zuweilen das Gute, daß man manches findet. Ich soll von der Har- monie die Nemesis von Luden, das 2te Heft des 11ten Bandes haben. Wenn ich meine Bibliothek bei meiner Rückkehr einmal ordne -- ein neues Büchergestell paßt schon 1/4 Jahr darauf -- so werd' ich das Heft wol finden. Aber vielleicht hast und findest du es. -- Eine5 neue Wohnung verjüngt am besten; deine thu' es auch.
409. An Polizeidirektor Seggel in Bayreuth.
[Konzept][Bayreuth, etwa 22. Mai 1818]
Verzeihen Sie, daß ich meine Bitte um einen neuen Paß mit einem abgenützten begleite, um mir durch diesen die persönliche10 Sitzung zu ersparen, da der alte nur in einem Punkte irrend mir schon graue Haare gab und so der Zeit vorgriff. Den neuen bitt' ich Sie auf meine Reise nach Frankfurt am Main, auf dem ge- wöhnlichen Weg über Bamberg etc. zu stellen und mir ihn wo möglich bis Montag [25. Mai] Morgen ausfertigen zu lassen.15
*410. An Karoline Richter und die Kinder.
Bamberg d. 26 Mai 1818 [Dienstag]
Meine geliebte Karoline! Ich gehe lieber heute weder zu Roten- hahn, noch zu Hake, noch zu Kunz, damit ich dir nur schreibe. Zehn- mal mehr hab' ich heute an dich gedacht als du an mich, und zwar20 darum, weil die Zeit unterwegs sich mehr zertheilt und ein durch- reiseter Vormittag zehnmal länger ist als ein einheimischer. -- Zu Hause glaubt man bei der Freude über eine Wiese an Wunder- thaten mehrer Wiesen hinter einander. Es ist nichts. Unterwegs wird man kälter und fodernder. Die schönste Aussicht war mir25 Nachmittags in deine Stube neben unsern Kindern. O du Liebe! Du hast doch das Unsrige neben dir, ich aber jetzt nichts als den Gedanken des Schreibens. Aber morgen wird dein Auge und Herz mich immer umschweben und mich an einen Tag erinnern, der heute mir noch heiliger gewesen als bei seiner Erstgeburt. Sei froh und30 hoffend, wie ich, so brauchen wir beide nichts weiter. -- Ihr Kinder, wollt ihr eurem Vater in der Ferne aus Sehnsucht eine Freude
zuweilen das Gute, daß man manches findet. Ich ſoll von der Har- monie die Nemeſis von Luden, das 2te Heft des 11ten Bandes haben. Wenn ich meine Bibliothek bei meiner Rückkehr einmal ordne — ein neues Büchergeſtell paßt ſchon ¼ Jahr darauf — ſo werd’ ich das Heft wol finden. Aber vielleicht haſt und findeſt du es. — Eine5 neue Wohnung verjüngt am beſten; deine thu’ es auch.
409. An Polizeidirektor Seggel in Bayreuth.
[Konzept][Bayreuth, etwa 22. Mai 1818]
Verzeihen Sie, daß ich meine Bitte um einen neuen Paß mit einem abgenützten begleite, um mir durch dieſen die perſönliche10 Sitzung zu erſparen, da der alte nur in einem Punkte irrend mir ſchon graue Haare gab und ſo der Zeit vorgriff. Den neuen bitt’ ich Sie auf meine Reiſe nach Frankfurt am Main, auf dem ge- wöhnlichen Weg über Bamberg ꝛc. zu ſtellen und mir ihn wo möglich bis Montag [25. Mai] Morgen ausfertigen zu laſſen.15
*410. An Karoline Richter und die Kinder.
Bamberg d. 26 Mai 1818 [Dienstag]
Meine geliebte Karoline! Ich gehe lieber heute weder zu Roten- hahn, noch zu Hake, noch zu Kunz, damit ich dir nur ſchreibe. Zehn- mal mehr hab’ ich heute an dich gedacht als du an mich, und zwar20 darum, weil die Zeit unterwegs ſich mehr zertheilt und ein durch- reiſeter Vormittag zehnmal länger iſt als ein einheimiſcher. — Zu Hauſe glaubt man bei der Freude über eine Wieſe an Wunder- thaten mehrer Wieſen hinter einander. Es iſt nichts. Unterwegs wird man kälter und fodernder. Die ſchönſte Ausſicht war mir25 Nachmittags in deine Stube neben unſern Kindern. O du Liebe! Du haſt doch das Unſrige neben dir, ich aber jetzt nichts als den Gedanken des Schreibens. Aber morgen wird dein Auge und Herz mich immer umſchweben und mich an einen Tag erinnern, der heute mir noch heiliger geweſen als bei ſeiner Erſtgeburt. Sei froh und30 hoffend, wie ich, ſo brauchen wir beide nichts weiter. — Ihr Kinder, wollt ihr eurem Vater in der Ferne aus Sehnſucht eine Freude
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zuweilen das Gute, daß man manches findet. Ich ſoll von der Har-
monie die Nemeſis von Luden, das 2te Heft des 11ten Bandes haben.
Wenn ich meine Bibliothek bei meiner Rückkehr einmal ordne —
ein neues Büchergeſtell paßt ſchon ¼ Jahr darauf — ſo werd’ ich
das Heft wol finden. Aber vielleicht haſt und findeſt du es. — Eine 5
neue Wohnung verjüngt am beſten; deine thu’ es auch.
409. An Polizeidirektor Seggel in Bayreuth.
[Bayreuth, etwa 22. Mai 1818]
Verzeihen Sie, daß ich meine Bitte um einen neuen Paß mit
einem abgenützten begleite, um mir durch dieſen die perſönliche 10
Sitzung zu erſparen, da der alte nur in einem Punkte irrend mir
ſchon graue Haare gab und ſo der Zeit vorgriff. Den neuen bitt’
ich Sie auf meine Reiſe nach Frankfurt am Main, auf dem ge-
wöhnlichen Weg über Bamberg ꝛc. zu ſtellen und mir ihn wo möglich
bis Montag [25. Mai] Morgen ausfertigen zu laſſen. 15
*410. An Karoline Richter und die Kinder.
Bamberg d. 26 Mai 1818 [Dienstag]
Meine geliebte Karoline! Ich gehe lieber heute weder zu Roten-
hahn, noch zu Hake, noch zu Kunz, damit ich dir nur ſchreibe. Zehn-
mal mehr hab’ ich heute an dich gedacht als du an mich, und zwar 20
darum, weil die Zeit unterwegs ſich mehr zertheilt und ein durch-
reiſeter Vormittag zehnmal länger iſt als ein einheimiſcher. — Zu
Hauſe glaubt man bei der Freude über eine Wieſe an Wunder-
thaten mehrer Wieſen hinter einander. Es iſt nichts. Unterwegs
wird man kälter und fodernder. Die ſchönſte Ausſicht war mir 25
Nachmittags in deine Stube neben unſern Kindern. O du Liebe!
Du haſt doch das Unſrige neben dir, ich aber jetzt nichts als den
Gedanken des Schreibens. Aber morgen wird dein Auge und Herz
mich immer umſchweben und mich an einen Tag erinnern, der heute
mir noch heiliger geweſen als bei ſeiner Erſtgeburt. Sei froh und 30
hoffend, wie ich, ſo brauchen wir beide nichts weiter. — Ihr Kinder,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:19:52Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 7. Berlin, 1954, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe07_1954/194>, abgerufen am 17.07.2024.
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