Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

Bild:
<< vorherige Seite

dieses gute Wollen haben müste und es also unnöthig wäre, es erst
hervorzubringen?" --

Der März, dieser Werbe-Monat des Todes, der die Menschen
gewöhnlich in den transßendenten Himmel trägt, wird mich hoff' ich[46]
in den irdischen führen -- nach Bayreuth. Wir wollen jede Viertel-5
stunde Bogen von Briefen dan aneinander -- schreiben, d. h. reden.
Ihr lustiger Brief war einer spashaftern Antwort, und Ihr langer
einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schiksal
hat Sie längst an das Vergeben angewöhnt.

Leben Sie recht wol und schreiben Sie mehr als ich, und, was ich10
am meisten bitte, früher als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten
Tag, guten Abend, Lieber!

Ihr
Freund
Richter
15
65. An Christian Otto.

Dieses Anteskript -- stat Postskript -- vor mehr Briefen als dir
Wernlein jemals schicken wird, sol dich, wegen meiner Sesselschuld, um
8 rtl. auf abends bitten. --20

Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab' ich mich über vielerlei ge-
wundert -- daß er manche geschrieben -- daß sie nun in der Stadt
herumflattern (denn ich führe sie nun wie einen werthen Gast bei allen
Leuten herum) -- daß ich sie in die Hände bekommen -- und daß die
Dichter so tolle Leute sind. Ich meines Orts thue die Hände zusammen25
und sage: "ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute" --
und sehe die Dichter an.

Abends gehst du, wie ich von Amöne höre, zu Rentsch -- ich hole
also dich und die Briefschaften ab.

66. An Renate Wirth.30

Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu lesen
und zu überschicken bekommen: so geb' ich Ihnen diesen zu beidem, ob
er gleich nur für eine Mansperson d. h. nur für den Kopf geschrieben
ist. Abends siegl' ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt' ich Sie, mir meine35

dieſes gute Wollen haben müſte und es alſo unnöthig wäre, es erſt
hervorzubringen?“ —

Der März, dieſer Werbe-Monat des Todes, der die Menſchen
gewöhnlich in den transſzendenten Himmel trägt, wird mich hoff’ ich[46]
in den irdiſchen führen — nach Bayreuth. Wir wollen jede Viertel-5
ſtunde Bogen von Briefen dan aneinander — ſchreiben, d. h. reden.
Ihr luſtiger Brief war einer ſpashaftern Antwort, und Ihr langer
einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schikſal
hat Sie längſt an das Vergeben angewöhnt.

Leben Sie recht wol und ſchreiben Sie mehr als ich, und, was ich10
am meiſten bitte, früher als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten
Tag, guten Abend, Lieber!

Ihr
Freund
Richter
15
65. An Chriſtian Otto.

Dieſes Anteſkript — ſtat Poſtſkript — vor mehr Briefen als dir
Wernlein jemals ſchicken wird, ſol dich, wegen meiner Seſſelſchuld, um
8 rtl. auf abends bitten. —20

Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab’ ich mich über vielerlei ge-
wundert — daß er manche geſchrieben — daß ſie nun in der Stadt
herumflattern (denn ich führe ſie nun wie einen werthen Gaſt bei allen
Leuten herum) — daß ich ſie in die Hände bekommen — und daß die
Dichter ſo tolle Leute ſind. Ich meines Orts thue die Hände zuſammen25
und ſage: „ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute“ —
und ſehe die Dichter an.

Abends gehſt du, wie ich von Amöne höre, zu Rentſch — ich hole
alſo dich und die Briefſchaften ab.

66. An Renate Wirth.30

Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu leſen
und zu überſchicken bekommen: ſo geb’ ich Ihnen dieſen zu beidem, ob
er gleich nur für eine Mansperſon d. h. nur für den Kopf geſchrieben
iſt. Abends ſiegl’ ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt’ ich Sie, mir meine35

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="53"/>
die&#x017F;es gute Wollen haben mü&#x017F;te und es al&#x017F;o unnöthig wäre, es er&#x017F;t<lb/>
hervorzubringen?&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der März, die&#x017F;er Werbe-Monat des Todes, der die Men&#x017F;chen<lb/>
gewöhnlich in den trans&#x017F;zendenten Himmel trägt, wird mich hoff&#x2019; ich<note place="right"><ref target="1922_Bd2_46">[46]</ref></note><lb/>
in den irdi&#x017F;chen führen &#x2014; nach <hi rendition="#aq">Bayreuth.</hi> Wir wollen jede Viertel-<lb n="5"/>
&#x017F;tunde Bogen von Briefen dan aneinander &#x2014; &#x017F;chreiben, d. h. reden.<lb/>
Ihr lu&#x017F;tiger Brief war einer &#x017F;pashaftern Antwort, und Ihr langer<lb/>
einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schik&#x017F;al<lb/>
hat Sie läng&#x017F;t an das Vergeben angewöhnt.</p><lb/>
        <p>Leben Sie recht wol und &#x017F;chreiben Sie <hi rendition="#g">mehr</hi> als ich, und, was ich<lb n="10"/>
am mei&#x017F;ten bitte, <hi rendition="#g">früher</hi> als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten<lb/>
Tag, guten Abend, Lieber!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
Freund<lb/>
Richter</hi> <lb n="15"/>
          </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>65. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 12. Febr. 1795?]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Die&#x017F;es Ante&#x017F;kript &#x2014; &#x017F;tat Po&#x017F;t&#x017F;kript &#x2014; vor mehr Briefen als dir<lb/>
Wernlein jemals &#x017F;chicken wird, &#x017F;ol dich, wegen meiner Se&#x017F;&#x017F;el&#x017F;chuld, um<lb/>
8 rtl. auf abends bitten. &#x2014;<lb n="20"/>
</p>
        <p>Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab&#x2019; ich mich über vielerlei ge-<lb/>
wundert &#x2014; daß er manche ge&#x017F;chrieben &#x2014; daß &#x017F;ie nun in der Stadt<lb/>
herumflattern (denn ich führe &#x017F;ie nun wie einen werthen Ga&#x017F;t bei allen<lb/>
Leuten herum) &#x2014; daß ich &#x017F;ie in die Hände bekommen &#x2014; und daß die<lb/>
Dichter &#x017F;o tolle Leute &#x017F;ind. Ich meines Orts thue die Hände zu&#x017F;ammen<lb n="25"/>
und &#x017F;age: &#x201E;ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute&#x201C; &#x2014;<lb/>
und &#x017F;ehe die Dichter an.</p><lb/>
        <p>Abends geh&#x017F;t du, wie ich von Amöne höre, zu Rent&#x017F;ch &#x2014; ich hole<lb/>
al&#x017F;o dich und die Brief&#x017F;chaften ab.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>66. An <hi rendition="#g">Renate Wirth.</hi><lb n="30"/>
</head>
        <byline> <hi rendition="#g">Eilig&#x017F;t</hi> </byline>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof] d. 14 Febr. [1795?]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu le&#x017F;en<lb/>
und zu über&#x017F;chicken bekommen: &#x017F;o geb&#x2019; ich Ihnen die&#x017F;en zu beidem, ob<lb/>
er gleich nur für eine Mansper&#x017F;on d. h. nur für den Kopf ge&#x017F;chrieben<lb/>
i&#x017F;t. Abends &#x017F;iegl&#x2019; ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt&#x2019; ich Sie, mir meine<lb n="35"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0062] dieſes gute Wollen haben müſte und es alſo unnöthig wäre, es erſt hervorzubringen?“ — Der März, dieſer Werbe-Monat des Todes, der die Menſchen gewöhnlich in den transſzendenten Himmel trägt, wird mich hoff’ ich in den irdiſchen führen — nach Bayreuth. Wir wollen jede Viertel- 5 ſtunde Bogen von Briefen dan aneinander — ſchreiben, d. h. reden. Ihr luſtiger Brief war einer ſpashaftern Antwort, und Ihr langer einer längern werth. Aber Sie vergeben mir beides, denn das Schikſal hat Sie längſt an das Vergeben angewöhnt. [46] Leben Sie recht wol und ſchreiben Sie mehr als ich, und, was ich 10 am meiſten bitte, früher als ich: gute Nacht, guten Morgen, guten Tag, guten Abend, Lieber! Ihr Freund Richter 15 65. An Chriſtian Otto. [Hof, 12. Febr. 1795?] Dieſes Anteſkript — ſtat Poſtſkript — vor mehr Briefen als dir Wernlein jemals ſchicken wird, ſol dich, wegen meiner Seſſelſchuld, um 8 rtl. auf abends bitten. — 20 Bei Zeheleins fliegenden Briefen hab’ ich mich über vielerlei ge- wundert — daß er manche geſchrieben — daß ſie nun in der Stadt herumflattern (denn ich führe ſie nun wie einen werthen Gaſt bei allen Leuten herum) — daß ich ſie in die Hände bekommen — und daß die Dichter ſo tolle Leute ſind. Ich meines Orts thue die Hände zuſammen 25 und ſage: „ich danke dir Gott daß ich nicht bin wie andere Leute“ — und ſehe die Dichter an. Abends gehſt du, wie ich von Amöne höre, zu Rentſch — ich hole alſo dich und die Briefſchaften ab. 66. An Renate Wirth. 30 Eiligſt[Hof] d. 14 Febr. [1795?] Weil Sie zürnen, wenn Sie meine Briefe an Emanuel nicht zu leſen und zu überſchicken bekommen: ſo geb’ ich Ihnen dieſen zu beidem, ob er gleich nur für eine Mansperſon d. h. nur für den Kopf geſchrieben iſt. Abends ſiegl’ ich ihn bei Ihnen. Dafür bitt’ ich Sie, mir meine 35

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/62
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/62>, abgerufen am 27.04.2024.