Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.Eingreifen ins Leben, du hättest jenes früher haben können. Ich bin Herzlich freu' ich mich auf deine künftige Freude an meinen drei5 Ein Koffer voll Briefe an mich wartet auf dich; auch von deinen15 23 M[ai] Nachschrift Was half Groß-Quart? Ich habe doch nicht Platz genug für25 Erkundige dich doch recht nach Hamann und schreibe von ihm. Eingreifen ins Leben, du hätteſt jenes früher haben können. Ich bin Herzlich freu’ ich mich auf deine künftige Freude an meinen drei5 Ein Koffer voll Briefe an mich wartet auf dich; auch von deinen15 23 M[ai] Nachſchrift Was half Groß-Quart? Ich habe doch nicht Platz genug für25 Erkundige dich doch recht nach Hamann und ſchreibe von ihm. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0235" n="219"/> Eingreifen ins Leben, du hätteſt jenes früher haben können. Ich bin<lb/> begierig, ob du nicht, wenn du kommſt, als Weltmann mir ähnlicher<lb/> geworden erſcheinſt; ich ſollt es aber denken, da dich die vornehmſten<lb/> Perſonen kühner hinaufgebildet.</p><lb/> <p>Herzlich freu’ ich mich auf deine künftige Freude an meinen drei<lb n="5"/> durchaus unähnlichen, aber unverdorben aufknoſpenden Kindern;<lb/> und es wäre mir ſchwer, deine Auswahl zu weiſſagen. Ach wäreſt<lb/> du nur da! — Und doch kann ich nichts wünſchen, als was dein<lb/> künftiges Glück <hi rendition="#g">ausb</hi>auet. Laß ja in dieſen entwaffnenden Zeiten<lb/> Griff und Heft nicht fahren, ſobald du einmal die Fauſt darin haſt<lb n="10"/> wie jetzt! Auf Große verlaſſ’ ich mich keine Minute länger als meine<lb/> Gegenwart dauert; eine ſchwache Allmacht, da man ſo oft zur<lb/> Thüre hinaus und fort muß, und wär’s nur, um das zu piſſen, was<lb/> man drinnen getrunken.</p><lb/> <p>Ein Koffer voll Briefe an mich wartet auf dich; auch von deinen<lb n="15"/> hieher hab’ ich gehört, ſie ſelber aber nicht; die ſchlechteſten Chriſten<lb/> wiſſen jetzt mehr aus den Briefen der Apoſtel als ich und <hi rendition="#aq">Emanuel</hi><lb/> aus deinen. Und doch iſt <hi rendition="#aq">Amöne</hi> vielleicht weiter und kecker zu<lb/> Werk gegangen als du gewünſcht; hundert Menſchen, nicht blos<lb/> hier, ſchon unterwegs durften jedes Wort von dir leſen, das du auf<lb n="20"/> den — Umſchlag geſchrieben. Auch außen ſollteſt du dir gleich bleiben<lb/> und nicht für alle Welt ſchreiben.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">23 M[ai]</hi> </dateline><lb/> <head> <hi rendition="#g">Nachſchrift</hi> </head><lb/> <p>Was half Groß-Quart? Ich habe doch nicht Platz genug für<lb n="25"/> meine Worte; — den hat blos der Bogengang in der Eremitage.<lb/> Ich beneide dich um dein durchgearbeitetes Stück Leben (nur den<lb/> Flucht-Anfang ausgenommen); wie ideen- und kräfte-arm ſind<lb/> dagegen 10 Stuben-Jahre! In deinem Schickſale iſt etwas — faſt<lb/> wie in meinem —; nämlich ein wachſendes Erhöhen und Vertiefen;<lb n="30"/> aber jede Tiefe iſt kleiner als die vorige, und folglich ſteigt die Er-<lb/> höhung. Dieſer Krieg ſollte dir viel Vertrauen auf einen freundlichen<lb/> Genius deines Lebens geben. —</p><lb/> <p>Erkundige dich doch recht nach <hi rendition="#aq">Hamann</hi> und ſchreibe von ihm.<lb/> Du könnteſt gerade zu zu ſeinem natürlichen Sohne gehen und ihn<lb n="35"/> von mir grüßen und fragen, wenn einmal dieſe[s] grüne Gewölbe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [219/0235]
Eingreifen ins Leben, du hätteſt jenes früher haben können. Ich bin
begierig, ob du nicht, wenn du kommſt, als Weltmann mir ähnlicher
geworden erſcheinſt; ich ſollt es aber denken, da dich die vornehmſten
Perſonen kühner hinaufgebildet.
Herzlich freu’ ich mich auf deine künftige Freude an meinen drei 5
durchaus unähnlichen, aber unverdorben aufknoſpenden Kindern;
und es wäre mir ſchwer, deine Auswahl zu weiſſagen. Ach wäreſt
du nur da! — Und doch kann ich nichts wünſchen, als was dein
künftiges Glück ausbauet. Laß ja in dieſen entwaffnenden Zeiten
Griff und Heft nicht fahren, ſobald du einmal die Fauſt darin haſt 10
wie jetzt! Auf Große verlaſſ’ ich mich keine Minute länger als meine
Gegenwart dauert; eine ſchwache Allmacht, da man ſo oft zur
Thüre hinaus und fort muß, und wär’s nur, um das zu piſſen, was
man drinnen getrunken.
Ein Koffer voll Briefe an mich wartet auf dich; auch von deinen 15
hieher hab’ ich gehört, ſie ſelber aber nicht; die ſchlechteſten Chriſten
wiſſen jetzt mehr aus den Briefen der Apoſtel als ich und Emanuel
aus deinen. Und doch iſt Amöne vielleicht weiter und kecker zu
Werk gegangen als du gewünſcht; hundert Menſchen, nicht blos
hier, ſchon unterwegs durften jedes Wort von dir leſen, das du auf 20
den — Umſchlag geſchrieben. Auch außen ſollteſt du dir gleich bleiben
und nicht für alle Welt ſchreiben.
23 M[ai]
Nachſchrift
Was half Groß-Quart? Ich habe doch nicht Platz genug für 25
meine Worte; — den hat blos der Bogengang in der Eremitage.
Ich beneide dich um dein durchgearbeitetes Stück Leben (nur den
Flucht-Anfang ausgenommen); wie ideen- und kräfte-arm ſind
dagegen 10 Stuben-Jahre! In deinem Schickſale iſt etwas — faſt
wie in meinem —; nämlich ein wachſendes Erhöhen und Vertiefen; 30
aber jede Tiefe iſt kleiner als die vorige, und folglich ſteigt die Er-
höhung. Dieſer Krieg ſollte dir viel Vertrauen auf einen freundlichen
Genius deines Lebens geben. —
Erkundige dich doch recht nach Hamann und ſchreibe von ihm.
Du könnteſt gerade zu zu ſeinem natürlichen Sohne gehen und ihn 35
von mir grüßen und fragen, wenn einmal dieſe[s] grüne Gewölbe
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(2016-11-22T15:13:57Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:13:57Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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