Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961.

Bild:
<< vorherige Seite
460. An Ernestine von Hake in Berlin.

Ich danke dem Phöbus, der immer Wolken und Nächte wegnimmt
und dadurch die Freunde einander wieder zeigt, daß ers auch bei
Ihnen gethan. Mein und Ahlefeldts froher Entree-Mittag --5
unsere Gartenlust -- Ihre idyllische häusliche Oekonomie und doch
bestimmte Wirthschaft und manche offne schöne Worte -- all dieß
ist mir so wie Ihre Gestalt unvertilgt in der Seele geblieben. Bei
etc. sah ich Sie zum letztenmal -- -- Aber ich dulde dieses Wort
nicht; es gibt überhaupt kein letztesmal -- wie mir überhaupt die10
Verkettung Ihren Brief zubrachte, so wird eine ähnliche mich einmal
zu Ihnen bringen. Und dann soll unser voriger Abend auch um-
kehren mit seinem Abendroth. Ihren Wunsch zu erfüllen hatt'
ich 4 Ursachen, die Kunst, Kleist, Müller und Sie. Mögen Ihnen
alle andere und größere Wünsche, da Sie nur gute thun werden, eben15
so leicht erfüllet werden.

461. An Emanuel.

Guten Morgen! Hier haben Sie allerlei an mich und an Sie.
Thieriot wird wol vor Ende dieses oder seiner Narrheit kein Blatt20
mehr von mir bekommen. Hab' ich denn alles von der Eva er-
halten? Ihnen gibt er die Erlaubnis, mir alles zu geben. Es ist
närrisch, wie entgegengesetzt die Menschen mit ihren Geheimnissen
zu verschiednen Zeiten umspringen. Was macht Ihre Mutter?

462. An Emanuel.25

Guten Tag, Guter, wenn der Sohn ihn jetzt haben kann! Ach
ich wollte, ich stünde am Bette, ich wollte doch manches einrathen! --
Kein gewöhnlicher Arzt fragt darnach, wie alt ein Mensch ist; und
das Alter allein bestimmt doch die Heil-Weise. -- Ihr Freund leidet30
als wär' er Ihr Bruder und hätte Eine Mutter. Ich kenne das
Mutter-Verlieren.

460. An Erneſtine von Hake in Berlin.

Ich danke dem Phöbus, der immer Wolken und Nächte wegnimmt
und dadurch die Freunde einander wieder zeigt, daß ers auch bei
Ihnen gethan. Mein und Ahlefeldts froher Entrée-Mittag —5
unſere Gartenluſt — Ihre idylliſche häusliche Oekonomie und doch
beſtimmte Wirthſchaft und manche offne ſchöne Worte — all dieß
iſt mir ſo wie Ihre Geſtalt unvertilgt in der Seele geblieben. Bei
ꝛc. ſah ich Sie zum letztenmal — — Aber ich dulde dieſes Wort
nicht; es gibt überhaupt kein letztesmal — wie mir überhaupt die10
Verkettung Ihren Brief zubrachte, ſo wird eine ähnliche mich einmal
zu Ihnen bringen. Und dann ſoll unſer voriger Abend auch um-
kehren mit ſeinem Abendroth. Ihren Wunſch zu erfüllen hatt’
ich 4 Urſachen, die Kunſt, Kleiſt, Müller und Sie. Mögen Ihnen
alle andere und größere Wünſche, da Sie nur gute thun werden, eben15
ſo leicht erfüllet werden.

461. An Emanuel.

Guten Morgen! Hier haben Sie allerlei an mich und an Sie.
Thieriot wird wol vor Ende dieſes oder ſeiner Narrheit kein Blatt20
mehr von mir bekommen. Hab’ ich denn alles von der Eva er-
halten? Ihnen gibt er die Erlaubnis, mir alles zu geben. Es iſt
närriſch, wie entgegengeſetzt die Menſchen mit ihren Geheimniſſen
zu verſchiednen Zeiten umſpringen. Was macht Ihre Mutter?

