dieses gute Wollen haben müste und es also unnöthig wäre, es erst hervorzubringen?" --
Der März, dieser Werbe-Monat des Todes, der die Menschen gewöhnlich in den transßendenten Himmel trägt, wird mich hoff' ich[46] in den irdischen führen -- nach Bayreuth. Wir wollen jede Viertel-5 stunde Bogen von Briefen dan aneinander -- schreiben, d. h. reden. Ihr lustiger Brief war einer spashaftern Antwort, und Ihr langer einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schiksal hat Sie längst an das Vergeben angewöhnt.
Leben Sie recht wol und schreiben Sie mehr als ich, und, was ich10 am meisten bitte, früher als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten Tag, guten Abend, Lieber!
Ihr Freund Richter15
65. An Christian Otto.
[Hof, 12. Febr. 1795?]
Dieses Anteskript -- stat Postskript -- vor mehr Briefen als dir Wernlein jemals schicken wird, sol dich, wegen meiner Sesselschuld, um 8 rtl. auf abends bitten. --20
Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab' ich mich über vielerlei ge- wundert -- daß er manche geschrieben -- daß sie nun in der Stadt herumflattern (denn ich führe sie nun wie einen werthen Gast bei allen Leuten herum) -- daß ich sie in die Hände bekommen -- und daß die Dichter so tolle Leute sind. Ich meines Orts thue die Hände zusammen25 und sage: "ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute" -- und sehe die Dichter an.
Abends gehst du, wie ich von Amöne höre, zu Rentsch -- ich hole also dich und die Briefschaften ab.
66. An Renate Wirth.30
Eiligst
[Hof] d. 14 Febr. [1795?]
Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu lesen und zu überschicken bekommen: so geb' ich Ihnen diesen zu beidem, ob er gleich nur für eine Mansperson d. h. nur für den Kopf geschrieben ist. Abends siegl' ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt' ich Sie, mir meine35
dieſes gute Wollen haben müſte und es alſo unnöthig wäre, es erſt hervorzubringen?“ —
Der März, dieſer Werbe-Monat des Todes, der die Menſchen gewöhnlich in den transſzendenten Himmel trägt, wird mich hoff’ ich[46] in den irdiſchen führen — nach Bayreuth. Wir wollen jede Viertel-5 ſtunde Bogen von Briefen dan aneinander — ſchreiben, d. h. reden. Ihr luſtiger Brief war einer ſpashaftern Antwort, und Ihr langer einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schikſal hat Sie längſt an das Vergeben angewöhnt.
Leben Sie recht wol und ſchreiben Sie mehr als ich, und, was ich10 am meiſten bitte, früher als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten Tag, guten Abend, Lieber!
Ihr Freund Richter15
65. An Chriſtian Otto.
[Hof, 12. Febr. 1795?]
Dieſes Anteſkript — ſtat Poſtſkript — vor mehr Briefen als dir Wernlein jemals ſchicken wird, ſol dich, wegen meiner Seſſelſchuld, um 8 rtl. auf abends bitten. —20
Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab’ ich mich über vielerlei ge- wundert — daß er manche geſchrieben — daß ſie nun in der Stadt herumflattern (denn ich führe ſie nun wie einen werthen Gaſt bei allen Leuten herum) — daß ich ſie in die Hände bekommen — und daß die Dichter ſo tolle Leute ſind. Ich meines Orts thue die Hände zuſammen25 und ſage: „ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute“ — und ſehe die Dichter an.
Abends gehſt du, wie ich von Amöne höre, zu Rentſch — ich hole alſo dich und die Briefſchaften ab.
66. An Renate Wirth.30
Eiligſt
[Hof] d. 14 Febr. [1795?]
Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu leſen und zu überſchicken bekommen: ſo geb’ ich Ihnen dieſen zu beidem, ob er gleich nur für eine Mansperſon d. h. nur für den Kopf geſchrieben iſt. Abends ſiegl’ ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt’ ich Sie, mir meine35
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0062"n="53"/>
dieſes gute Wollen haben müſte und es alſo unnöthig wäre, es erſt<lb/>
hervorzubringen?“—</p><lb/><p>Der März, dieſer Werbe-Monat des Todes, der die Menſchen<lb/>
gewöhnlich in den transſzendenten Himmel trägt, wird mich hoff’ ich<noteplace="right"><reftarget="1922_Bd2_46">[46]</ref></note><lb/>
in den irdiſchen führen — nach <hirendition="#aq">Bayreuth.</hi> Wir wollen jede Viertel-<lbn="5"/>ſtunde Bogen von Briefen dan aneinander —ſchreiben, d. h. reden.<lb/>
Ihr luſtiger Brief war einer ſpashaftern Antwort, und Ihr langer<lb/>
einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schikſal<lb/>
hat Sie längſt an das Vergeben angewöhnt.</p><lb/><p>Leben Sie recht wol und ſchreiben Sie <hirendition="#g">mehr</hi> als ich, und, was ich<lbn="10"/>
am meiſten bitte, <hirendition="#g">früher</hi> als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten<lb/>
Tag, guten Abend, Lieber!</p><lb/><closer><salute><hirendition="#right">Ihr<lb/>
Freund<lb/>
Richter</hi><lbn="15"/></salute></closer></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>65. An <hirendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right">[Hof, 12. Febr. 1795?]</hi></dateline><lb/><p>Dieſes Anteſkript —ſtat Poſtſkript — vor mehr Briefen als dir<lb/>
Wernlein jemals ſchicken wird, ſol dich, wegen meiner Seſſelſchuld, um<lb/>
8 rtl. auf abends bitten. —<lbn="20"/></p><p>Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab’ ich mich über vielerlei ge-<lb/>
wundert — daß er manche geſchrieben — daß ſie nun in der Stadt<lb/>
herumflattern (denn ich führe ſie nun wie einen werthen Gaſt bei allen<lb/>
Leuten herum) — daß ich ſie in die Hände bekommen — und daß die<lb/>
Dichter ſo tolle Leute ſind. Ich meines Orts thue die Hände zuſammen<lbn="25"/>
und ſage: „ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute“—<lb/>
und ſehe die Dichter an.</p><lb/><p>Abends gehſt du, wie ich von Amöne höre, zu Rentſch — ich hole<lb/>
alſo dich und die Briefſchaften ab.</p></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>66. An <hirendition="#g">Renate Wirth.</hi><lbn="30"/></head><byline><hirendition="#g">Eiligſt</hi></byline><dateline><hirendition="#right">[Hof] d. 14 Febr. [1795?]</hi></dateline><lb/><p>Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu leſen<lb/>
und zu überſchicken bekommen: ſo geb’ ich Ihnen dieſen zu beidem, ob<lb/>
er gleich nur für eine Mansperſon d. h. nur für den Kopf geſchrieben<lb/>
iſt. Abends ſiegl’ ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt’ ich Sie, mir meine<lbn="35"/></p></div></body></text></TEI>
[53/0062]
dieſes gute Wollen haben müſte und es alſo unnöthig wäre, es erſt
hervorzubringen?“ —
Der März, dieſer Werbe-Monat des Todes, der die Menſchen
gewöhnlich in den transſzendenten Himmel trägt, wird mich hoff’ ich
in den irdiſchen führen — nach Bayreuth. Wir wollen jede Viertel- 5
ſtunde Bogen von Briefen dan aneinander — ſchreiben, d. h. reden.
Ihr luſtiger Brief war einer ſpashaftern Antwort, und Ihr langer
einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schikſal
hat Sie längſt an das Vergeben angewöhnt.
[46]
Leben Sie recht wol und ſchreiben Sie mehr als ich, und, was ich 10
am meiſten bitte, früher als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten
Tag, guten Abend, Lieber!
Ihr
Freund
Richter 15
65. An Chriſtian Otto.
[Hof, 12. Febr. 1795?]
Dieſes Anteſkript — ſtat Poſtſkript — vor mehr Briefen als dir
Wernlein jemals ſchicken wird, ſol dich, wegen meiner Seſſelſchuld, um
8 rtl. auf abends bitten. — 20
Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab’ ich mich über vielerlei ge-
wundert — daß er manche geſchrieben — daß ſie nun in der Stadt
herumflattern (denn ich führe ſie nun wie einen werthen Gaſt bei allen
Leuten herum) — daß ich ſie in die Hände bekommen — und daß die
Dichter ſo tolle Leute ſind. Ich meines Orts thue die Hände zuſammen 25
und ſage: „ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute“ —
und ſehe die Dichter an.
Abends gehſt du, wie ich von Amöne höre, zu Rentſch — ich hole
alſo dich und die Briefſchaften ab.
66. An Renate Wirth. 30
Eiligſt[Hof] d. 14 Febr. [1795?]
Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu leſen
und zu überſchicken bekommen: ſo geb’ ich Ihnen dieſen zu beidem, ob
er gleich nur für eine Mansperſon d. h. nur für den Kopf geſchrieben
iſt. Abends ſiegl’ ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt’ ich Sie, mir meine 35
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/62>, abgerufen am 07.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.