Hehndrich mit seiner Frau (die französische Erzieherin) sprach ich gestern, die ihm zwei Kinder gegeben. Das achtjährige Mädchen ist sehr lieblich. Du wirst sehr von ihnen gegrüßt. Auf deine Ge- sundheit wurde gestern im Lustdorfe Bornheim mehr male getrunken. -- Der Erzieher Engelmann ist um seine von dir aus dem Wasser5 gezogne Wallenfels (diesen Umstand wußt' er) sehr bekümmert, weil er vom unsittlichen Beispiele der Mutter gehört. Kannst du mir und ihm es nicht widerlegen? --
Meine Adresse mache: abzugeben bei Herrn Buchhändler Wenner in der Münzgasse.10
So viele ja noch mehre schöne weibliche Gesichter es in Mainz gibt, so viele häßliche und zwar recht breithäßliche gibt es hier. Doch sind mir fünf oder sieben auf den Gassen aufgestoßen, welche etwa von weitem sich ziemlich mit unserer Elisabet messen dürften. -- Jede Klavier-, Zeichnen- etc. etc. Stunde für Kinder kostet 1 fl. 6 kr.;15 Wangenheims bel Etage über 4000 fl. Miethe. -- Die innere Pracht der Zimmer übertrifft jede baireuter; so wie die äußere der großen Häuser. Ich habe nicht das Herz, in die großen Kaufhallen zu gehen und da etwa für einige Batzen etwas zu kaufen. -- Frage doch Otto, wie mich die Mauth auf der Gränze (auf dem Wege20 über Anspach) behandeln wird, wenn ich etwas, z. B. deine verlang- ten Messer im Koffer habe. -- So sehr hang' ich an meinem Häus- lichen, daß ich ordentlich den Alert, den ich in die Kur gegeben, mitten unter allen Genüßen vermisse. -- Betty Gleim will uns gewiß in Baireut besuchen. -- Morgen muß ich Briefe von dir25 haben; du aber von mir schon drei außer diesem.
d. 3ten Jun.
Heute kam der so sehnlich erwartete Brief, aber dein Rückfall in deine mich folternden Zweifel und in allerlei Härten hat meinen Nachmittag bewölkt. Ich wollte noch viel schreiben, aber ich muß30 warten, bis ein zweiter Brief mich wieder erheitert. So gar glücklich bin ich überhaupt nicht; und meine herrliche Wohnung ist mir am Ende das Liebste. -- Nach Heidelberg schrieb ich erst Sonntags. -- Veranstalte, daß der Ofen neu gemacht wird. Ich weiß nicht, wie ich etwas zu den Stubendielen geben soll. Daß nur meine Reposi-35 torien, wenn nicht unverrückt, doch ungeändert bleiben. -- Dein
13 Jean Paul Briefe. VII.
Hehndrich mit ſeiner Frau (die franzöſiſche Erzieherin) ſprach ich geſtern, die ihm zwei Kinder gegeben. Das achtjährige Mädchen iſt ſehr lieblich. Du wirſt ſehr von ihnen gegrüßt. Auf deine Ge- ſundheit wurde geſtern im Luſtdorfe Bornheim mehr male getrunken. — Der Erzieher Engelmann iſt um ſeine von dir aus dem Waſſer5 gezogne Wallenfels (dieſen Umſtand wußt’ er) ſehr bekümmert, weil er vom unſittlichen Beiſpiele der Mutter gehört. Kannſt du mir und ihm es nicht widerlegen? —
Meine Adreſſe mache: abzugeben bei Herrn Buchhändler Wenner in der Münzgaſſe.10
So viele ja noch mehre ſchöne weibliche Geſichter es in Mainz gibt, ſo viele häßliche und zwar recht breithäßliche gibt es hier. Doch ſind mir fünf oder ſieben auf den Gaſſen aufgeſtoßen, welche etwa von weitem ſich ziemlich mit unſerer Eliſabet meſſen dürften. — Jede Klavier-, Zeichnen- ꝛc. ꝛc. Stunde für Kinder koſtet 1 fl. 6 kr.;15 Wangenheims bel Etage über 4000 fl. Miethe. — Die innere Pracht der Zimmer übertrifft jede baireuter; ſo wie die äußere der großen Häuſer. Ich habe nicht das Herz, in die großen Kaufhallen zu gehen und da etwa für einige Batzen etwas zu kaufen. — Frage doch Otto, wie mich die Mauth auf der Gränze (auf dem Wege20 über Anſpach) behandeln wird, wenn ich etwas, z. B. deine verlang- ten Meſſer im Koffer habe. — So ſehr hang’ ich an meinem Häus- lichen, daß ich ordentlich den Alert, den ich in die Kur gegeben, mitten unter allen Genüßen vermiſſe. — Betty Gleim will uns gewiß in Baireut beſuchen. — Morgen muß ich Briefe von dir25 haben; du aber von mir ſchon drei außer dieſem.
d. 3ten Jun.
