denn durch Sie beide gieng ja der Bliz zunächst. -- Leben Sie beide so wohl als Sie beide es durch die Religion können und sollen, welche das gebeugte Haupt, das weinet, doch aufrichtet nach der höhern Gegend.
Ihr Richter5
440. An Auguste und Friedrich Schlichtegroll.[298]
[Kopie][Koburg, 12. Jan. 1804]
So weis denn der Mensch nichts vom andern, wenn er nicht gerade abends bei ihm isset sondern in Coburg wohnt. -- Emma gilt für einen Engel, mithin dessen Vater für einen Erzengel -- Was hilft10 alles Sehnen, wenn die Chausseen zwischen 4 Armen liegen. Mein schnelstes Fahrzeug ist das Kopfkissen, wo sich nach dem Augen- Schlusse alle geliebten Gestalten am helsten vor die Seele stellen. -- meine Stunden sind entflogen aber sie schimmern noch am Horizonte zurük. --15
Er: eine blühende Welt, die mir mit ihm [Herder] an den Sarg- stricken hinuntergesunken ist. Ihre Scheune wird zu klein für die Sichel des Todes, der einen grossen Menschen nach dem andern verjagt. Sie solten ein Bändgen vol blosser grosser Lieblings-Unsterblichen drucken lassen.20
441. An Buchhändler Wilmans in Frankfurt a. M.
Coburg d. 14 Jenn. 1804.
Meine "Vorlesungen über die Kunst, 1804 in der O[ster] M[esse] zu Leipzig gehalten", die ich schon längst und erst neulich wieder in der Zeitung für die elegante Welt angekündigt, biet' ich Ihnen auf25 künftige M[ichaelis] M[esse] zum Verlage an. Möge Ihnen dieser Wunsch eines erneuerten Verhältnisses als ein Dank für das vorige erscheinen! Das Werk wird 30 bis 32 Drukbogen betragen und hat keine fernern Theile. Der Inhalt ist das zwanzigjährige Resultat meiner ästhetischen Bemerkungen während meiner Autorschaft. --30 Ob ich es gleich wissenschaftlich deduziere, so findet doch die Satire oft und die Phantasie noch öfter ihren Spielraum. Auch wird es die Aus- gleichung oder die Entgegensezung der beiden jezigen Kampfschulen der Poesie zu befödern suchen. Sogar ein kleiner Nekrolog von meinem grossen Freunde Herder komt hinein.35
denn durch Sie beide gieng ja der Bliz zunächſt. — Leben Sie beide ſo wohl als Sie beide es durch die Religion können und ſollen, welche das gebeugte Haupt, das weinet, doch aufrichtet nach der höhern Gegend.
Ihr Richter5
440. An Auguſte und Friedrich Schlichtegroll.[298]
[Kopie][Koburg, 12. Jan. 1804]
So weis denn der Menſch nichts vom andern, wenn er nicht gerade abends bei ihm iſſet ſondern in Coburg wohnt. — Emma gilt für einen Engel, mithin deſſen Vater für einen Erzengel — Was hilft10 alles Sehnen, wenn die Chauſſeen zwiſchen 4 Armen liegen. Mein ſchnelſtes Fahrzeug iſt das Kopfkiſſen, wo ſich nach dem Augen- Schluſſe alle geliebten Geſtalten am helſten vor die Seele ſtellen. — meine Stunden ſind entflogen aber ſie ſchimmern noch am Horizonte zurük. —15
Er: eine blühende Welt, die mir mit ihm [Herder] an den Sarg- ſtricken hinuntergeſunken iſt. Ihre Scheune wird zu klein für die Sichel des Todes, der einen groſſen Menſchen nach dem andern verjagt. Sie ſolten ein Bändgen vol bloſſer groſſer Lieblings-Unſterblichen drucken laſſen.20
441. An Buchhändler Wilmans in Frankfurt a. M.
Coburg d. 14 Jenn. 1804.
Meine „Vorleſungen über die Kunſt, 1804 in der O[ſter] M[eſſe] zu Leipzig gehalten“, die ich ſchon längſt und erſt neulich wieder in der Zeitung für die elegante Welt angekündigt, biet’ ich Ihnen auf25 künftige M[ichaelis] M[eſſe] zum Verlage an. Möge Ihnen dieſer Wunſch eines erneuerten Verhältniſſes als ein Dank für das vorige erſcheinen! Das Werk wird 30 bis 32 Drukbogen betragen und hat keine fernern Theile. Der Inhalt iſt das zwanzigjährige Reſultat meiner äſthetiſchen Bemerkungen während meiner Autorſchaft. —30 Ob ich es gleich wiſſenſchaftlich deduziere, ſo findet doch die Satire oft und die Phantaſie noch öfter ihren Spielraum. Auch wird es die Aus- gleichung oder die Entgegenſezung der beiden jezigen Kampfſchulen der Poeſie zu befödern ſuchen. Sogar ein kleiner Nekrolog von meinem groſſen Freunde Herder komt hinein.35
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denn durch Sie beide gieng ja der Bliz zunächſt. — Leben Sie beide ſo
wohl als Sie beide es durch die Religion können und ſollen, welche das
gebeugte Haupt, das weinet, doch aufrichtet nach der höhern Gegend.
Ihr
Richter 5
440. An Auguſte und Friedrich Schlichtegroll.
[Koburg, 12. Jan. 1804]
So weis denn der Menſch nichts vom andern, wenn er nicht gerade
abends bei ihm iſſet ſondern in Coburg wohnt. — Emma gilt für
einen Engel, mithin deſſen Vater für einen Erzengel — Was hilft 10
alles Sehnen, wenn die Chauſſeen zwiſchen 4 Armen liegen. Mein
ſchnelſtes Fahrzeug iſt das Kopfkiſſen, wo ſich nach dem Augen-
Schluſſe alle geliebten Geſtalten am helſten vor die Seele ſtellen. —
meine Stunden ſind entflogen aber ſie ſchimmern noch am Horizonte
zurük. — 15
Er: eine blühende Welt, die mir mit ihm [Herder] an den Sarg-
ſtricken hinuntergeſunken iſt. Ihre Scheune wird zu klein für die Sichel
des Todes, der einen groſſen Menſchen nach dem andern verjagt.
Sie ſolten ein Bändgen vol bloſſer groſſer Lieblings-Unſterblichen
drucken laſſen. 20
441. An Buchhändler Wilmans in Frankfurt a. M.
Coburg d. 14 Jenn. 1804.
Meine „Vorleſungen über die Kunſt, 1804 in der O[ſter] M[eſſe]
zu Leipzig gehalten“, die ich ſchon längſt und erſt neulich wieder in der
Zeitung für die elegante Welt angekündigt, biet’ ich Ihnen auf 25
künftige M[ichaelis] M[eſſe] zum Verlage an. Möge Ihnen dieſer
Wunſch eines erneuerten Verhältniſſes als ein Dank für das vorige
erſcheinen! Das Werk wird 30 bis 32 Drukbogen betragen und hat
keine fernern Theile. Der Inhalt iſt das zwanzigjährige Reſultat
meiner äſthetiſchen Bemerkungen während meiner Autorſchaft. — 30
Ob ich es gleich wiſſenſchaftlich deduziere, ſo findet doch die Satire oft
und die Phantaſie noch öfter ihren Spielraum. Auch wird es die Aus-
gleichung oder die Entgegenſezung der beiden jezigen Kampfſchulen der
Poeſie zu befödern ſuchen. Sogar ein kleiner Nekrolog von meinem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/279>, abgerufen am 16.02.2025.
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