Freunde ſchreibt,
nicht an luftige Theorien ſondern an das alte urkundliche Recht und
Beſitzthum anzuſchließen ſcheinen.
Bei dem Aufſatze über den Nachdruck hab’ ich mich nicht „„in der 10
Bogenzahl überſchätzt““, ſondern ich rechnete ſo: nach unſerem ſchon
lange beſtehenden Vertrage wird der Druckbogen des Morgenblattes
auf Druckbogen des Schmelzle zurückgeführt, von welchen jener
etwa 3 oder 3½ enthalten mag und für deren jeden Sie mir 5 Ld.
bisher gegeben. Nun machen 12 Quartſeiten einen Schmelzle- 15
Druckbogen; ich glaubte Ihnen alſo in den 40 oder 42 Quartſeiten
ungefähr 3½ Druckbogen *) zu ſchicken, foderte aber ſtatt der bis-
herigen 5 L.d’or bei der beſſern Zeit 6 wie für den Damenkalender,
zumal da Sie dieſelbe Rechnung bei der „Wahlkapitulazion“
hatten gelten laſſen. 20
Jetzo aber, da der Aufſatz ſchon gedruckt iſt, überlaſſ’ ichs Ihnen,
ihn nach dem Schmelzle’s Konvenzionfuß zu berechnen, oder nach
dem neuern. — Den beifolgenden Aufſatz hingegen reduzieren Sie
blos auf den gedachten Konvenzionfuß nach unſerem alten Kommer-
zientraktat, den ich Ihnen ſchon einmal zur Wiederanſicht zurück- 25
geſchickt, wiewol Sie nichts vergeſſen.
Ich bitte Sie, dieſen Aufſatz recht bald zu geben, weil der Scherz
in der nahen Zukunft des 30ten Juny liegt. Auch wär’ es gut, wenn
er blos in 2 Hälften getheilt gegeben würde. — Übrigens iſt jetzo
meine alte Abneigung gegen das Zeit und Plane freſſende Aus- 30
arbeiten einzelner Aufſätze dermaſſen geſteigert, daß das Morgen-
*) Nach Ihrem Briefe machen dieſe 40 Quartſeiten im Morgenblatte
1 Bogen zu 5 Ld. Kaum die leere Wüſten-Breite eines Launs oder die
Fauſt eines franzöſiſchen Überſetzers wäre damit bezahlt, würd’ ich ſagen,
wenn überhaupt Sie nicht ſchon längſt anders mit mir gerechnet hätten, 35
und wenn Sie nicht auf Koſten Ihrer Kaſſe und fremder Leſe-Augen den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/26>, abgerufen am 16.07.2024.
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