Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.Deine Vorrede ist eine fast demonstrative Parodie der Jenaischen Hier nim mein musivisches Steingen zu deiner Almanachs Musaik. Ich fürchte, Baggesen hat auf sein Sendschreiben ein geistreicheres, Ach Bruder, nun quälet mich dein Bild. Denn ich wil zu dir, mein -- Nim es mit dem vom Staate etc. gebognen und wundgeriebnen Deine Vorrede iſt eine faſt demonſtrative Parodie der Jenaiſchen Hier nim mein muſiviſches Steingen zu deiner Almanachs Muſaik. Ich fürchte, Baggesen hat auf ſein Sendſchreiben ein geiſtreicheres, Ach Bruder, nun quälet mich dein Bild. Denn ich wil zu dir, mein — Nim es mit dem vom Staate ꝛc. gebognen und wundgeriebnen <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0180" n="166"/> <p>Deine Vorrede iſt eine faſt demonſtrative Parodie der Jenaiſchen<lb/> Paralogiſmen; und aus dieſem Scherz iſt tiefer Ernſt geworden. — Ich<lb/> wolte, das Schikſal hätte dir und Salomo nicht das gegeben, was ihr<lb/> nicht begehret habt, damit ihr andern das öfter gäbet, was ſie auch<lb/> nicht begehren. —<lb n="5"/> </p> <p>Hier nim mein muſiviſches Steingen zu deiner Almanachs Muſaik.<lb/> Ich ſchlug bisher den periodiſchen Schriftſtellern mich ab, weil ich<lb/> zu meiner Renbahn ein Ries Drukpapier vor mir haben mus — weil<lb/> kleine Romane bei mir zu groſſen werden — weil Satiren keiner gern<lb/> mag — weil ich mit Leib und Seele immer nur in Einer Hauptarbeit<lb n="10"/> webe und lebe. Aber dir und deinem Bruder gab ichs mit Freuden;<lb/> ja gefälts dir nicht, ſo zeug’ ich etwas anderes und ſogar was — du<lb/> vorſchreibſt. Die Nothwendigkeit iſt bei mir eine <hi rendition="#aq">musa (tacita).</hi></p><lb/> <p>Ich fürchte, <hi rendition="#aq">Baggesen</hi> hat auf ſein Sendſchreiben ein geiſtreicheres,<lb/> längeres und wärmeres d. h. ähnlicheres erwartet als mein Billet<lb n="15"/> <note place="left"><ref target="1922_Bd3_184">[184]</ref></note>war; thue für mich die 5<hi rendition="#sup">te</hi> Bitte an ihn. Wüſt’ er meine Plane,<lb/> Satiren, Gleichniſſe, Abhandlungen die ſchon da liegen und die in<lb/> 20 Jahren kaum zu edieren ſind — und in 20 Jahren wächſet eben ſo<lb/> viel neues wildes Fleiſch nach —: ſo würd’ er ſich wundern, daß ich<lb/> mir nur noch Zeit nehme zu ſchreiben <hi rendition="#aq">Weimar</hi> den 6<hi rendition="#sup">ten</hi>.<lb n="20"/> </p> <p>Ach Bruder, nun quälet mich dein Bild. Denn ich wil zu dir, mein<lb/> Herz ſchlägt nach dir. Nur auf 2 Tage wenn die Sarawüſte der Haide<lb/> ſich durch einen Erdfal abkürzte. Schreibe mir <hi rendition="#aq">Baggesens</hi> Hochzeit.<lb/> Ich komme vielleicht, wiewohl mit vieler Hofnung, mich zu — ver-<lb/> loben. Beim Himmel! das iſt mir nöthiger als Himmelsbrod. Hätt’<lb n="25"/> ich eine Frau — das heiſſet bei mir blos ein <hi rendition="#g">junges,</hi> ganz ſitlich-<lb/> reines, helles weibliches Weſen, keine genialiſche — ſo fragt’ ich nach<lb/> dem Gelde und nach dem Abendeſſen etwas, und nach Geſelſchaften<lb/> weniger und nach dem Leben mehr, das meine poetiſchen Träume<lb/> immer durchſichtiger und flitterhafter ſchlagen. <hi rendition="#g">Deutſche</hi> Weiber<lb n="30"/> ſuch’ ich zuerſt in Niederſachſen; galliſche und Teufelsgrosmütter viel<lb/> ſüdlicher.