Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.Herzog der recht gut war) im 18ten Jahrhundert so froh sein wie ich [239]Beliebter Kürze wegen sag ich daß ich, eingeladen vom Herzog Ich möchte wissen was du von solchen Briefen denkst; aber ich weis10 [Weimar, 29. Juli?] [Lücke]mir bei einer solchen Wärme die jedes Menschen, selber des Wenn ich sagte, auf dich wirkten fremde Urtheile wie auf jeden: Ich habe noch keinen Menschen gekant, der dein "Urtheil wegen der d. 1 Aug.35 Jacobi's Brief an Fichte wird gedrukt. -- Mög' ich dir nicht die Herzog der recht gut war) im 18ten Jahrhundert ſo froh ſein wie ich [239]Beliebter Kürze wegen ſag ich daß ich, eingeladen vom Herzog Ich möchte wiſſen was du von ſolchen Briefen denkſt; aber ich weis10 [Weimar, 29. Juli?] [Lücke]mir bei einer ſolchen Wärme die jedes Menſchen, ſelber des Wenn ich ſagte, auf dich wirkten fremde Urtheile wie auf jeden: Ich habe noch keinen Menſchen gekant, der dein „Urtheil wegen der d. 1 Aug.35 Jacobi’s Brief an Fichte wird gedrukt. — Mög’ ich dir nicht die <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0233" n="218"/> Herzog der recht gut war) im 18<hi rendition="#sup">ten</hi> Jahrhundert ſo froh ſein wie ich<lb/> heute?“ und wunderte mich.</p><lb/> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd3_239">[239]</ref></note>Beliebter Kürze wegen ſag ich daß ich, eingeladen vom Herzog<lb/> von Meinungen, den andern Tag nach Liebenſtein wolte, wo es noch<lb/> ſchöner iſt, aber wegblieb, um mit der ſchönen ſpröden Belgierin heim-<lb n="5"/> zufahren, mit der ich durch kein anderes Band der Liebe zuſammen-<lb/> hieng als im Dunkeln durch das Stokparaſol, woran ich zog oder (bei<lb/> mehr Sonnenſchein des Glüks) die Finger laufen lies an ihre, die<lb/><hi rendition="#g">litten</hi> und <hi rendition="#g">ſchwiegen.</hi></p><lb/> <p>Ich möchte wiſſen was du von ſolchen Briefen denkſt; aber ich weis<lb n="10"/> es wohl, was du denken ſolſt von einer mit ſich und dem Leben ſpielenden<lb/> Seele. Ach wenn ich dir einmal mein ganzes [Herz aufmachen dürfte<lb/> mit jeder Ader von der Aorta bis zur Hohlader: du würdeſt darin den<lb/> Wiederſchein einer andern Zeit erblicken als die iſt die um dich wohnt.<lb/> Dazu gehört nichts als Zeit, aber die iſt eben zuweilen mehr als alle<lb n="15"/> ihre Geſchöpfe und Gefangnen — Das Evantaillen Duel! — das<lb/> Neſt durchſizen. — die grünſten Jahre — der Schimmer des Ruhms<lb/> iſt kein Brod und keine Geſundheit und wirkt blos ſtechend im Brenglas<lb/> des Tadels. Die Prügel oder Aeſte vom Lorbeerbaum fühlt man deut-<lb/> licher als die Blätter.]<lb n="20"/> </p> </div> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">[Weimar, 29. Juli?]</hi> </dateline><lb/> <p><note type="editorial">[<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lücke</hi></hi>]</note>mir bei einer ſolchen Wärme die jedes Menſchen, ſelber des<lb/> beſten war und iſt. —</p><lb/> <p>Wenn ich ſagte, auf dich wirkten fremde Urtheile wie auf <hi rendition="#g">jeden:</hi><lb/> ſo widerlegeſt du mich ſo als hätt’ ich geſagt, du ſäheſt <hi rendition="#g">nur</hi> durch<lb n="25"/> fremde Augen. —</p><lb/> <p>Ich habe noch keinen Menſchen