462. An Emanuel.25

Guten Tag, Guter, wenn der Sohn ihn jetzt haben kann! Ach
ich wollte, ich ſtünde am Bette, ich wollte doch manches einrathen! —
Kein gewöhnlicher Arzt fragt darnach, wie alt ein Menſch iſt; und
das Alter allein beſtimmt doch die Heil-Weiſe. — Ihr Freund leidet30
als wär’ er Ihr Bruder und hätte Eine Mutter. Ich kenne das
Mutter-Verlieren.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0206" n="191"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>460. An <hi rendition="#g">Erne&#x017F;tine von Hake in Berlin.</hi></head><lb/>
        <byline>[Kopie]</byline>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 5. Jan. 1808]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Ich danke dem Phöbus, der immer Wolken und Nächte wegnimmt<lb/>
und dadurch die Freunde einander wieder zeigt, daß ers auch bei<lb/>
Ihnen gethan. Mein und <hi rendition="#aq">Ahlefeldts</hi> froher Entr<hi rendition="#aq">é</hi>e-Mittag &#x2014;<lb n="5"/>
un&#x017F;ere Gartenlu&#x017F;t &#x2014; Ihre idylli&#x017F;che häusliche Oekonomie und doch<lb/>
be&#x017F;timmte Wirth&#x017F;chaft und manche offne &#x017F;chöne Worte &#x2014; all dieß<lb/>
i&#x017F;t mir &#x017F;o wie Ihre Ge&#x017F;talt unvertilgt in der Seele geblieben. Bei<lb/>
&#xA75B;c. &#x017F;ah ich Sie zum letztenmal &#x2014; &#x2014; Aber ich dulde die&#x017F;es Wort<lb/>
nicht; es gibt überhaupt kein letztesmal &#x2014; wie mir überhaupt die<lb n="10"/>
Verkettung Ihren Brief zubrachte, &#x017F;o wird eine ähnliche mich einmal<lb/>
zu Ihnen bringen. Und dann &#x017F;oll un&#x017F;er voriger Abend auch um-<lb/>
kehren mit &#x017F;einem Abendroth. Ihren Wun&#x017F;ch zu erfüllen hatt&#x2019;<lb/>
ich 4 Ur&#x017F;achen, die Kun&#x017F;t, Klei&#x017F;t, Müller und Sie. Mögen Ihnen<lb/>
alle andere und größere Wün&#x017F;che, da Sie nur gute thun werden, eben<lb n="15"/>
&#x017F;o leicht erfüllet werden.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>461. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 7. Jan. 1808]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Morgen! Hier haben Sie allerlei an mich und an Sie.<lb/>
Thieriot wird wol vor Ende die&#x017F;es oder &#x017F;einer Narrheit kein Blatt<lb n="20"/>
mehr von mir bekommen. Hab&#x2019; ich denn alles von der <hi rendition="#aq">Eva</hi> er-<lb/>
halten? Ihnen gibt er die Erlaubnis, mir alles zu geben. Es i&#x017F;t<lb/>
närri&#x017F;ch, wie entgegenge&#x017F;etzt die Men&#x017F;chen mit ihren Geheimni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zu ver&#x017F;chiednen Zeiten um&#x017F;pringen. Was macht Ihre Mutter?</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>462. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi><lb n="25"/>
</head>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Bayreuth, 7. Jan. 1808]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Guten Tag, Guter, wenn der Sohn ihn <hi rendition="#g">jetzt</hi> haben kann! Ach<lb/>
ich wollte, ich &#x017F;tünde am Bette, ich wollte doch manches einrathen! &#x2014;<lb/>
Kein gewöhnlicher Arzt fragt darnach, wie <hi rendition="#g">alt</hi> ein Men&#x017F;ch i&#x017F;t; und<lb/>
das Alter allein be&#x017F;timmt doch die Heil-Wei&#x017F;e. &#x2014; Ihr Freund leidet<lb n="30"/>
als wär&#x2019; er Ihr Bruder und hätte Eine Mutter. Ich kenne das<lb/>
Mutter-Verlieren.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0206] 460. An Erneſtine von Hake in Berlin. [Kopie][Bayreuth, 5. Jan. 1808] Ich danke dem Phöbus, der immer Wolken und Nächte wegnimmt und dadurch die Freunde einander wieder zeigt, daß ers auch bei Ihnen gethan. Mein und Ahlefeldts froher Entrée-Mittag — 5 unſere Gartenluſt — Ihre idylliſche häusliche Oekonomie und doch beſtimmte Wirthſchaft und manche offne ſchöne Worte — all dieß iſt mir ſo wie Ihre Geſtalt unvertilgt in der Seele geblieben. Bei ꝛc. ſah ich Sie zum letztenmal — — Aber ich dulde dieſes Wort nicht; es gibt überhaupt kein letztesmal — wie mir überhaupt die 10 Verkettung Ihren Brief zubrachte, ſo wird eine ähnliche mich einmal zu Ihnen bringen. Und dann ſoll unſer voriger Abend auch um- kehren mit ſeinem Abendroth. Ihren Wunſch zu erfüllen hatt’ ich 4 Urſachen, die Kunſt, Kleiſt, Müller und Sie. Mögen Ihnen alle andere und größere Wünſche, da Sie nur gute thun werden, eben 15 ſo leicht erfüllet werden. 461. An Emanuel. [Bayreuth, 7. Jan. 1808] Guten Morgen! Hier haben Sie allerlei an mich und an Sie. Thieriot wird wol vor Ende dieſes oder ſeiner Narrheit kein Blatt 20 mehr von mir bekommen. Hab’ ich denn alles von der Eva er- halten? Ihnen gibt er die Erlaubnis, mir alles zu geben. Es iſt närriſch, wie entgegengeſetzt die Menſchen mit ihren Geheimniſſen zu verſchiednen Zeiten umſpringen. Was macht Ihre Mutter? 462. An Emanuel. 25 [Bayreuth, 7. Jan. 1808] Guten Tag, Guter, wenn der Sohn ihn jetzt haben kann! Ach ich wollte, ich ſtünde am Bette, ich wollte doch manches einrathen! — Kein gewöhnlicher Arzt fragt darnach, wie alt ein Menſch iſt; und das Alter allein beſtimmt doch die Heil-Weiſe. — Ihr Freund leidet 30 als wär’ er Ihr Bruder und hätte Eine Mutter. Ich kenne das Mutter-Verlieren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:13:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:13:57Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/206
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 5. Berlin, 1961, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe05_1961/206>, abgerufen am 25.11.2024.