</p><lb/> <p>— Nim es mit dem vom Staate ꝛc. gebognen und wundgeriebnen<lb/><hi rendition="#aq">Herder</hi> nicht genau. Er trägt auf ſeinen zarten Zweigen auſſer den<lb/> Früchten die Konſiſtorialwäſche, die jener an ihn hängt zum Troknen.<lb n="35"/> Ach welchen Zederngipfel würd er treiben auſſerhalb der Kanzeldecke<lb/> und Seſſionsſtube. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [166/0180]
Deine Vorrede iſt eine faſt demonſtrative Parodie der Jenaiſchen
Paralogiſmen; und aus dieſem Scherz iſt tiefer Ernſt geworden. — Ich
wolte, das Schikſal hätte dir und Salomo nicht das gegeben, was ihr
nicht begehret habt, damit ihr andern das öfter gäbet, was ſie auch
nicht begehren. — 5
Hier nim mein muſiviſches Steingen zu deiner Almanachs Muſaik.
Ich ſchlug bisher den periodiſchen Schriftſtellern mich ab, weil ich
zu meiner Renbahn ein Ries Drukpapier vor mir haben mus — weil
kleine Romane bei mir zu groſſen werden — weil Satiren keiner gern
mag — weil ich mit Leib und Seele immer nur in Einer Hauptarbeit 10
webe und lebe. Aber dir und deinem Bruder gab ichs mit Freuden;
ja gefälts dir nicht, ſo zeug’ ich etwas anderes und ſogar was — du
vorſchreibſt. Die Nothwendigkeit iſt bei mir eine musa (tacita).
Ich fürchte, Baggesen hat auf ſein Sendſchreiben ein geiſtreicheres,
längeres und wärmeres d. h. ähnlicheres erwartet als mein Billet 15
war; thue für mich die 5te Bitte an ihn. Wüſt’ er meine Plane,
Satiren, Gleichniſſe, Abhandlungen die ſchon da liegen und die in
20 Jahren kaum zu edieren ſind — und in 20 Jahren wächſet eben ſo
viel neues wildes Fleiſch nach —: ſo würd’ er ſich wundern, daß ich
mir nur noch Zeit nehme zu ſchreiben Weimar den 6ten. 20
[184]Ach Bruder, nun quälet mich dein Bild. Denn ich wil zu dir, mein
Herz ſchlägt nach dir. Nur auf 2 Tage wenn die Sarawüſte der Haide
ſich durch einen Erdfal abkürzte. Schreibe mir Baggesens Hochzeit.
Ich komme vielleicht, wiewohl mit vieler Hofnung, mich zu — ver-
loben. Beim Himmel! das iſt mir nöthiger als Himmelsbrod. Hätt’ 25
ich eine Frau — das heiſſet bei mir blos ein junges, ganz ſitlich-
reines, helles weibliches Weſen, keine genialiſche — ſo fragt’ ich nach
dem Gelde und nach dem Abendeſſen etwas, und nach Geſelſchaften
weniger und nach dem Leben mehr, das meine poetiſchen Träume
immer durchſichtiger und flitterhafter ſchlagen. Deutſche Weiber 30
ſuch’ ich zuerſt in Niederſachſen; galliſche und Teufelsgrosmütter viel
ſüdlicher.
— Nim es mit dem vom Staate ꝛc. gebognen und wundgeriebnen
Herder nicht genau. Er trägt auf ſeinen zarten Zweigen auſſer den
Früchten die Konſiſtorialwäſche, die jener an ihn hängt zum Troknen. 35
Ach welchen Zederngipfel würd er treiben auſſerhalb der Kanzeldecke
und Seſſionsſtube. —
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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