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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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ist des Guten zu viel. -- An die Königin sandt' ich einen Geburts-
tagswunsch; schick ihn wieder. -- Herold gab dir doch die Briefe, die
du mir durch Bertram hättest senden können? -- Hardenberg bat
alle am Tische, das Gerücht der Vertauschung Bayreuths etc. zu wider-
legen. -- Du bist mir jezt 2 lange Antworten schuldig. -- Ich bin ob5
ich gleich jezt 14 Tage hinter einander (kaum 2 Abende ausgenommen)
[61]an fremden Tischen diniert und soupiert habe, doch noch auf den
Beinen und am Schreibetisch -- und dabei das Abendfeuer der Liebe
und den Wein und kein Bitterbier -- "welch' ein Herkules!" wirst
du sagen; ja wohl, Lieber!10

Mein Emanuel sei von meinem ganzen Herzen gegrüsset. Seine
Schuld ist quittiert. -- Auch unsere liebe Amöne grüss' ich warm;
hab' ich nur einmal Zeit, mich niederzusezen, so schreib' ich ihr und
Fried[eriken]. Lebe wohl, mein innigst Geliebtester! --

Richter15

Im Mai fahr ich von hinnen.

d. 14 M. heute lies mich der Minister und der Kronprinzenhofmeister
wieder einladen zum Essen; aber ich war schon bei der schönsten und
gebildetsten Gräfin Voß versagt: aber schlug es beiden ab, weil ichs
dieser in dieser Woche schon 2 mal abgeschlagen.20

Der Kaiser Paul komt zur Revue; er hat die Königin kaiserlich
beschenkt.

98. An Hofrat Karl Spazier in Leipzig.
[Kopie]

Mit Freuden lass' ich das 2te kanonische Band, das uns zusammen-25
schlingt, um mich gehen. Den Fehler meines Schweigens mach' ich
nur dadurch kleiner, daß ich ihn grösser mache und gegen alle Welt
begehe -- weil ich mus, wenn ich hier unter diesem Überflus an Freu-
den und Mangel an Stunden eine übrigbehalten wil für den Titan. --
Die Mutter, die dem eleganten Geschlecht eine neue Wappensgenossin30
zugeführt.

99. An Geheimrat Mayer.

Verehrtester Herr Vater! Verzeihen Sie meine späte Antwort,
welche, da Sie mein Ja voraussezen konten, doch nur ein deutlicheres35

iſt des Guten zu viel. — An die Königin ſandt’ ich einen Geburts-
tagswunſch; ſchick ihn wieder. — Herold gab dir doch die Briefe, die
du mir durch Bertram hätteſt ſenden können? — Hardenberg bat
alle am Tiſche, das Gerücht der Vertauſchung Bayreuths ꝛc. zu wider-
legen. — Du biſt mir jezt 2 lange Antworten ſchuldig. — Ich bin ob5
ich gleich jezt 14 Tage hinter einander (kaum 2 Abende ausgenommen)
[61]an fremden Tiſchen diniert und ſoupiert habe, doch noch auf den
Beinen und am Schreibetiſch — und dabei das Abendfeuer der Liebe
und den Wein und kein Bitterbier — „welch’ ein Herkules!“ wirſt
du ſagen; ja wohl, Lieber!10

Mein Emanuel ſei von meinem ganzen Herzen gegrüſſet. Seine
Schuld iſt quittiert. — Auch unſere liebe Amöne grüſſ’ ich warm;
hab’ ich nur einmal Zeit, mich niederzuſezen, ſo ſchreib’ ich ihr und
Fried[eriken]. Lebe wohl, mein innigſt Geliebteſter! —

Richter15

Im Mai fahr ich von hinnen.

d. 14 M. heute lies mich der Miniſter und der Kronprinzenhofmeiſter
wieder einladen zum Eſſen; aber ich war ſchon bei der ſchönſten und
gebildetſten Gräfin Voß verſagt: aber ſchlug es beiden ab, weil ichs
dieſer in dieſer Woche ſchon 2 mal abgeſchlagen.20

Der Kaiſer Paul komt zur Revue; er hat die Königin kaiſerlich
beſchenkt.

98. An Hofrat Karl Spazier in Leipzig.
[Kopie]

Mit Freuden laſſ’ ich das 2te kanoniſche Band, das uns zuſammen-25
ſchlingt, um mich gehen. Den Fehler meines Schweigens mach’ ich
nur dadurch kleiner, daß ich ihn gröſſer mache und gegen alle Welt
begehe — weil ich mus, wenn ich hier unter dieſem Überflus an Freu-
den und Mangel an Stunden eine übrigbehalten wil für den Titan. —
Die Mutter, die dem eleganten Geſchlecht eine neue Wappensgenoſſin30
zugeführt.

99. An Geheimrat Mayer.

Verehrteſter Herr Vater! Verzeihen Sie meine ſpäte Antwort,
welche, da Sie mein Ja vorausſezen konten, doch nur ein deutlicheres35

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[54/0060] iſt des Guten zu viel. — An die Königin ſandt’ ich einen Geburts- tagswunſch; ſchick ihn wieder. — Herold gab dir doch die Briefe, die du mir durch Bertram hätteſt ſenden können? — Hardenberg bat alle am Tiſche, das Gerücht der Vertauſchung Bayreuths ꝛc. zu wider- legen. — Du biſt mir jezt 2 lange Antworten ſchuldig. — Ich bin ob 5 ich gleich jezt 14 Tage hinter einander (kaum 2 Abende ausgenommen) an fremden Tiſchen diniert und ſoupiert habe, doch noch auf den Beinen und am Schreibetiſch — und dabei das Abendfeuer der Liebe und den Wein und kein Bitterbier — „welch’ ein Herkules!“ wirſt du ſagen; ja wohl, Lieber! 10 [61]Mein Emanuel ſei von meinem ganzen Herzen gegrüſſet. Seine Schuld iſt quittiert. — Auch unſere liebe Amöne grüſſ’ ich warm; hab’ ich nur einmal Zeit, mich niederzuſezen, ſo ſchreib’ ich ihr und Fried[eriken]. Lebe wohl, mein innigſt Geliebteſter! — Richter 15 Im Mai fahr ich von hinnen. d. 14 M. heute lies mich der Miniſter und der Kronprinzenhofmeiſter wieder einladen zum Eſſen; aber ich war ſchon bei der ſchönſten und gebildetſten Gräfin Voß verſagt: aber ſchlug es beiden ab, weil ichs dieſer in dieſer Woche ſchon 2 mal abgeſchlagen. 20 Der Kaiſer Paul komt zur Revue; er hat die Königin kaiſerlich beſchenkt. 98. An Hofrat Karl Spazier in Leipzig. [Berlin, Mitte März 1801] Mit Freuden laſſ’ ich das 2te kanoniſche Band, das uns zuſammen- 25 ſchlingt, um mich gehen. Den Fehler meines Schweigens mach’ ich nur dadurch kleiner, daß ich ihn gröſſer mache und gegen alle Welt begehe — weil ich mus, wenn ich hier unter dieſem Überflus an Freu- den und Mangel an Stunden eine übrigbehalten wil für den Titan. — Die Mutter, die dem eleganten Geſchlecht eine neue Wappensgenoſſin 30 zugeführt. 99. An Geheimrat Mayer. Berlin d. 15. März. 1801. Verehrteſter Herr Vater! Verzeihen Sie meine ſpäte Antwort, welche, da Sie mein Ja vorausſezen konten, doch nur ein deutlicheres 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/60>, abgerufen am 03.05.2024.