Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.muste auf Hofmarschals*) Begehr, ob ich gleich künftig -- das Ge- Otto in militärischer Uniform -- und ich mit dem Hofdegen und15 d. 30.[292]30 Gern hätt' ich das tolle Zeug ausgestrichen, hätte nur gleich etwas *) Hanstein, ein liberaler Man, obwohl seit dem 17ten Jahre am hessischen35
Hofe und der mit mir über alles lacht; er ist so jung, besonders seine schöne Frau. muſte auf Hofmarſchals*) Begehr, ob ich gleich künftig — das Ge- Otto in militäriſcher Uniform — und ich mit dem Hofdegen und15 d. 30.[292]30 Gern hätt’ ich das tolle Zeug ausgeſtrichen, hätte nur gleich etwas *) Hanstein, ein liberaler Man, obwohl ſeit dem 17ten Jahre am heſſiſchen35
Hofe und der mit mir über alles lacht; er iſt ſo jung, beſonders ſeine ſchöne Frau. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0273" n="261"/> muſte auf Hofmarſchals<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Hanstein,</hi> ein liberaler Man, obwohl ſeit dem 17ten Jahre am heſſiſchen<lb n="35"/> Hofe und der mit mir über alles lacht; er iſt ſo jung, beſonders ſeine ſchöne Frau.</note> Begehr, ob ich gleich künftig — das Ge-<lb/> kaufte ausgenommen — wie ſonſt auftrete. Wer mich Gewapneten<lb/> zuerſt auslachte und nicht ſchonte, war der Gewapnete ſelber; und<lb/> ſonſt jeder, der meinen ſatiriſchen Borg-Brief an <hi rendition="#aq">Wangenheim</hi><lb/> darüber geleſen, d. h. der Hof. Emanuel, ach es komt am Ende mit<lb n="5"/> mir ſo weit, daß ich mich nicht mehr kenne, ſondern elegant ausſehe<lb/> und dum und inkonſequent und verflucht verändert! — Ich fürcht’ es.<lb/> Doch mus ich mir das Zeugnis geben, daß ich Mittags die eine Patent-<lb/> Schnalle vom Fuſſe verlor und abends mit Einer wieder zu Hofe<lb/> gieng und die Frager belehrte, ich hätte ſie <hi rendition="#g">auf</hi> dem Wege eben (wenn<lb n="10"/> aber?) verloren. Ich bekam ſie unter dem Eſſen zurük. <hi rendition="#aq">Kretschman</hi><lb/> wolte ſpaſſen über den Defekt. „Sie können mir — ſagt’ ich, was ich<lb/> nachher bereuete — ja eine (Schnalle) machen, da Sie doch mehrere<lb/> gemacht.“</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">Otto</hi> in militäriſcher Uniform — und ich mit dem Hofdegen und<lb n="15"/> groſſen Drei-Eks-Hut — einander zuſtoſſend — Sie ſolten das ſehen!<lb/> Ich würde doch dabei ſcherzen auf meine oder fremde Koſten! — Eben<lb/> geh’ ich in die Redoute (ich as bei dem Feldmarſchal, deſſen Geburtstag<lb/> ꝛc.) — Glauben Sie nur nicht, daß ich ſonderlich froh hier bin oder<lb/> vergnügt oder zufrieden oder ſonſt etwas: ſondern ich habe mein<lb n="20"/> Bier ......... So weit hatt’ ich heute oder vielmehr jezt vorhin<lb/> geſchrieben um 7 Uhr abends, ſchlich zu meiner Frau, weil ſie ſchlafen<lb/> ſolte und da gab ſie mir Ihren neueſten Brief. <hi rendition="#aq">Emanuel,</hi> kan man<lb/> ſich holder begegnen? Wie Sie, acht’ ich den Zufal, d. h. den Genius des<lb/> Als! Denn daß wir beide in 1. Säk[ulum] geboren wurden, iſt ja<lb n="25"/> daſſelbe als an 1 Tage Briefe zu bekommen und zu ſchreiben. Es giebt<lb/> nämlich keinen Zufal; und wer 2 Menſchen und 2 Briefe chronologiſch<lb/> vereinet, iſt <hi rendition="#aq">derselbe</hi> Er den man nicht nenne! Denn vor Ihm können<lb/><hi rendition="#g">Briefe</hi> und Menſchen nicht ſo verſchieden ſein als leztere denken.