Emma wohnt jezt fast den ganzen Tag bei mir und lässet mich doch frei wie ich sie. Durchaus nichts wird ihr gethan, oder gegeben, wenn sie es verlangt, sondern eher oder gar nicht. Daher weint sie immer weniger, und bei mir am wenigsten. Max (d'or) verschönet sich sichtlich. -- Noch einmal aufs Bier zu kommen, so mus ich hier die verfluchte5 Tranksteuer 2mal zahlen, 1) wenns in mich einpassiert, 2) aus. Den 1ten dies. wurd' ich um 1 rtl. gestraft -- 10 gr. Protokol zahlt' ich durchaus nicht -- weil ich vor dem Hause des Polizeidirektors Ortlof (meines gelehrten Freundes, von dem ich eben herauskam) Nachts um 8 Uhr mit der Blend-Laterne in der Hand hinter oder vor10 2 Jungfern (diese zeigten es der Polizei an) mein weniges Wasser abgeschlagen hatte, was mir vom Bayr[euther] übrig geblieben war. Wörtlich ists wahr mit dieser Pissteuer. Adio, Alter!
Otto ist sehr eigensüchtig etc. da er so schweigt.
Die Kinder sind himlisch gesund und C. wirds.15
443. An Emanuel.
Coburg d. 19. Jenn. 1804.
Mein lieber Hiob! wenn Sie nämlich auch dessen Geduld haben. Ich schreibe diesen Brief voraus, weil ich nicht weis, ob ich einen Schub- oder einen Pferde-Kärner bekommen. Wär' es lezterer, was20 ich im Postskript erst sagen kan: so bitt' ich Sie kein Geld zu schonen -- auch mir Auflade Gebühren etc. anzuschreiben --, ja ihn auf meine Kosten lieber 1 Tag warten zu lassen, um ihn ganz zu beladen. Johann[iter], Bayr[euther], Brand[enburger], alles ist mir zu 1, zu 2, zu 3 recht. Nur wünscht' ich an die Fässer, die sogleich abgezogen25 werden müssen, ein kleines Zeichen. -- Glauben Sie denn, daß ich Ihren Brief mit den Muf Belustigungen nicht sogleich geschikt hätte, wenn er wäre zu finden gewesen? Briefe nämlich, die ich für Sie auf- hebe, liegen im Repositorium; andere, d. h. Ihre kommen ins Brief- kästgen, worin (bis ich Faßikel wieder daraus mache) zwar alles30 leicht zu finden ist, nur nicht etwas. Aber verloren geht nichts. -- Ich halte jezt die Bayr[euther] Zeitung mit, um das Intelligenzblat mit-[301] zulesen, weil ich mit Lust bekanten Namen begegne. -- Erlaubt es das Gewissen und Thieriot nicht, daß ich zuweilen ganze Briefe von ihm bekomme oder alle? -- Und ist Ihnen mein Brief-Dessert recht,35 das ich Ihnen neben jedem Brief-Gericht von mir auftrage? --
Emma wohnt jezt faſt den ganzen Tag bei mir und läſſet mich doch frei wie ich ſie. Durchaus nichts wird ihr gethan, oder gegeben, wenn ſie es verlangt, ſondern eher oder gar nicht. Daher weint ſie immer weniger, und bei mir am wenigſten. Max (d’or) verſchönet ſich ſichtlich. — Noch einmal aufs Bier zu kommen, ſo mus ich hier die verfluchte5 Trankſteuer 2mal zahlen, 1) wenns in mich einpaſſiert, 2) aus. Den 1ten dieſ. wurd’ ich um 1 rtl. geſtraft — 10 gr. Protokol zahlt’ ich durchaus nicht — weil ich vor dem Hauſe des Polizeidirektors Ortlof (meines gelehrten Freundes, von dem ich eben herauskam) Nachts um 8 Uhr mit der Blend-Laterne in der Hand hinter oder vor10 2 Jungfern (dieſe zeigten es der Polizei an) mein weniges Waſſer abgeſchlagen hatte, was mir vom Bayr[euther] übrig geblieben war. Wörtlich iſts wahr mit dieſer Pisſteuer. Adio, Alter!
Otto iſt ſehr eigenſüchtig ꝛc. da er ſo ſchweigt.
Die Kinder ſind himliſch geſund und C. wirds.15
443. An Emanuel.
Coburg d. 19. Jenn. 1804.
