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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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wo alles es war -- daß Sie bei meiner Abreise auf der Treppe standen
und ich im Wagen. Ich kan das Hand-Reichen nicht vergessen; -- und
doch ist wieder ein Abschied gerade recht, den man nicht vergessen kan.
Bis ich Sie wiedersehe, Lieber, stehen Sie mir immer auf der Treppe;
-- wiewohl wer nicht hienieden?5

Theilen Sie mir Personalitäten von München etc. mit. Auch von
Bayreuth. Auch von Sich. -- Lassen Sie alles Postporto unter
wegs.

Gott habe Sie seelig; das ist der einzige, ders kan. Ich habe die
Ehre, mit sonderbarer Hochachtung zu verharren10

Derselben
Ergebener
J. P. F. Richter.

P. S. Ich wolt' ich scherzte noch.

Die Stirnverklärte, augenkl[are], seelenreine, aetherheitere Er[ne-15
stine] M[ahlman].

412. An Christian Otto.

Hier, lieber Otto, nim das Taschenbuch für deinen Feier-November.
Ich schreibe eilig. Es sol viel eingepakt und dadurch erspart werden.20
Huber ist treflich und ächt poetisch und die Wolzogen ächt prosaisch-
unmoralisch darin. -- Meine Herzens-, Hunds- und sonstige Ge-
schichte magst du aus Emanuels Briefen holen, weils einerlei ist, wer
sie holet. -- Ich wolte, du alter Wirth eines neuesten, dir wär' es bei[272]
dem neuesten besser gegangen; aber das Schiksal wolt' es so -- troz25
jeder Hofnung -- und es fragt nichts darnach, wer leidet und ob zwei
und wie tief die innigste Liebe.

Ich war sehr traurig anno 1803, so viel ich mich erinnere.

Und beim Henker, hier sei das Blat aus -- ich gehe eben an Hof
-- und schneide das andere ab -- Gute Nacht.30

R.
*413. An Emanuel.

Alter Emanuel! Mich anlangend, so hab ich wohl wenig zu be-
richten, ausser daß ein gewisser Thieriot -- der Name kan Ihnen aus35

16*

wo alles es war — daß Sie bei meiner Abreiſe auf der Treppe ſtanden
und ich im Wagen. Ich kan das Hand-Reichen nicht vergeſſen; — und
doch iſt wieder ein Abſchied gerade recht, den man nicht vergeſſen kan.
Bis ich Sie wiederſehe, Lieber, ſtehen Sie mir immer auf der Treppe;
— wiewohl wer nicht hienieden?5

Theilen Sie mir Perſonalitäten von München ꝛc. mit. Auch von
Bayreuth. Auch von Sich. — Laſſen Sie alles Poſtporto unter
wegs.

Gott habe Sie ſeelig; das iſt der einzige, ders kan. Ich habe die
Ehre, mit ſonderbarer Hochachtung zu verharren10

Derſelben
Ergebener
J. P. F. Richter.

P. S. Ich wolt’ ich ſcherzte noch.

Die Stirnverklärte, augenkl[are], ſeelenreine, aetherheitere Er[ne-15
stine] M[ahlman].

412. An Chriſtian Otto.

Hier, lieber Otto, nim das Taſchenbuch für deinen Feier-November.
Ich ſchreibe eilig. Es ſol viel eingepakt und dadurch erſpart werden.20
Huber iſt treflich und ächt poetiſch und die Wolzogen ächt proſaiſch-
unmoraliſch darin. — Meine Herzens-, Hunds- und ſonſtige Ge-
ſchichte magſt du aus Emanuels Briefen holen, weils einerlei iſt, wer
ſie holet. — Ich wolte, du alter Wirth eines neueſten, dir wär’ es bei[272]
dem neueſten beſſer gegangen; aber das Schikſal wolt’ es ſo — troz25
jeder Hofnung — und es fragt nichts darnach, wer leidet und ob zwei
und wie tief die innigſte Liebe.

Ich war ſehr traurig anno 1803, ſo viel ich mich erinnere.

Und beim Henker, hier ſei das Blat aus — ich gehe eben an Hof
— und ſchneide das andere ab — Gute Nacht.30

R.
*413. An Emanuel.

Alter Emanuel! Mich anlangend, ſo hab ich wohl wenig zu be-
richten, auſſer daß ein gewiſſer Thieriot — der Name kan Ihnen aus35

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[243/0255] wo alles es war — daß Sie bei meiner Abreiſe auf der Treppe ſtanden und ich im Wagen. Ich kan das Hand-Reichen nicht vergeſſen; — und doch iſt wieder ein Abſchied gerade recht, den man nicht vergeſſen kan. Bis ich Sie wiederſehe, Lieber, ſtehen Sie mir immer auf der Treppe; — wiewohl wer nicht hienieden? 5 Theilen Sie mir Perſonalitäten von München ꝛc. mit. Auch von Bayreuth. Auch von Sich. — Laſſen Sie alles Poſtporto unter wegs. Gott habe Sie ſeelig; das iſt der einzige, ders kan. Ich habe die Ehre, mit ſonderbarer Hochachtung zu verharren 10 Derſelben Ergebener J. P. F. Richter. P. S. Ich wolt’ ich ſcherzte noch. Die Stirnverklärte, augenkl[are], ſeelenreine, aetherheitere Er[ne- 15 stine] M[ahlman]. 412. An Chriſtian Otto. C[oburg] d. 16. Okt. 1803. Hier, lieber Otto, nim das Taſchenbuch für deinen Feier-November. Ich ſchreibe eilig. Es ſol viel eingepakt und dadurch erſpart werden. 20 Huber iſt treflich und ächt poetiſch und die Wolzogen ächt proſaiſch- unmoraliſch darin. — Meine Herzens-, Hunds- und ſonſtige Ge- ſchichte magſt du aus Emanuels Briefen holen, weils einerlei iſt, wer ſie holet. — Ich wolte, du alter Wirth eines neueſten, dir wär’ es bei dem neueſten beſſer gegangen; aber das Schikſal wolt’ es ſo — troz 25 jeder Hofnung — und es fragt nichts darnach, wer leidet und ob zwei und wie tief die innigſte Liebe. [272] Ich war ſehr traurig anno 1803, ſo viel ich mich erinnere. Und beim Henker, hier ſei das Blat aus — ich gehe eben an Hof — und ſchneide das andere ab — Gute Nacht. 30 R. *413. An Emanuel. [Koburg, 16. Okt. 1803] Alter Emanuel! Mich anlangend, ſo hab ich wohl wenig zu be- richten, auſſer daß ein gewiſſer Thieriot — der Name kan Ihnen aus 35 16*

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/255>, abgerufen am 01.05.2024.