Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.Annalen, so müssen diese kurz wie ein Chronikon sein, damit sie nicht Dergleichen werden sein, daß ich Hennings gesehen, der viel list- Ach die Gegend von Eisenach, die Wartenburg [!] etc. drükte mit Erinnere mich an die Tochter des Direktor Tschirpe; denn ich kenne Freilich giengen wir vorher hin. Der Weg ist italienisch durch ab- d. 27 Jul. Der Badort Ruhl hat gerade so viele häsliche Gestalten als *) und den berühmten Grafen v. Narbonne, der alle Deutsche lieset, aber bei
meinen Belustigungen schon nicht recht fortkan, ein schöner angenehmer Welt-35 man. Annalen, ſo müſſen dieſe kurz wie ein Chronikon ſein, damit ſie nicht Dergleichen werden ſein, daß ich Hennings geſehen, der viel liſt- Ach die Gegend von Eisenach, die Wartenburg [!] ꝛc. drükte mit Erinnere mich an die Tochter des Direktor Tschirpe; denn ich kenne Freilich giengen wir vorher hin. Der Weg iſt italieniſch durch ab- d. 27 Jul. Der Badort Ruhl hat gerade ſo viele häsliche Geſtalten als *) und den berühmten Grafen v. Narbonne, der alle Deutſche lieſet, aber bei
meinen Belustigungen ſchon nicht recht fortkan, ein ſchöner angenehmer Welt-35 man. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0232" n="217"/> Annalen, ſo müſſen dieſe kurz wie ein Chronikon ſein, damit ſie nicht<lb/> zu lang ſind. Es iſt denk’ ich ein Mittelweg zwiſchen Kürze und Weit-<lb/> läuftigkeit, wenn ich dir erzähle, daß ich in <hi rendition="#aq">Erfurt</hi> war — dan in<lb/><hi rendition="#aq">Gotha</hi> — dan in <hi rendition="#aq">Eisenach</hi> — dan in der <hi rendition="#aq">Ruhl</hi> — dan wieder hier.<note place="right"><ref target="1922_Bd3_238">[238]</ref></note><lb/> Inzwiſchen bleiben mir doch noch viele mündliche Nachträge un-<lb n="5"/> benommen.</p><lb/> <p>Dergleichen werden ſein, daß ich <hi rendition="#aq">Hennings</hi> geſehen, der viel liſt-<lb/> reicher und kräftiger und doch beſſer ausſieht als ſeine Thaten und<lb/> Schreiblettern. In <hi rendition="#aq">Gotha</hi> wurd’ ich mit neuer Liebe in alte Arme auf-<lb/> genommen, die die herzlichen <hi rendition="#aq">Schlichtegrols, Jacobs</hi> (Rezenſent und<lb n="10"/> Rezenſentin) ꝛc. haben, auch die Herzoglichen und die <hi rendition="#aq">Franken-<lb/> berg[ischen].</hi> — Heute war ich bei der ungemein ſchönen Erb-<lb/> prinzeſſin. —</p><lb/> <p>Ach die Gegend von <hi rendition="#aq">Eisenach,</hi> die Wartenburg [!] ꝛc. drükte mit<lb/> ihren Reizen mein Herz. Welche jugendliche feurige Himmel liegen in<lb n="15"/> meiner Bruſt! Wie werd’ 〈kan〉 ich lieben! Wie werd’ 〈kan〉 ich<lb/> glühen! Wie kan ich leiden! — — Das alles fuhr mit ſeinen Händen<lb/> durch mich.</p><lb/> <p>Erinnere mich an die Tochter des Direktor <hi rendition="#aq">Tschirpe;</hi> denn ich kenne<lb/> deine Abneigung vor langen ſchriftlichen Erzählungen. — Ferner fand<lb n="20"/> und gewan ich eine geiſtreiche, von <hi rendition="#aq">Wieland</hi> unter dem Namen <hi rendition="#aq">Psyche</hi><lb/> beſungne Frau — <hi rendition="#aq">v. Bechtolsheim</hi> — und eine Holländerin <hi rendition="#aq">v. Ban-<lb/> huisen</hi><note place="foot" n="*)">und den berühmten Grafen <hi rendition="#aq">v. Narbonne,</hi> der alle Deutſche lieſet, aber bei<lb/> meinen <hi rendition="#aq">Belustigungen</hi> ſchon nicht recht fortkan, ein ſchöner angenehmer Welt-<lb n="35"/> man.