gekant, der dein „Urtheil wegen der<lb/> „Schonung für untergeordnet unter fremdes“ gehalten hätte; und der<lb/> daran Mangel an keker Feſtigkeit getadelt hätte. — Zu euerer Hypo-<lb/> chondrie gehört noch, daß ihr die Weichheit für eine Tugend haltet,<lb n="30"/> anſtat für ein Glük; wenn der alte Herr den Hals hergiebt und nichts<lb/> macht, ſo thut er was er kan; Rührung iſt nicht kategoriſch zu impe-<lb/> rieren, kan er vorſchüzen. Nichts wird leichter maniriert und eine<lb/> poetiſche Spizbüberei als die häufige Rührung.</p> </div><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 1 Aug.</hi> </dateline> <lb n="35"/> <p>Jacobi’s Brief an Fichte wird gedrukt. — Mög’ ich dir nicht die<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_240">[240]</ref></note>fernere Kritik über den <hi rendition="#aq">Titan</hi> verſalzen haben! — Manche Dinge in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0233]
Herzog der recht gut war) im 18ten Jahrhundert ſo froh ſein wie ich
heute?“ und wunderte mich.
Beliebter Kürze wegen ſag ich daß ich, eingeladen vom Herzog
von Meinungen, den andern Tag nach Liebenſtein wolte, wo es noch
ſchöner iſt, aber wegblieb, um mit der ſchönen ſpröden Belgierin heim- 5
zufahren, mit der ich durch kein anderes Band der Liebe zuſammen-
hieng als im Dunkeln durch das Stokparaſol, woran ich zog oder (bei
mehr Sonnenſchein des Glüks) die Finger laufen lies an ihre, die
litten und ſchwiegen.
[239]
Ich möchte wiſſen was du von ſolchen Briefen denkſt; aber ich weis 10
es wohl, was du denken ſolſt von einer mit ſich und dem Leben ſpielenden
Seele. Ach wenn ich dir einmal mein ganzes [Herz aufmachen dürfte
mit jeder Ader von der Aorta bis zur Hohlader: du würdeſt darin den
Wiederſchein einer andern Zeit erblicken als die iſt die um dich wohnt.
Dazu gehört nichts als Zeit, aber die iſt eben zuweilen mehr als alle 15
ihre Geſchöpfe und Gefangnen — Das Evantaillen Duel! — das
Neſt durchſizen. — die grünſten Jahre — der Schimmer des Ruhms
iſt kein Brod und keine Geſundheit und wirkt blos ſtechend im Brenglas
des Tadels. Die Prügel oder Aeſte vom Lorbeerbaum fühlt man deut-
licher als die Blätter.] 20
[Weimar, 29. Juli?]
mir bei einer ſolchen Wärme die jedes Menſchen, ſelber des
beſten war und iſt. —
Wenn ich ſagte, auf dich wirkten fremde Urtheile wie auf jeden:
ſo widerlegeſt du mich ſo als hätt’ ich geſagt, du ſäheſt nur durch 25
fremde Augen. —
Ich habe noch keinen Menſchen gekant, der dein „Urtheil wegen der
„Schonung für untergeordnet unter fremdes“ gehalten hätte; und der
daran Mangel an keker Feſtigkeit getadelt hätte. — Zu euerer Hypo-
chondrie gehört noch, daß ihr die Weichheit für eine Tugend haltet, 30
anſtat für ein Glük; wenn der alte Herr den Hals hergiebt und nichts
macht, ſo thut er was er kan; Rührung iſt nicht kategoriſch zu impe-
rieren, kan er vorſchüzen. Nichts wird leichter maniriert und eine
poetiſche Spizbüberei als die häufige Rührung.
d. 1 Aug. 35
Jacobi’s Brief an Fichte wird gedrukt. — Mög’ ich dir nicht die
fernere Kritik über den Titan verſalzen haben! — Manche Dinge in
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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