Mein herzlich geliebter Emanuel! Da Sie jetzo niemand be- suchen darf: so will ich Ihnen doch wenigstens schreiben und es sagen, daß Sie mir mit Ihren kindlichen Schmerzen den ganzen5 Tag nicht aus der Seele kommen. Es gibt keinen Trost fremder Schmerzen als die Theilnahme an ihnen. Doch haben Sie noch den zweifachen vor Tausenden voraus, daß Sie Ihren Vater nur spät verloren und daß Sie ihm den sinkenden Weg bergab mit aller Sohnes Liebe geebnet haben. -- Gott und die Zeit lindere die10 Wunde dem, der so gern jede fremde verbindet. Gute Nacht, mein Emanuel!
Richter
825. An Emanuel.
[Bayreuth, 20. Jan. 1814]15
Guten Morgen, Guter! Darf ich den Bredow, an welchem Sie eine historische Bibliothek haben, nicht noch ein wenig zum Exzer- pieren behalten? -- Dank für den gestrigen Seelenbrief, den nur Sie schreiben konnten.
826. An Cotta.20
Eilig.
Baireuth d. 21. Jenn. 1814 [Freitag]
Vielen Dank, trefflicher Mann, für das gütige Voraussenden der 400 fl.-Anweisung.
Zum Museum kommt nun blos noch der letzte Aufsatz über die Träume, dessen Hälfte schon vollendet ist. Lieb wäre mir freilich25 eine frühere Herausgabe als die zur M[ichaelis] Messe; denn einige Ideen z. B. über Magnetismus möcht ich früher verbreiten als sie mir gestohlen werden. --
Erlaubt eine feige Zensur nicht den Abdruck des Aufsatzes von Mars und Sol: so senden Sie mir ihn mit umgehender fahrender30 Post zurück. Ich erweitere ihn ein wenig*) und lass' ihn als Flug- schrift drucken; denn jetzo wirkt er am schönsten, so wie mein
*) besonders hinten am ernsten Schluße, um das heilige Feuer der Deutschen immer mehr zu griechischem anzuschüren.
824. An Emanuel.
[Bayreuth, 19. Jan. 1814]
Mein herzlich geliebter Emanuel! Da Sie jetzo niemand be- ſuchen darf: ſo will ich Ihnen doch wenigſtens ſchreiben und es ſagen, daß Sie mir mit Ihren kindlichen Schmerzen den ganzen5 Tag nicht aus der Seele kommen. Es gibt keinen Troſt fremder Schmerzen als die Theilnahme an ihnen. Doch haben Sie noch den zweifachen vor Tauſenden voraus, daß Sie Ihren Vater nur ſpät verloren und daß Sie ihm den ſinkenden Weg bergab mit aller Sohnes Liebe geebnet haben. — Gott und die Zeit lindere die10 Wunde dem, der ſo gern jede fremde verbindet. Gute Nacht, mein Emanuel!
Richter
825. An Emanuel.
[Bayreuth, 20. Jan. 1814]15
Guten Morgen, Guter! Darf ich den Bredow, an welchem Sie eine hiſtoriſche Bibliothek haben, nicht noch ein wenig zum Exzer- pieren behalten? — Dank für den geſtrigen Seelenbrief, den nur Sie ſchreiben konnten.
826. An Cotta.20
Eilig.
Baireuth d. 21. Jenn. 1814 [Freitag]
Vielen Dank, trefflicher Mann, für das gütige Vorausſenden der 400 fl.-Anweiſung.
Zum Museum kommt nun blos noch der letzte Aufſatz über die Träume, deſſen Hälfte ſchon vollendet iſt. Lieb wäre mir freilich25 eine frühere Herausgabe als die zur M[ichaelis] Meſſe; denn einige Ideen z. B. über Magnetiſmus möcht ich früher verbreiten als ſie mir geſtohlen werden. —
Erlaubt eine feige Zenſur nicht den Abdruck des Aufſatzes von Mars und Sol: ſo ſenden Sie mir ihn mit umgehender fahrender30 Poſt zurück. Ich erweitere ihn ein wenig*) und laſſ’ ihn als Flug- ſchrift drucken; denn jetzo wirkt er am ſchönſten, ſo wie mein
*) beſonders hinten am ernſten Schluße, um das heilige Feuer der Deutſchen immer mehr zu griechiſchem anzuſchüren.
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[Bayreuth, 19. Jan. 1814]
Mein herzlich geliebter Emanuel! Da Sie jetzo niemand be-
ſuchen darf: ſo will ich Ihnen doch wenigſtens ſchreiben und es
ſagen, daß Sie mir mit Ihren kindlichen Schmerzen den ganzen 5
Tag nicht aus der Seele kommen. Es gibt keinen Troſt fremder
Schmerzen als die Theilnahme an ihnen. Doch haben Sie noch
den zweifachen vor Tauſenden voraus, daß Sie Ihren Vater nur
ſpät verloren und daß Sie ihm den ſinkenden Weg bergab mit
aller Sohnes Liebe geebnet haben. — Gott und die Zeit lindere die 10
Wunde dem, der ſo gern jede fremde verbindet. Gute Nacht, mein
Emanuel!
Richter
825. An Emanuel.
[Bayreuth, 20. Jan. 1814] 15
Guten Morgen, Guter! Darf ich den Bredow, an welchem Sie
eine hiſtoriſche Bibliothek haben, nicht noch ein wenig zum Exzer-
pieren behalten? — Dank für den geſtrigen Seelenbrief, den nur Sie
ſchreiben konnten.
826. An Cotta. 20
Eilig.Baireuth d. 21. Jenn. 1814 [Freitag]
Vielen Dank, trefflicher Mann, für das gütige Vorausſenden
der 400 fl.-Anweiſung.
Zum Museum kommt nun blos noch der letzte Aufſatz über die
Träume, deſſen Hälfte ſchon vollendet iſt. Lieb wäre mir freilich 25
eine frühere Herausgabe als die zur M[ichaelis] Meſſe; denn
einige Ideen z. B. über Magnetiſmus möcht ich früher verbreiten
als ſie mir geſtohlen werden. —
Erlaubt eine feige Zenſur nicht den Abdruck des Aufſatzes von
Mars und Sol: ſo ſenden Sie mir ihn mit umgehender fahrender 30
Poſt zurück. Ich erweitere ihn ein wenig *) und laſſ’ ihn als Flug-
ſchrift drucken; denn jetzo wirkt er am ſchönſten, ſo wie mein
*) beſonders hinten am ernſten Schluße, um das heilige Feuer der Deutſchen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:17:09Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 6. Berlin, 1952, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe06_1962/373>, abgerufen am 16.07.2024.
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