</note>, ein Mädgen mit welſchen Augen und Augenbraunen; mit<lb/> beiden fuhr ich Nachts um 12 Uhr durch die glühenden Sternbilder<lb/> der Johanniswürmgen von der <hi rendition="#aq">Ruhl</hi> zurük...<lb n="25"/> </p><lb/> <p>Freilich giengen wir vorher hin. Der Weg iſt italieniſch durch ab-<lb/> geründete Felſen und Blätterfülle.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 27 Jul.</hi> </dateline><lb/> <p>Der Badort <hi rendition="#aq">Ruhl</hi> hat gerade ſo viele häsliche Geſtalten als<lb/> mancher ſchöne — nämlich keine. Der Herzog gab in ſeinem Saal der<lb n="30"/> reifen Jugend einen Bal — alles war froh und kek und die wehenden<lb/> Röcke ſchlugen an den Landesvater hart — ich war ſeelig durch die<lb/> Dorfgeſtalten, Häuſer und Stuben: „wie kan man, (ſagt’ ich zum<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [217/0232]
Annalen, ſo müſſen dieſe kurz wie ein Chronikon ſein, damit ſie nicht
zu lang ſind. Es iſt denk’ ich ein Mittelweg zwiſchen Kürze und Weit-
läuftigkeit, wenn ich dir erzähle, daß ich in Erfurt war — dan in
Gotha — dan in Eisenach — dan in der Ruhl — dan wieder hier.
Inzwiſchen bleiben mir doch noch viele mündliche Nachträge un- 5
benommen.
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Dergleichen werden ſein, daß ich Hennings geſehen, der viel liſt-
reicher und kräftiger und doch beſſer ausſieht als ſeine Thaten und
Schreiblettern. In Gotha wurd’ ich mit neuer Liebe in alte Arme auf-
genommen, die die herzlichen Schlichtegrols, Jacobs (Rezenſent und 10
Rezenſentin) ꝛc. haben, auch die Herzoglichen und die Franken-
berg[ischen]. — Heute war ich bei der ungemein ſchönen Erb-
prinzeſſin. —
Ach die Gegend von Eisenach, die Wartenburg [!] ꝛc. drükte mit
ihren Reizen mein Herz. Welche jugendliche feurige Himmel liegen in 15
meiner Bruſt! Wie werd’ 〈kan〉 ich lieben! Wie werd’ 〈kan〉 ich
glühen! Wie kan ich leiden! — — Das alles fuhr mit ſeinen Händen
durch mich.
Erinnere mich an die Tochter des Direktor Tschirpe; denn ich kenne
deine Abneigung vor langen ſchriftlichen Erzählungen. — Ferner fand 20
und gewan ich eine geiſtreiche, von Wieland unter dem Namen Psyche
beſungne Frau — v. Bechtolsheim — und eine Holländerin v. Ban-
huisen *), ein Mädgen mit welſchen Augen und Augenbraunen; mit
beiden fuhr ich Nachts um 12 Uhr durch die glühenden Sternbilder
der Johanniswürmgen von der Ruhl zurük... 25
Freilich giengen wir vorher hin. Der Weg iſt italieniſch durch ab-
geründete Felſen und Blätterfülle.
d. 27 Jul.
Der Badort Ruhl hat gerade ſo viele häsliche Geſtalten als
mancher ſchöne — nämlich keine. Der Herzog gab in ſeinem Saal der 30
reifen Jugend einen Bal — alles war froh und kek und die wehenden
Röcke ſchlugen an den Landesvater hart — ich war ſeelig durch die
Dorfgeſtalten, Häuſer und Stuben: „wie kan man, (ſagt’ ich zum
*) und den berühmten Grafen v. Narbonne, der alle Deutſche lieſet, aber bei
meinen Belustigungen ſchon nicht recht fortkan, ein ſchöner angenehmer Welt- 35
man.
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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