Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.bleiben; und Gott gebe, daß ich keine Stunde länger festsize. -- Ich habe mir auf der Chaussee von Erfurt hieher einen innern Eine reizende jungfräuliche Brittin kenn' ich -- ihr junger Man war R. Lasse bei Gelegenheit meinem Gottlieb mein Annähern sagen.25 Sende diesen Brief schnel ab und sicher, da er eine wichtige An- 302. An Emanuel. Weimar d. 11. Aug. 99.Mein lieber Emanuel! Ich würde Ihnen jezt viele Vorwürfe (über30 Der Herzog erhielt ihn nur hier unter dem Versprechen der Vorsorge bleiben; und Gott gebe, daß ich keine Stunde länger feſtſize. — Ich habe mir auf der Chauſſee von Erfurt hieher einen innern Eine reizende jungfräuliche Brittin kenn’ ich — ihr junger Man war R. Laſſe bei Gelegenheit meinem Gottlieb mein Annähern ſagen.25 Sende dieſen Brief ſchnel ab und ſicher, da er eine wichtige An- 302. An Emanuel. Weimar d. 11. Aug. 99.Mein lieber Emanuel! Ich würde Ihnen jezt viele Vorwürfe (über30 Der Herzog erhielt ihn nur hier unter dem Verſprechen der Vorſorge <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0237" n="222"/> bleiben; und Gott gebe, daß ich keine Stunde länger feſtſize. —<lb/> Übrigens wil ich mich durch dieſes Blat nicht ſehr gebunden haben —<lb/> ſchlechtes Wetter, ein Zufal kan meinen Mantelſak wieder aus-<lb/> packen; dich blos wil ich ein wenig binden, damit du nicht gerade in<lb/><hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> biſt. — Ich ändere ſehr am <hi rendition="#aq">Titan</hi> und folge dir mehr als<lb n="5"/> ich und du dachten. — Nach deiner Schweſter ſehn’ ich mich ſehr; ich<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_243">[243]</ref></note>werde wieder morgends im krumarmigen Stuhl ſizen hart am Fenſter<lb/> und ſie wird kommen mit ihren freundlichen weiten Augen und ſich an<lb/> den Seſſel ſtellen und ich werde die Feder über das Dintenfas legen<lb/> und ſizen bleiben und ſie recht herzlich küſſen — <hi rendition="#aq">exempla sunt</hi> —<lb n="10"/> <hi rendition="#aq">pergrata ac perjucunda.</hi></p><lb/> <p>Ich habe mir auf der Chauſſee von <hi rendition="#aq">Erfurt</hi> hieher einen innern<lb/> Friedensplan entworfen, den ich ſeelig halte; ich bin anders, die Welt<lb/> iſt anders; ſeit dieſer inneren Kraft blüht in mir ein feſtes Paradies,<lb/> ohne beſondere äuſſere Blumenerde, Dünger, Thau und Sonnen-<lb n="15"/> licht. —</p><lb/> <p>Eine reizende jungfräuliche Brittin kenn’ ich — ihr junger Man war<lb/> bei mir — man kan nicht ſchöner angeblikt werden als von ihr. Ich<lb/> liebe ſie innig und ſie mich — ſo weit es geht. — Glaube mir, täglich<lb/> lernet man ſich mehr an ſchöne Geſichter und Herzen gewöhnen und<lb n="20"/> wil nur jene. — „Macht die hintere Gartenthüre auf, ich komme<lb/> heute“ ſchrieb immer A[möne]; ſo werd’ ich auch bei euch einſchleichen.<lb/> — Und das laſſe mir zu, ſorgendes Schikſal! —</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer><lb/> <postscript> <p>Laſſe bei Gelegenheit meinem Gottlieb mein Annähern ſagen.