daß Sie unter allen Weibern die beste Prosa schrieben) Geben Sie mir leztere bald. Lebe wohl, edle Seele, wohl, wohl!
Jean Paul Fr. Richter
97. An Christian Otto.
B[erlin] d. 12. März 1801.5
Mit Freuden that ich deinen Willen, ob mir gleich Ahlefeldt wenig Glük wünschte. Die Exekuzion ist inhibiert. Nur Hardenberg ent- scheidet hier. Ich schrieb an ihn und bekam ausser der beiliegenden diese mündliche Antwort: "Der König hab' es ihm gesandt -- er "habe etc. inhibiert -- auch habe die Kammer nur eigenmächtig die10 "Exekuzion eingelegt -- es sei alles in seinen Händen und in salvo[60] "und er werde thun was er könne -- es sei schon unter dem Marg- "grafen geborgt" (als Milderungsgrund). Ob er gleich bei seinem herlichen energisch-feinen und offenherzig-öfnenden Gesicht eben so oft eine ofne Falthüre sein mag: so trau' ich ihm doch diesmal ganz. Das15 Liebste war mir, daß ich dich ihm recht portraitieren konte. (Denn er zog mich sogleich als er erschien, aus dem dicken diner-Kongres in ein anderes Zimmer und nur ein interveniens schied uns) Er sagte, "er kenne dich nur aus einem Aufsaze, aber daraus leuchte schon das "und das hervor. (Welcher ists?) Und solche Leute brauche eben der20 "König." Bei irgend einer wichtigen Vakatur trit geradezu vor! --
Wegen meiner Geschäfte und Freuden konte mich nur die Pflicht bewegen, dir schon jezt zu schreiben. Der Rest bleibe also einer. -- Die Kalb ist eine einfältige Lügnerin; so plauderte sie mir ein 2/3 ihrer Briefe ab mit Wortbruch. Ohne meine umkehrende -- da doch mein25 Name mehr gemisbraucht werden kan als ihrer -- kehren ihre nicht um. Hier hab' ich nichts, und nur 1/3 . -- Sei über das Merkur-Nein froh; denn er giebt nie Honorar, aus Absaz-Mangel. Leichter gienge eine Samlung in Ein Buch. -- Erst zur Messe komt der Titan. -- Ich gehe (wenn mir nicht der König etwas giebt, was ich in Bayreuth ver-30 zehren mus) nach Meinungen entschieden; auch die Schlabrendorff, von der sich Ahlefeldt durch meine Vermittelung (weil er ein er- bärmlicher Simultanliebhaber ist, aber nicht aus deinen vermutheten Gründen) geschieden hat. -- Ich achte sie immer mehr. Sie ist die Freundin meiner Caroline, die auch von der Krüdner unendlich geliebt35 wird. Über meinen Engel C. kan ich in dieser Kürze nichts sagen; es
daß Sie unter allen Weibern die beſte Proſa ſchrieben) Geben Sie mir leztere bald. Lebe wohl, edle Seele, wohl, wohl!
Jean Paul Fr. Richter
97. An Chriſtian Otto.
B[erlin] d. 12. März 1801.5
Mit Freuden that ich deinen Willen, ob mir gleich Ahlefeldt wenig Glük wünſchte. Die Exekuzion iſt inhibiert. Nur Hardenberg ent- ſcheidet hier. Ich ſchrieb an ihn und bekam auſſer der beiliegenden dieſe mündliche Antwort: „Der König hab’ es ihm geſandt — er „habe ꝛc. inhibiert — auch habe die Kammer nur eigenmächtig die10 „Exekuzion eingelegt — es ſei alles in ſeinen Händen und in salvo[60] „und er werde thun was er könne — es ſei ſchon unter dem Marg- „grafen geborgt“ (als Milderungsgrund). Ob er gleich bei ſeinem herlichen energiſch-feinen und offenherzig-öfnenden Geſicht eben ſo oft eine ofne Falthüre ſein mag: ſo trau’ ich ihm doch diesmal ganz. Das15 Liebſte war mir, daß ich dich ihm recht portraitieren konte. (Denn er zog mich ſogleich als er erſchien, aus dem dicken diner-Kongres in ein anderes Zimmer und nur ein interveniens ſchied uns) Er ſagte, „er kenne dich nur aus einem Aufſaze, aber daraus leuchte ſchon das „und das hervor. (Welcher iſts?) Und ſolche Leute brauche eben der20 „König.“ Bei irgend einer wichtigen Vakatur trit geradezu vor! —
Wegen meiner Geſchäfte und Freuden konte mich nur die Pflicht bewegen, dir ſchon jezt zu ſchreiben. Der Reſt bleibe alſo einer. — Die Kalb iſt eine einfältige Lügnerin; ſo plauderte ſie mir ein ⅔ ihrer Briefe ab mit Wortbruch. Ohne meine umkehrende — da doch mein25 Name mehr gemisbraucht werden kan als ihrer — kehren ihre nicht um. Hier hab’ ich nichts, und nur ⅓. — Sei über das Merkur-Nein froh; denn er giebt nie Honorar, aus Abſaz-Mangel. Leichter gienge eine Samlung in Ein Buch. — Erſt zur Meſſe komt der Titan. — Ich gehe (wenn mir nicht der König etwas giebt, was ich in Bayreuth ver-30 zehren mus) nach Meinungen entſchieden; auch die Schlabrendorff, von der ſich Ahlefeldt durch meine Vermittelung (weil er ein er- bärmlicher Simultanliebhaber iſt, aber nicht aus deinen vermutheten Gründen) geſchieden hat. — Ich achte ſie immer mehr. Sie iſt die Freundin meiner Caroline, die auch von der Krüdner unendlich geliebt35 wird. Über meinen Engel C. kan ich in dieſer Kürze nichts ſagen; es
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[53/0059]
daß Sie unter allen Weibern die beſte Proſa ſchrieben) Geben Sie
mir leztere bald. Lebe wohl, edle Seele, wohl, wohl!
Jean Paul Fr. Richter
97. An Chriſtian Otto.
B[erlin] d. 12. März 1801. 5
Mit Freuden that ich deinen Willen, ob mir gleich Ahlefeldt wenig
Glük wünſchte. Die Exekuzion iſt inhibiert. Nur Hardenberg ent-
ſcheidet hier. Ich ſchrieb an ihn und bekam auſſer der beiliegenden
dieſe mündliche Antwort: „Der König hab’ es ihm geſandt — er
„habe ꝛc. inhibiert — auch habe die Kammer nur eigenmächtig die 10
„Exekuzion eingelegt — es ſei alles in ſeinen Händen und in salvo
„und er werde thun was er könne — es ſei ſchon unter dem Marg-
„grafen geborgt“ (als Milderungsgrund). Ob er gleich bei ſeinem
herlichen energiſch-feinen und offenherzig-öfnenden Geſicht eben ſo oft
eine ofne Falthüre ſein mag: ſo trau’ ich ihm doch diesmal ganz. Das 15
Liebſte war mir, daß ich dich ihm recht portraitieren konte. (Denn er
zog mich ſogleich als er erſchien, aus dem dicken diner-Kongres in
ein anderes Zimmer und nur ein interveniens ſchied uns) Er ſagte,
„er kenne dich nur aus einem Aufſaze, aber daraus leuchte ſchon das
„und das hervor. (Welcher iſts?) Und ſolche Leute brauche eben der 20
„König.“ Bei irgend einer wichtigen Vakatur trit geradezu vor! —
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Wegen meiner Geſchäfte und Freuden konte mich nur die Pflicht
bewegen, dir ſchon jezt zu ſchreiben. Der Reſt bleibe alſo einer. — Die
Kalb iſt eine einfältige Lügnerin; ſo plauderte ſie mir ein ⅔ ihrer
Briefe ab mit Wortbruch. Ohne meine umkehrende — da doch mein 25
Name mehr gemisbraucht werden kan als ihrer — kehren ihre nicht
um. Hier hab’ ich nichts, und nur ⅓. — Sei über das Merkur-Nein
froh; denn er giebt nie Honorar, aus Abſaz-Mangel. Leichter gienge
eine Samlung in Ein Buch. — Erſt zur Meſſe komt der Titan. — Ich
gehe (wenn mir nicht der König etwas giebt, was ich in Bayreuth ver- 30
zehren mus) nach Meinungen entſchieden; auch die Schlabrendorff,
von der ſich Ahlefeldt durch meine Vermittelung (weil er ein er-
bärmlicher Simultanliebhaber iſt, aber nicht aus deinen vermutheten
Gründen) geſchieden hat. — Ich achte ſie immer mehr. Sie iſt die
Freundin meiner Caroline, die auch von der Krüdner unendlich geliebt 35
wird. Über meinen Engel C. kan ich in dieſer Kürze nichts ſagen; es
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/59>, abgerufen am 16.07.2024.
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