</p><lb/> <div> <dateline> <hi rendition="#right">d. 30.</hi> </dateline> <note place="right"> <ref target="1922_Bd4_292">[292]</ref> </note> <lb n="30"/> <p>Gern hätt’ ich das tolle Zeug ausgeſtrichen, hätte nur gleich etwas<lb/> anderes dafür dort geſtanden. Die Patentſchnalle gab mir noch abends<lb/> ein Hofbedienter über der Tafel. Am Redoutenabend verlor ich beide;<lb/> eine gab mir da die Miniſters Tochter zurük, die andere geſtern das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [261/0273]
muſte auf Hofmarſchals *) Begehr, ob ich gleich künftig — das Ge-
kaufte ausgenommen — wie ſonſt auftrete. Wer mich Gewapneten
zuerſt auslachte und nicht ſchonte, war der Gewapnete ſelber; und
ſonſt jeder, der meinen ſatiriſchen Borg-Brief an Wangenheim
darüber geleſen, d. h. der Hof. Emanuel, ach es komt am Ende mit 5
mir ſo weit, daß ich mich nicht mehr kenne, ſondern elegant ausſehe
und dum und inkonſequent und verflucht verändert! — Ich fürcht’ es.
Doch mus ich mir das Zeugnis geben, daß ich Mittags die eine Patent-
Schnalle vom Fuſſe verlor und abends mit Einer wieder zu Hofe
gieng und die Frager belehrte, ich hätte ſie auf dem Wege eben (wenn 10
aber?) verloren. Ich bekam ſie unter dem Eſſen zurük. Kretschman
wolte ſpaſſen über den Defekt. „Sie können mir — ſagt’ ich, was ich
nachher bereuete — ja eine (Schnalle) machen, da Sie doch mehrere
gemacht.“
Otto in militäriſcher Uniform — und ich mit dem Hofdegen und 15
groſſen Drei-Eks-Hut — einander zuſtoſſend — Sie ſolten das ſehen!
Ich würde doch dabei ſcherzen auf meine oder fremde Koſten! — Eben
geh’ ich in die Redoute (ich as bei dem Feldmarſchal, deſſen Geburtstag
ꝛc.) — Glauben Sie nur nicht, daß ich ſonderlich froh hier bin oder
vergnügt oder zufrieden oder ſonſt etwas: ſondern ich habe mein 20
Bier ......... So weit hatt’ ich heute oder vielmehr jezt vorhin
geſchrieben um 7 Uhr abends, ſchlich zu meiner Frau, weil ſie ſchlafen
ſolte und da gab ſie mir Ihren neueſten Brief. Emanuel, kan man
ſich holder begegnen? Wie Sie, acht’ ich den Zufal, d. h. den Genius des
Als! Denn daß wir beide in 1. Säk[ulum] geboren wurden, iſt ja 25
daſſelbe als an 1 Tage Briefe zu bekommen und zu ſchreiben. Es giebt
nämlich keinen Zufal; und wer 2 Menſchen und 2 Briefe chronologiſch
vereinet, iſt derselbe Er den man nicht nenne! Denn vor Ihm können
Briefe und Menſchen nicht ſo verſchieden ſein als leztere denken.
d. 30. 30
Gern hätt’ ich das tolle Zeug ausgeſtrichen, hätte nur gleich etwas
anderes dafür dort geſtanden. Die Patentſchnalle gab mir noch abends
ein Hofbedienter über der Tafel. Am Redoutenabend verlor ich beide;
eine gab mir da die Miniſters Tochter zurük, die andere geſtern das
*) Hanstein, ein liberaler Man, obwohl ſeit dem 17ten Jahre am heſſiſchen 35
Hofe und der mit mir über alles lacht; er iſt ſo jung, beſonders ſeine ſchöne Frau.
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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