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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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die wichtigen Brief-Belege. -- Unser guter Thieriot hält, besonders
gar wenn er das ganze Nest und alle Fliegen unter Einer Klappe in
Bayreuth nämlich auch mich findet, wahrscheinlich um die Regiments-
geiger-Stelle an, um wenn nicht davon, doch bei uns zu leben. --
Ich habe nur nicht den Muth Ihnen zu gestehen, daß ich mich sehr auf5
künftigen Herbst freue; -- doch auf meine Verwandtschaft und Be-
kanntschaft von Rendanten, Balbierern und Höfern am wenigsten,
der ich lieber alles gebe als mich. Der Rendant beleidigt mich, so
oft er an Sie schreibt.

Wahrscheinlich dedizier' ich mein Buch dem todten Herzog von10
Meiningen. Meine Frau wollt' an Amoene schreiben; thuts aber
wahrscheinlich mit der Bier-Post.

Nun guten Abend, mein Alter! Es ist sehr Zeit, daß Sie, wenn
nicht mich, doch meine ewig wachsenden*) herrlichen Kinder-Schöß-35
linge sehen, die sich kein Jahr lang gleich bleiben, nicht einmal in15
der Zahl. --

Des Treuen Treuer
R.

Otto bekam doch mein letztes Paquet?

*465. An Cotta.20
[Kopie]

[325] Auf Ihren vom 5ten antwort' ich schnell. Ich war bei Holzapfel.
Die Sache ist durchaus verworren. Ich gab den Wechsel so ab, daß
er in 2 Posttagen von hieraus noch in Leipzig zahlbar sein konnte.
Jeder folgende Indossent gab ihn am nächsten Posttag ab. Aber25
2 Dinge machen alles schwierig. Nämlich der Wechsel ist 1) wider-
sprechend, er ist a vista gestellt, weswegen ich ihn liegen ließ, und
jeder Kaufmann ihn annahm -- und doch ist Zeit hineingeflickt. 2) ist
eben dieses Hineinkorrigieren gegen die Wechselgesetze. Hätten Sie mich
besonders avertiert, daß er kein Wechsel auf Sicht sei, so hätte ich30
ihn früher abgeschickt; dasselbe sagt mir Holzapfel.

Vor allen Dingen senden Sie mir den Wechsel zur Klage oder zur
Frage. Daß ihn jeder für einen Sichtwechsel gehalten, beweiset der

*) z. B. Emma kommt heute von unten herauf an meine Museums-Thür
und schreiet: Vater und stört dessen Sieste.

die wichtigen Brief-Belege. — Unſer guter Thieriot hält, beſonders
gar wenn er das ganze Neſt und alle Fliegen unter Einer Klappe in
Bayreuth nämlich auch mich findet, wahrſcheinlich um die Regiments-
geiger-Stelle an, um wenn nicht davon, doch bei uns zu leben. —
Ich habe nur nicht den Muth Ihnen zu geſtehen, daß ich mich ſehr auf5
künftigen Herbſt freue; — doch auf meine Verwandtſchaft und Be-
kanntſchaft von Rendanten, Balbierern und Höfern am wenigſten,
der ich lieber alles gebe als mich. Der Rendant beleidigt mich, ſo
oft er an Sie ſchreibt.

Wahrſcheinlich dedizier’ ich mein Buch dem todten Herzog von10
Meiningen. Meine Frau wollt’ an Amoene ſchreiben; thuts aber
wahrſcheinlich mit der Bier-Poſt.

Nun guten Abend, mein Alter! Es iſt ſehr Zeit, daß Sie, wenn
nicht mich, doch meine ewig wachſenden*) herrlichen Kinder-Schöß-35
linge ſehen, die ſich kein Jahr lang gleich bleiben, nicht einmal in15
der Zahl. —

Des Treuen Treuer
R.

Otto bekam doch mein letztes Paquet?