Heute kam der ſo ſehnlich erwartete Brief, aber dein Rückfall in deine mich folternden Zweifel und in allerlei Härten hat meinen Nachmittag bewölkt. Ich wollte noch viel ſchreiben, aber ich muß30 warten, bis ein zweiter Brief mich wieder erheitert. So gar glücklich bin ich überhaupt nicht; und meine herrliche Wohnung iſt mir am Ende das Liebſte. — Nach Heidelberg ſchrieb ich erſt Sonntags. — Veranſtalte, daß der Ofen neu gemacht wird. Ich weiß nicht, wie ich etwas zu den Stubendielen geben ſoll. Daß nur meine Repoſi-35 torien, wenn nicht unverrückt, doch ungeändert bleiben. — Dein
13 Jean Paul Briefe. VII.
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[193/0200]
Hehndrich mit ſeiner Frau (die franzöſiſche Erzieherin) ſprach
ich geſtern, die ihm zwei Kinder gegeben. Das achtjährige Mädchen
iſt ſehr lieblich. Du wirſt ſehr von ihnen gegrüßt. Auf deine Ge-
ſundheit wurde geſtern im Luſtdorfe Bornheim mehr male getrunken.
— Der Erzieher Engelmann iſt um ſeine von dir aus dem Waſſer 5
gezogne Wallenfels (dieſen Umſtand wußt’ er) ſehr bekümmert,
weil er vom unſittlichen Beiſpiele der Mutter gehört. Kannſt du
mir und ihm es nicht widerlegen? —
Meine Adreſſe mache: abzugeben bei Herrn Buchhändler Wenner
in der Münzgaſſe. 10
So viele ja noch mehre ſchöne weibliche Geſichter es in Mainz
gibt, ſo viele häßliche und zwar recht breithäßliche gibt es hier. Doch
ſind mir fünf oder ſieben auf den Gaſſen aufgeſtoßen, welche etwa
von weitem ſich ziemlich mit unſerer Eliſabet meſſen dürften. —
Jede Klavier-, Zeichnen- ꝛc. ꝛc. Stunde für Kinder koſtet 1 fl. 6 kr.; 15
Wangenheims bel Etage über 4000 fl. Miethe. — Die innere
Pracht der Zimmer übertrifft jede baireuter; ſo wie die äußere der
großen Häuſer. Ich habe nicht das Herz, in die großen Kaufhallen
zu gehen und da etwa für einige Batzen etwas zu kaufen. — Frage
doch Otto, wie mich die Mauth auf der Gränze (auf dem Wege 20
über Anſpach) behandeln wird, wenn ich etwas, z. B. deine verlang-
ten Meſſer im Koffer habe. — So ſehr hang’ ich an meinem Häus-
lichen, daß ich ordentlich den Alert, den ich in die Kur gegeben,
mitten unter allen Genüßen vermiſſe. — Betty Gleim will uns
gewiß in Baireut beſuchen. — Morgen muß ich Briefe von dir 25
haben; du aber von mir ſchon drei außer dieſem.
d. 3ten Jun.
Heute kam der ſo ſehnlich erwartete Brief, aber dein Rückfall
in deine mich folternden Zweifel und in allerlei Härten hat meinen
Nachmittag bewölkt. Ich wollte noch viel ſchreiben, aber ich muß 30
warten, bis ein zweiter Brief mich wieder erheitert. So gar glücklich
bin ich überhaupt nicht; und meine herrliche Wohnung iſt mir am
Ende das Liebſte. — Nach Heidelberg ſchrieb ich erſt Sonntags. —
Veranſtalte, daß der Ofen neu gemacht wird. Ich weiß nicht, wie
ich etwas zu den Stubendielen geben ſoll. Daß nur meine Repoſi- 35
torien, wenn nicht unverrückt, doch ungeändert bleiben. — Dein
13 Jean Paul Briefe. VII.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/200>, abgerufen am 16.07.2024.
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