Mein lieber Hiob! wenn Sie nämlich auch deſſen Geduld haben. Ich ſchreibe dieſen Brief voraus, weil ich nicht weis, ob ich einen Schub- oder einen Pferde-Kärner bekommen. Wär’ es lezterer, was20 ich im Poſtſkript erſt ſagen kan: ſo bitt’ ich Sie kein Geld zu ſchonen — auch mir Auflade Gebühren ꝛc. anzuſchreiben —, ja ihn auf meine Koſten lieber 1 Tag warten zu laſſen, um ihn ganz zu beladen. Johann[iter], Bayr[euther], Brand[enburger], alles iſt mir zu 1, zu 2, zu 3 recht. Nur wünſcht’ ich an die Fäſſer, die ſogleich abgezogen25 werden müſſen, ein kleines Zeichen. — Glauben Sie denn, daß ich Ihren Brief mit den Muf Beluſtigungen nicht ſogleich geſchikt hätte, wenn er wäre zu finden geweſen? Briefe nämlich, die ich für Sie auf- hebe, liegen im Repoſitorium; andere, d. h. Ihre kommen ins Brief- käſtgen, worin (bis ich Faſzikel wieder daraus mache) zwar alles30 leicht zu finden iſt, nur nicht etwas. Aber verloren geht nichts. — Ich halte jezt die Bayr[euther] Zeitung mit, um das Intelligenzblat mit-[301] zuleſen, weil ich mit Luſt bekanten Namen begegne. — Erlaubt es das Gewiſſen und Thieriot nicht, daß ich zuweilen ganze Briefe von ihm bekomme oder alle? — Und iſt Ihnen mein Brief-Deſſert recht,35 das ich Ihnen neben jedem Brief-Gericht von mir auftrage? —
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Emma wohnt jezt faſt den ganzen Tag bei mir und läſſet mich doch
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ſie es verlangt, ſondern eher oder gar nicht. Daher weint ſie immer
weniger, und bei mir am wenigſten. Max (d’or) verſchönet ſich ſichtlich.
— Noch einmal aufs Bier zu kommen, ſo mus ich hier die verfluchte 5
Trankſteuer 2mal zahlen, 1) wenns in mich einpaſſiert, 2) aus.
Den 1ten dieſ. wurd’ ich um 1 rtl. geſtraft — 10 gr. Protokol zahlt’
ich durchaus nicht — weil ich vor dem Hauſe des Polizeidirektors
Ortlof (meines gelehrten Freundes, von dem ich eben herauskam)
Nachts um 8 Uhr mit der Blend-Laterne in der Hand hinter oder vor 10
2 Jungfern (dieſe zeigten es der Polizei an) mein weniges Waſſer
abgeſchlagen hatte, was mir vom Bayr[euther] übrig geblieben war.
Wörtlich iſts wahr mit dieſer Pisſteuer. Adio, Alter!
Otto iſt ſehr eigenſüchtig ꝛc. da er ſo ſchweigt.
Die Kinder ſind himliſch geſund und C. wirds. 15
443. An Emanuel.
Coburg d. 19. Jenn. 1804.
Mein lieber Hiob! wenn Sie nämlich auch deſſen Geduld haben.
Ich ſchreibe dieſen Brief voraus, weil ich nicht weis, ob ich einen
Schub- oder einen Pferde-Kärner bekommen. Wär’ es lezterer, was 20
ich im Poſtſkript erſt ſagen kan: ſo bitt’ ich Sie kein Geld zu ſchonen
— auch mir Auflade Gebühren ꝛc. anzuſchreiben —, ja ihn auf meine
Koſten lieber 1 Tag warten zu laſſen, um ihn ganz zu beladen.
Johann[iter], Bayr[euther], Brand[enburger], alles iſt mir zu 1, zu 2,
zu 3 recht. Nur wünſcht’ ich an die Fäſſer, die ſogleich abgezogen 25
werden müſſen, ein kleines Zeichen. — Glauben Sie denn, daß ich
Ihren Brief mit den Muf Beluſtigungen nicht ſogleich geſchikt hätte,
wenn er wäre zu finden geweſen? Briefe nämlich, die ich für Sie auf-
hebe, liegen im Repoſitorium; andere, d. h. Ihre kommen ins Brief-
käſtgen, worin (bis ich Faſzikel wieder daraus mache) zwar alles 30
leicht zu finden iſt, nur nicht etwas. Aber verloren geht nichts. — Ich
halte jezt die Bayr[euther] Zeitung mit, um das Intelligenzblat mit-
zuleſen, weil ich mit Luſt bekanten Namen begegne. — Erlaubt es
das Gewiſſen und Thieriot nicht, daß ich zuweilen ganze Briefe von
ihm bekomme oder alle? — Und iſt Ihnen mein Brief-Deſſert recht, 35
das ich Ihnen neben jedem Brief-Gericht von mir auftrage? —
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/281>, abgerufen am 16.02.2025.
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