*465. An Cotta.20
[Kopie]

[325] Auf Ihren vom 5ten antwort’ ich ſchnell. Ich war bei Holzapfel.
Die Sache iſt durchaus verworren. Ich gab den Wechſel ſo ab, daß
er in 2 Poſttagen von hieraus noch in Leipzig zahlbar ſein konnte.
Jeder folgende Indoſſent gab ihn am nächſten Poſttag ab. Aber25
2 Dinge machen alles ſchwierig. Nämlich der Wechſel iſt 1) wider-
ſprechend, er iſt a vista geſtellt, weswegen ich ihn liegen ließ, und
jeder Kaufmann ihn annahm — und doch iſt Zeit hineingeflickt. 2) iſt
eben dieſes Hineinkorrigieren gegen die Wechſelgeſetze. Hätten Sie mich
beſonders avertiert, daß er kein Wechſel auf Sicht ſei, ſo hätte ich30
ihn früher abgeſchickt; daſſelbe ſagt mir Holzapfel.

Vor allen Dingen ſenden Sie mir den Wechſel zur Klage oder zur
Frage. Daß ihn jeder für einen Sichtwechſel gehalten, beweiſet der

*) z. B. Emma kommt heute von unten herauf an meine Muſeums-Thür
und ſchreiet: Vater und ſtört deſſen Sieſte.
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[292/0304] die wichtigen Brief-Belege. — Unſer guter Thieriot hält, beſonders gar wenn er das ganze Neſt und alle Fliegen unter Einer Klappe in Bayreuth nämlich auch mich findet, wahrſcheinlich um die Regiments- geiger-Stelle an, um wenn nicht davon, doch bei uns zu leben. — Ich habe nur nicht den Muth Ihnen zu geſtehen, daß ich mich ſehr auf 5 künftigen Herbſt freue; — doch auf meine Verwandtſchaft und Be- kanntſchaft von Rendanten, Balbierern und Höfern am wenigſten, der ich lieber alles gebe als mich. Der Rendant beleidigt mich, ſo oft er an Sie ſchreibt. Wahrſcheinlich dedizier’ ich mein Buch dem todten Herzog von 10 Meiningen. Meine Frau wollt’ an Amoene ſchreiben; thuts aber wahrſcheinlich mit der Bier-Poſt. Nun guten Abend, mein Alter! Es iſt ſehr Zeit, daß Sie, wenn nicht mich, doch meine ewig wachſenden *) herrlichen Kinder-Schöß- 35 linge ſehen, die ſich kein Jahr lang gleich bleiben, nicht einmal in 15 der Zahl. — Des Treuen Treuer R. Otto bekam doch mein letztes Paquet? *465. An Cotta. 20 Coburg d. 11 Mai 1804. Auf Ihren vom 5ten antwort’ ich ſchnell. Ich war bei Holzapfel. Die Sache iſt durchaus verworren. Ich gab den Wechſel ſo ab, daß er in 2 Poſttagen von hieraus noch in Leipzig zahlbar ſein konnte. Jeder folgende Indoſſent gab ihn am nächſten Poſttag ab. Aber 25 2 Dinge machen alles ſchwierig. Nämlich der Wechſel iſt 1) wider- ſprechend, er iſt a vista geſtellt, weswegen ich ihn liegen ließ, und jeder Kaufmann ihn annahm — und doch iſt Zeit hineingeflickt. 2) iſt eben dieſes Hineinkorrigieren gegen die Wechſelgeſetze. Hätten Sie mich beſonders avertiert, daß er kein Wechſel auf Sicht ſei, ſo hätte ich 30 ihn früher abgeſchickt; daſſelbe ſagt mir Holzapfel. [325] Vor allen Dingen ſenden Sie mir den Wechſel zur Klage oder zur Frage. Daß ihn jeder für einen Sichtwechſel gehalten, beweiſet der *) z. B. Emma kommt heute von unten herauf an meine Muſeums-Thür und ſchreiet: Vater und ſtört deſſen Sieſte.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/304>, abgerufen am 07.05.2024.