Nur eilig d. h. durch Gelegenheit antwort' ich auf Ihre schöne Einladung, bei welcher ich freilich lieber und öfter ohnehin Gast als Wirth und Koch sein möchte wäre. Es ist schön, daß in5 Berlin voriger Aufklärungsschimmer und deutsches Licht sich jetzt immer dichter zu deutscher Wärme sammelt. -- Mein Gewissen verbietet mir, an eine Zeit des Versprechens mich zu binden; indeß könnt' ich Ihrer Monatsschrift nach freiern Monaten vielleicht Zusätze zur ästhetischen Vorschule, (z. B. über die nothwendige10 Unergründlichkeit des Genies d. h. des Instinkts, also des uns un- bewußten Weltgeistes) geben. Ich bitte Sie, wenn Sie H. D. Wolfart kennen, [ihm] meinen Dank wie meine Achtung zu be- zeigen. Dieser Brief ist nicht ein Nichtssagebrief wie etw[an] ein Berührmeinnicht; und Männer, denen Deutschland das Nibelungen15 Lied und so viel weiter und Weiteres verdankt, wissen gewis, daß ein anderer Deutscher ihnen in Gesinnung und Feuer für das Gute ähnlich ist. Aber ich habe Zeit und Gesundheit von nöthen für lange Werke -- und kaum Zeit für Werkchen.
208. An Emanuel.20
[Bayreuth, 22. Dez. 1809]
Guten Morgen, Hülfreicher! Ihre Lichter sind Wachslichter; bestellen Sie also so viel davon, wenn Sie wollen, als sonst. Von beiden Sorten Papier kann ich -- natürlich hat es keine Eile -- schon noch einmal so viel gebrauchen. -- Das Bier macht mich25 noch schwanken -- in der Wahl nämlich. -- Hier mein empfind- samer Aufsatz, den ich um 12 Uhr wiederholen lassen will, um ihn zur rechten Zeit zu packen. -- Recht herzlichen Dank, mein Alter, für Sie. Otto will im Aufsatze durchaus den Titel Kammer- präsidenten wegen der Beziehung weghaben; wärs nicht genug30 wenn ich blos Präsident schriebe? Oder Appellazionspräsident? Oder am besten wol: Kammerherr?
Es fehlen noch einige Blätter, die Ihnen Emma sogleich bringen wird.
207. An Dr. Büſching in Berlin.
[Konzept][Bayreuth, 19. Dez. 1809]
Nur eilig d. h. durch Gelegenheit antwort’ ich auf Ihre ſchöne Einladung, bei welcher ich freilich lieber und öfter ohnehin Gaſt als Wirth und Koch ſein möchte 〈wäre〉. Es iſt ſchön, daß in5 Berlin voriger Aufklärungsſchimmer und deutſches Licht ſich jetzt immer dichter zu deutſcher Wärme ſammelt. — Mein Gewiſſen verbietet mir, an eine Zeit des Verſprechens mich zu binden; indeß könnt’ ich Ihrer Monatsſchrift nach freiern Monaten vielleicht Zuſätze zur äſthetiſchen Vorſchule, (z. B. über die nothwendige10 Unergründlichkeit des Genies d. h. des Inſtinkts, alſo des uns un- bewußten Weltgeiſtes) geben. Ich bitte Sie, wenn Sie H. D. Wolfart kennen, [ihm] meinen Dank wie meine Achtung zu be- zeigen. Dieſer Brief iſt nicht ein Nichtsſagebrief wie etw[an] ein Berührmeinnicht; und Männer, denen Deutſchland das Nibelungen15 Lied und ſo viel weiter und Weiteres verdankt, wiſſen gewis, daß ein anderer Deutſcher ihnen in Geſinnung und Feuer für das Gute ähnlich iſt. Aber ich habe Zeit und Geſundheit von nöthen für lange Werke — und kaum Zeit für Werkchen.
208. An Emanuel.20
[Bayreuth, 22. Dez. 1809]
Guten Morgen, Hülfreicher! Ihre Lichter ſind Wachslichter; beſtellen Sie alſo ſo viel davon, wenn Sie wollen, als ſonſt. Von beiden Sorten Papier kann ich — natürlich hat es keine Eile — ſchon noch einmal ſo viel gebrauchen. — Das Bier macht mich25 noch ſchwanken — in der Wahl nämlich. — Hier mein empfind- ſamer Aufſatz, den ich um 12 Uhr wiederholen laſſen will, um ihn zur rechten Zeit zu packen. — Recht herzlichen Dank, mein Alter, für Sie. Otto will im Aufſatze durchaus den Titel Kammer- präſidenten wegen der Beziehung weghaben; wärs nicht genug30 wenn ich blos Präſident ſchriebe? Oder Appellazionspräſident? Oder am beſten wol: Kammerherr?
Es fehlen noch einige Blätter, die Ihnen Emma ſogleich bringen wird.
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[77/0090]
207. An Dr. Büſching in Berlin.
[Bayreuth, 19. Dez. 1809]
Nur eilig d. h. durch Gelegenheit antwort’ ich auf Ihre ſchöne
Einladung, bei welcher ich freilich lieber und öfter ohnehin Gaſt
als Wirth und Koch ſein möchte 〈wäre〉. Es iſt ſchön, daß in 5
Berlin voriger Aufklärungsſchimmer und deutſches Licht ſich jetzt
immer dichter zu deutſcher Wärme ſammelt. — Mein Gewiſſen
verbietet mir, an eine Zeit des Verſprechens mich zu binden; indeß
könnt’ ich Ihrer Monatsſchrift nach freiern Monaten vielleicht
Zuſätze zur äſthetiſchen Vorſchule, (z. B. über die nothwendige 10
Unergründlichkeit des Genies d. h. des Inſtinkts, alſo des uns un-
bewußten Weltgeiſtes) geben. Ich bitte Sie, wenn Sie H. D.
Wolfart kennen, [ihm] meinen Dank wie meine Achtung zu be-
zeigen. Dieſer Brief iſt nicht ein Nichtsſagebrief wie etw[an] ein
Berührmeinnicht; und Männer, denen Deutſchland das Nibelungen 15
Lied und ſo viel weiter und Weiteres verdankt, wiſſen gewis, daß
ein anderer Deutſcher ihnen in Geſinnung und Feuer für das Gute
ähnlich iſt. Aber ich habe Zeit und Geſundheit von nöthen für
lange Werke — und kaum Zeit für Werkchen.
208. An Emanuel. 20
[Bayreuth, 22. Dez. 1809]
Guten Morgen, Hülfreicher! Ihre Lichter ſind Wachslichter;
beſtellen Sie alſo ſo viel davon, wenn Sie wollen, als ſonſt. Von
beiden Sorten Papier kann ich — natürlich hat es keine Eile —
ſchon noch einmal ſo viel gebrauchen. — Das Bier macht mich 25
noch ſchwanken — in der Wahl nämlich. — Hier mein empfind-
ſamer Aufſatz, den ich um 12 Uhr wiederholen laſſen will, um ihn
zur rechten Zeit zu packen. — Recht herzlichen Dank, mein Alter,
für Sie. Otto will im Aufſatze durchaus den Titel Kammer-
präſidenten wegen der Beziehung weghaben; wärs nicht genug 30
wenn ich blos Präſident ſchriebe? Oder Appellazionspräſident?
Oder am beſten wol: Kammerherr?
Es fehlen noch einige Blätter, die Ihnen Emma ſogleich bringen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/90>, abgerufen am 21.11.2024.
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