<lb n="25"/> </p> <p>Sende dieſen Brief <hi rendition="#g">ſchnel</hi> ab und ſicher, da er eine wichtige An-<lb/> gelegenheit eines <hi rendition="#aq">Herderschen</hi> Sohnes betrift.</p> </postscript> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>302. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar</hi> d. 11. Aug. 99.</hi> </dateline><lb/> <p>Mein lieber <hi rendition="#aq">Emanuel!</hi> Ich würde Ihnen jezt viele Vorwürfe (über<lb n="30"/> Ihr Schweigen) ſchreiben, hätt’ ich keine — Bitten zu ſchreiben; und<lb/> zwar die wichtigſten, da ſie nicht für mich geſchehen, ſondern für meinen<lb/> Geliebten, <hi rendition="#aq">Herder;</hi> auch für Ihren.</p><lb/> <p>Der Herzog erhielt ihn nur hier unter dem Verſprechen der Vorſorge<lb/> für ſeine Kinder. Ein Sohn, Adelbert, ſtudierte Oekonomie im Holſtein-<lb n="35"/> ſchen — und dan im Preuſſiſchen. (Ich erzähl alles nur kurz) Darauf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [222/0237]
bleiben; und Gott gebe, daß ich keine Stunde länger feſtſize. —
Übrigens wil ich mich durch dieſes Blat nicht ſehr gebunden haben —
ſchlechtes Wetter, ein Zufal kan meinen Mantelſak wieder aus-
packen; dich blos wil ich ein wenig binden, damit du nicht gerade in
Bayreuth biſt. — Ich ändere ſehr am Titan und folge dir mehr als 5
ich und du dachten. — Nach deiner Schweſter ſehn’ ich mich ſehr; ich
werde wieder morgends im krumarmigen Stuhl ſizen hart am Fenſter
und ſie wird kommen mit ihren freundlichen weiten Augen und ſich an
den Seſſel ſtellen und ich werde die Feder über das Dintenfas legen
und ſizen bleiben und ſie recht herzlich küſſen — exempla sunt — 10
pergrata ac perjucunda.
[243]
Ich habe mir auf der Chauſſee von Erfurt hieher einen innern
Friedensplan entworfen, den ich ſeelig halte; ich bin anders, die Welt
iſt anders; ſeit dieſer inneren Kraft blüht in mir ein feſtes Paradies,
ohne beſondere äuſſere Blumenerde, Dünger, Thau und Sonnen- 15
licht. —
Eine reizende jungfräuliche Brittin kenn’ ich — ihr junger Man war
bei mir — man kan nicht ſchöner angeblikt werden als von ihr. Ich
liebe ſie innig und ſie mich — ſo weit es geht. — Glaube mir, täglich
lernet man ſich mehr an ſchöne Geſichter und Herzen gewöhnen und 20
wil nur jene. — „Macht die hintere Gartenthüre auf, ich komme
heute“ ſchrieb immer A[möne]; ſo werd’ ich auch bei euch einſchleichen.
— Und das laſſe mir zu, ſorgendes Schikſal! —
R.
Laſſe bei Gelegenheit meinem Gottlieb mein Annähern ſagen. 25
Sende dieſen Brief ſchnel ab und ſicher, da er eine wichtige An-
gelegenheit eines Herderschen Sohnes betrift.
302. An Emanuel.
Weimar d. 11. Aug. 99.
Mein lieber Emanuel! Ich würde Ihnen jezt viele Vorwürfe (über 30
Ihr Schweigen) ſchreiben, hätt’ ich keine — Bitten zu ſchreiben; und
zwar die wichtigſten, da ſie nicht für mich geſchehen, ſondern für meinen
Geliebten, Herder; auch für Ihren.
Der Herzog erhielt ihn nur hier unter dem Verſprechen der Vorſorge
für ſeine Kinder. Ein Sohn, Adelbert, ſtudierte Oekonomie im Holſtein- 35
ſchen — und dan im Preuſſiſchen. (Ich erzähl alles nur kurz) Darauf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |